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Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Titel: Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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Rascheln von Kleidern direkt neben seinem Ohr vernahm. Jemand sagte: »Seth.« Und dann noch einmal: »Seth.«
    Schlagartig saß er aufrecht in seinem Sessel, sein Herz klopfte heftig, und er sah sich panisch um. Stand auf und murmelte schon eine Entschuldigung in der Erwartung, dass ein Hausbewohner sich in Abendkleidung über sein Pult lehnte. Aber es war niemand da. Er hatte sich das bloß eingebildet. Aber wie konnte das sein? Der Mund hatte doch direkt neben seinem Ohr gesprochen. Da war er sich ganz sicher, denn er hatte den kalten Atem des Sprechers gespürt.
    Das grelle weiße Licht der elektrischen Lampen in der Eingangshalle schmerzte in seinen Augen.
    Immer noch beunruhigt, setzte er sich wieder hin und stellte den Fernseher an. Legte den Kopf in die Hände und schüttelte sich. Er hatte den Eindruck, die Kontrolle über sich verloren zu haben, als verlangte sein Gehirn, dass er schlafen sollte. Oder vielleicht auch der Traum, den er gehabt hatte.
    Aus einer Ecke des Waldes kam eine kleine Gestalt näher. Sie trug einen grauen Mantel und eine Kapuze, die ihr Gesicht verdeckte, und sah Seth an, der in der Steinkammer stand, die Hände um die Eisengitter des Tors gelegt, das ihm den Weg versperrte. Seth hüpfte von einem Fuß auf den anderen und wünschte sich heimlich, dass diese Gestalt nicht einfach wieder verschwinden oder vorbeigehen würde.
    Er versuchte zu lächeln, merkte aber, dass er keine Kontrolle über seine Gesichtsmuskeln hatte. Wahrscheinlich sah es aus, als müsste er weinen. Er gab den Versuch zu lächeln auf und winkte stattdessen. Die Gestalt mit der Kapuze reagierte nicht darauf. Verlegen ließ er die Hand sinken. Er fragte sich, ob er sich nicht besser in eine Ecke hocken und niemanden mehr belästigen sollte. Deshalb war er ja hier.
    Die Gestalt entfernte sich von den Bäumen. Langsam bewegte sie sich durch das hohe Gras und um das hier und da wuchernde hohe Gestrüpp herum, bis sie die Steintreppe erreichte. Aus den Urnen, die darauf standen, ragten vertrocknete Stängel. Die Gestalt schaute ihn an. In der Kapuze war kein Gesicht zu erkennen.
    »Wie heißt’n du?«, fragte der Junge.
    »Seth.«
    »Warum bist’n da drin?«
    Seth sah zu Boden. Er schluckte, blickte wieder auf und zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht.«
    »Ich weiß, warum. Weil du Angst gekriegt hast und durchgedreht bist. Genau wie ich. Du wirst da viele Jahre bleib’n. Und dann kommste an einen noch schlimmeren Ort.«
    In seinem steinernen Gefängnis wurde Seth noch viel kälter, und sein Magen krampfte sich zusammen. Er bekam eine Gänsehaut, seine Sicht verschwamm. Er konnte kaum mehr atmen.
    »Jetzt haste richtig Angst, stimmt’s?«, fragte der Junge.
    Heiße Tränen liefen über Seths Gesicht, und er umfasste die Gitterstäbe so fest, dass seine Hände taub wurden. Er zerrte daran so fest er konnte, obwohl er wusste, dass er sich wehtat. »Es ist zu spät«, sagte er mit dünner, zerbrechlicher Stimme.
    »Is’ es nich’«, sagte der Junge mit der Kapuze trotzig. »Ich kann dich da raushol’n.«
    »Aber dann kriegen wir Ärger«, antwortete Seth und hasste sich dafür, dass er es gesagt hatte.
    »Wen interessiert’n das? Außerdem hab’n dich sowieso alle längst vergess’n. Es spielt überhaupt keine Rolle.«
    Seth wollte »nein« sagen, aber er wusste, der Junge sagte die Wahrheit.
    »Willste rauskomm’n?«, fragte der Junge und wühlte in seiner Manteltasche herum.
    Seth wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und nickte.
    Der Junge holte einen großen Schlüssel aus der Manteltasche. Aber Seth sah den Schlüssel gar nicht an, sein Blick blieb an der Hand des Jungen hängen. Sie war violett und gelb, und schon bei dem Anblick wurde ihm übel. Die Haut sah aus, als wäre sie geschmolzen und dann wieder hart geworden. Einige Finger klebten zusammen.
    Die verwachsenen Finger krallten sich um den großen Schlüssel mit dem schmetterlingsähnlichen Griff und steckten ihn in das Torschloss. Der Schließmechanismus ächzte und stöhnte, dann schwang das Gittertor auf.
    Seth hatte Angst, er war unfähig, einen Schritt aus der mit Marmor gefliesten Kammer zu machen, er zitterte. Der Junge ging die Stufen hinunter, blieb am unteren Ende stehen und sah zu ihm hoch. Er steckte die Hände wieder in die Manteltaschen und nahm seine übliche Position ein: entspannt, aber erwartungsvoll.
    Der Himmel über dem Wald wurde dunkel. Entweder brach die Nacht herein oder tief hängende Wolken näherten sich.
    Der Junge

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