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Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Titel: Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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Gedanken versunken. »Aber das Eigenartigste an diesem Tag«, sagte er plötzlich, »war ihre Tasche.« Er verzog das Gesicht und sah verwirrt zu Boden. »Darin hatte sie ein Flugticket. Nach New York. Außerdem ihren Reisepass, der schon seit fünfzig Jahren nicht mehr gültig war. Als ob sie tatsächlich geplant hätte, uns zu verlassen.«
    Nachdem Stephen gegangen war, aß Apryl ein paar Nudeln mit Pesto, die sie in einem kleinen Laden an der Motcomb Street gekauft hatte, und ließ sich ein Bad ein. Es gab keine Dusche, nicht einmal eine entsprechende Vorrichtung in der Badewanne, deren Armaturen ziemlich verkalkt waren. Also setzte sie sich auf den kleinen gepolsterten Stuhl neben der verkratzten emaillierten Wanne und sah zu, wie der breite Wasserstrahl mit einem dumpfen Geräusch hineinplätscherte. Kaum hatte sie den Hahn aufgedreht, dröhnte, wummerte und klapperte es hinter der fleckigen Wand des Badezimmers. Während die Wanne sich füllte, ging sie hinaus und packte einige Sachen aus, die sie mitgebracht hatte, und stellte ihr Schminkköfferchen auf die Kommode in Lillians Schlafzimmer.
    Sie stellte fest, dass sie unbedingt etwas tun wollte. Sie wollte sich davon ablenken, allein in diesem fremden Apartment schlafen zu müssen. Und am liebsten nicht daran denken, was ihre Großtante abends und nachts hier gemacht hatte. Die beiden Zimmer am Ende des Flurs waren schon sehr lange nicht mehr benutzt worden und hatten nur noch als Stauräume gedient, also war es eher unwahrscheinlich, dass Lillian dort hineingegangen war, es sei denn, sie wollte etwas dort ablegen. Das Wohnzimmer war offensichtlich zu nichts anderem benutzt worden, als frische Blumen auf den Haufen welker Rosen vor dem Fenster zu werfen. Dieses Zimmer war ihrer Tante offenbar heilig gewesen. Und die Möbel im Esszimmer waren mit einer dicken Staubschicht überzogen. Es gab keinen Fernseher und auch kein funktionierendes Radio in der Wohnung. Sie hatte nur einen kaputten Radioapparat aus Bakelit gefunden, der in Zeitungspapier eingewickelt und ganz unten in eine Kiste mit Zinnkrügen gepackt worden war. Außer diesem Gerät und einigen wenigen Büchern im Schlafzimmer, die alle vor langer Zeit veröffentlicht worden waren, gab es keine Hinweise darauf, womit ihre Großtante sich an den vielen Abenden beschäftigt hatte, die sie allein hier verbracht hatte. Kein Wunder, dass sie mit sich selbst gesprochen hatte. Apryl war erst einen Tag hier, und sie war schon kurz davor, das Gleiche zu tun.
    Während des Bads fielen ihr dreimal die Augen zu und sie schlief schließlich ein und wachte im erkalteten Wasser wieder auf, ehe sie ins Schlafzimmer ging und die Tür hinter sich schloss. Das Betttuch unter der altertümlichen Steppdecke sah sauber aus, aber sie konnte sich nicht dazu entschließen, sich hineinzulegen. Im obersten Regal des Kleiderschranks fand sie einige Decken und machte sich daraus ein Lager auf dem Betttuch.
    Nachdem sie das Licht ausgeschaltet hatte, spürte sie einen leichten Schock, als sie mitten in dem tiefdunklen Zimmer stand. Sie hielt kurz inne und legte sich dann hin. Sie zwang sich, ihr lächerliches Angstgefühl zu unterdrücken, dafür war sie jetzt wirklich zu müde. Sie trug frische Unterwäsche und ihr Social-Distortion -T-Shirt und rollte sich unter der Decke zusammen, das Gesicht der Tür zugewandt, wie sie es immer tat, wenn sie in einem fremden Zimmer schlief.
    Während sie den draußen vor dem Fenster über den Lowndes Square rollenden Autos lauschte, beruhigte sie sich allmählich. Sie versuchte, sich das Leben in der nächtlichen Großstadt auszumalen. Das war ihr lieber, als sich Gedanken über die Wohnungseinrichtung zu machen, die eigenartigen vollgestellten Räume, die nun in vollkommener Dunkelheit und absoluter Ruhe lagen.
    Sie zog die Knie noch ein bisschen enger an den Bauch, verschränkte die Hände und steckte sie zwischen ihre warmen Oberschenkel, so wie sie es seit ihrer Kindheit immer tat. Und schon merkte sie, dass sie in einen tiefen Schlaf glitt, der sicherlich viele Stunden dauern würde, die ganze Nacht. Und dann war sie weg, ihr Gedankenfluss versiegte. Aber der Raum jenseits ihrer geschlossenen Augenlider kam nicht zur Ruhe.
    Sie ließ sich von dem Rascheln und den leisen Schritten, die sich leise von der Tür zum Fuß ihres Bettes bewegten, nicht stören. Das war nur Tony, ihr Mitbewohner. Wie so oft schlich er auf Zehenspitzen eilig herein, weil er vorhin irgendwas in ihrem Zimmer vergessen

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