Apartment in Manhattan
sehe mich im Wohnzimmer um, wo Fischer Price und Ikea-Möbel aufeinander treffen. Ich lächle, als ich die Schulfotos von den Jungs betrachte, die gerahmt auf einem Regal stehen. Ich höre auf zu lächeln, als ich feststelle, dass das Hochzeitsbild meiner Schwester noch immer auf exakt dem gleichen Platz steht wie immer.
„Warum hast du das nicht weggeräumt, Mary Beth?“ frage ich, als sie mit zwei Cola light und einer Schüssel Kartoffelchips zurückkommt.
„Was? Das Hochzeitsfoto? Was würden denn die Jungs denken, wenn es nicht mehr da ist? Das bin schließlich ich mit ihrem Dad.“
„Aber die Jungs wissen doch, dass ihr euch scheiden lasst.“ Das ist eine Tatsache. Ich war dabei, als sie es ihnen letzten Herbst erzählt hat. Vince Junior hat verstanden, worum es geht, aber es schien ihn nicht sonderlich aufzuregen. Nino hat diese Neuigkeit noch nicht begriffen.
„Sie wissen, dass wir uns scheiden lassen, doch ich will ihnen nicht das Gefühl geben, dass ich ihren Vater hasse“, sagt Mary Beth, die auf der Couch sitzt und Chips futtert.
„Das ist doch verrückt. Erstens hasst du ihn nicht … oder?“ hake ich nach.
„Er hat mich betrogen, als ich schwanger war. Ich habe herausgefunden, dass er während der Entbindung bei einer anderen Frau war, Tracey. Was glaubst du, fühle ich?“ antwortet sie.
„Nun, dann werde dieses Bild endlich los“, beharre ich, durchquere das Zimmer und nehme es vom Regal.
„Jetzt?“
„Hier.“ Ich gebe ihr den Bilderrahmen. „Schmeiß es weg.“
„Aber du hast uns den Rahmen zur Hochzeit geschenkt.“
Sie hat Recht. Er ist aus Sterling Silber, und das Hochzeitdatum ist hinein graviert. Damals, als ich ihn kaufte, erschien er mir extravagant. Als meine Mutter ihn sah, meinte sie nur, ich hätte Messing nehmen sollen, weil Silber anläuft.
Wie ich feststelle, ist das nicht der Fall.
Und das bedeutet, dass Mary Beth ihn regelmäßig poliert.
Das macht mich krank.
„Schmeiß es weg“, wiederhole ich.
„Das kommt mir so …“
„Dann erledige ich das für dich.“ Ich marschiere in ihre Küche und trete auf das Pedal des Plastik-Mülleimers. Als der Deckel aufklappt, lasse ich den Rahmen hineinfallen. Er landet mit einem Klatschen auf den mit Kaffeesatz vermischten Spaghetti-Resten.
„So. Fühlst du dich jetzt nicht besser?“ frage ich meine Schwester, als ich ins Wohnzimmer zurückkomme.
„Ich schätze, ja.“
Aber das ist nicht wahr. Ich sehe, dass es sie fast umbringt.
Sie will das Bild wieder dort haben, wo es hingehört.
Sie will Vinnie wieder dort haben, wo er hingehört.
„Sind das fettarme Chips?“ frage ich, nehme einen und stecke ihn in den Mund.
„Nein.“
„Oh.“ Ich esse nur diesen einen Chip, dann setzte ich mich auf den Stuhl gegenüber der Couch und nippe an meiner Cola light. „Wie geht es den Jungs?“
„Du wirst sie gleich als allererstes morgen früh sehen. Und ich meine als allererstes!“ Sie lächelt. „Sie freuen sich so, dass du hier bist, Trace. Sie wollten wissen, ob du das ganze Wochenende mit uns verbringen kannst, aber ich habe ihnen gesagt, dass du wahrscheinlich morgen bei Grandma und Grandpa schläfst.“
„Ja, das sollte ich wohl“, sage ich. Meine Eltern wären verletzt, wenn ich das nicht täte.
Aber ich weiß, dass meine Mutter mich innerhalb von vierundzwanzig Stunden verrückt machen wird. Sie wird mir Schuldgefühle einreden, dass ich weggezogen bin, und wieder so tun, als ob ich nur vorübergehend weggezogen wäre.
„Ich habe gehört, dass Mom und Dad eine neue Couch bestellt haben“, erzähle ich Mary Beth.
„Ja. Sie ist furchtbar.“
„Ich weiß. Ich kann mich erinnern, dass ich mich mal darauf übergeben habe, und ich bin in all den Jahren bestimmt nicht die Einzige gewesen.“
„Nein, ich meine die neue. Es ist eine mit braun-beigem Muster aus rauem Stoff mit steifen Kissen. Ich habe sie mit Mom ausgesucht.“
„Im Ernst?“ Ich muss lachen. „Was ist nur an diesen Erdtönen dran?“
Sie lacht auch. Wie fahren fort, uns über die Möbel unserer Eltern lustig zu machen. Dann machen wir uns über unsere Eltern im Allgemeinen lustig. Das klingt böse, ich weiß, aber wir tun es liebevoll. Und mir wird klar, wie sehr ich meine Schwester vermisse.
Als Mary Beth anbietet, dass ich mit ihr im Doppelbett statt hier auf der Couch schlafen kann, nehme ich an. Es ist friedlich, so neben ihr in die Decken gekuschelt zu liegen, ihrem gleichmäßigen Atem zu lauschen und zu wissen,
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