Apartment in Manhattan
meinem neuen Ich überraschen.
Will gähnt. „Wie spät ist es?“
Ich schaue auf die Uhr. „Fast elf.“
„Wir sollten ins Bett gehen. Ich muss um halb sechs aufstehen.“
Genau davor habe ich Angst. Davor, ihm in den kalten, grausamen Morgenstunden auf Wiedersehen sagen zu müssen. Uns bleiben nur noch knapp acht Stunden, und offenbar hat er vor, diese Zeit schlafend zu verbringen.
„Hör mal, ich will nicht, dass du meinetwegen so früh aufstehen musst“, sagt er. „Du kannst gerne liegen bleiben, wenn ich gegangen bin. Schließ später einfach hinter dir ab und lass die Schlüssel unten bei James.“
Er will, dass ich die Schlüssel den ganzen Sommer über bei dem Portier lasse?
„Findest du, dass das eine gute Idee ist?“ frage ich. „Ich meine, sollte ich den Schlüssel nicht besser behalten? Das scheint mir sicherer zu sein …“
„Nee, James wird ihn Nerissa geben, sobald sie zurück ist“, antwortet er, zieht seine Beine unter meinen weg und steht auf.
Innerlich werde ich fast hysterisch –
er lässt mir seinen Zweitschlüssel nicht?
–, doch meine Stimme klingt ziemlich ruhig. „Aber Nerissa braucht doch keine zwei Schlüssel, oder? Ich meine, angenommen sie schließt sich aus Versehen aus, dann kann James sie immer noch hinein lassen …“
Will unterbricht sich dabei, unsichtbaren Staub von seinen Shorts zu klopfen, und sieht mich einfach an. „Was ist denn los, Trace?“
„Nichts.“ Ich zucke mit den Schultern. „Ich dachte nur, dass du mir den Schlüssel vielleicht lässt. Ich meine, ich könnte deine Pflanzen gießen.“
„Nerissa wird sich darum kümmern.“
„Oh. Nun, außerdem habe ich keine Klimaanlage, und die Sommer in New York sind so heiß … ich dachte, wenn es zu schwül wird, könnte ich hierher kommen, um mich abzukühlen.“
Er weicht nicht zurück und schaut auch nicht weg, was ich als ein gutes Zeichen werte, bis er sagt: „Weißt du, ich habe darüber nachgedacht, aber ich glaube, das wäre keine besonders gute Idee. Es ist Nerissa gegenüber einfach nicht fair, wenn du jederzeit unangekündigt auftauchen könntest. Ich meine, sie geht davon aus, den Sommer über die Wohnung für sich alleine zu haben …“
„Oh, das ist schon in Ordnung, Will, ich wollte nur … ich verstehe. Kein Problem.“
Aber es ist ein Problem. Er lässt mir seine Schlüssel nicht, und das ist einfach mies. Am liebsten würde ich heulen.
Ich muss mich ablenken – ich muss ihm zeigen, dass alles in Ordnung ist, und als ich mich umschaue, fällt mein Blick auf den Notizblock, der neben dem Telefon liegt. Ich gehe hinüber und sage: „Bevor ich es vergesse: Kannst du mir die Telefonnummer des Wohnheims geben? Nur für den Fall, dass ich dich einmal nicht übers Handy erreiche. Ich kann die Nummer dann in mein Telefonbuch eintragen, das ich jetzt nicht dabei habe …“
Ich bemerke, dass ein Schatten auf sein Gesicht fällt. Er verlagert sein Gewicht von einem Bein auf das andere und wieder zurück. Kein gutes Zeichen.
„Trace, es ist so …“
Ich kann es nicht glauben.
„Was? Ist es verboten, dort zu telefonieren?“
„Es gibt kein Telefon. Ich meine, es gibt ein gebührenpflichtiges Telefon, um jemanden anzurufen …“
„Aber man kann dort nicht anrufen?“
„Keine Ahnung. Ich weiß es nicht. Das werde ich herausfinden, wenn ich dort bin, aber auf jeden Fall habe ich die Nummer jetzt nicht. Außerdem werden sich dort mehr als zwanzig Schauspieler ein Telefon teilen, außerdem sind wir sowieso die meiste Zeit bei den Proben oder Auftritten … was ich damit sagen will, ist, dass wir nicht sehr häufig telefonieren werden.“
„Was ist mit deinem Handy?“
„Weiß ich nicht. Ich meine, du kannst es versuchen, aber ich weiß nicht, wie oft ich es eingeschaltet haben werde. Ich will nicht, dass es während der Proben klingelt …“
Okay, so langsam nervt es mich. Ich kann es nicht ändern. „Ich schätze mal, E-Mails funktionieren auch nicht.“
„Wenn ich einen Laptop hätte, schon, aber ich habe keinen.“
„Also schreiben wir uns altmodische Briefe?“ Ich täusche Lässigkeit vor und versuche den sarkastischen Ton zu unterdrücken. „Großartig. Wir können Brieffreunde sein wie Yvonne und Thor. Wie romantisch.“
„Wie wer?“
„Spielt keine Rolle“, murre ich. „Kann ich zuerst ins Bad?“
„Klar, kein Problem. Ich überprüfe solange noch einmal meine Koffer, damit ich nichts vergesse. Morgen früh werde ich es sehr eilig
Weitere Kostenlose Bücher