Apartment in Manhattan
dass sie mich vorbehaltlos liebt und akzeptiert.
13. KAPITEL
G enauso wie meine Eltern.
Die lieben mich auch vorbehaltlos.
Denn als ich sie am nächsten Tag auf der Feier sehe, ist das Erste, was meine Mutter zu mir sagt – nachdem sie geschrien und geheult, mich umarmt und schließlich ihren Schock überwunden hat –: „Wo hast du dieses Kleid her? Du solltest so was öfter tragen. Du siehst wunderschön aus!“
Dieses Kleid habe ich im hintersten Winkel von Mary Beths Schrank gefunden – es ist mindestens ein Jahrzehnt alt und vier Größen kleiner als ihr momentane Garderobe. Wenn man mich so östlich des Hudson River sehen könnte! Es ist völlig unmodern. Und es ist pinkfarben! Und ärmellos. Aber meine Mutter trägt schlecht sitzende türkisfarbene Leggins und einen goldenen Gürtel. Sie ist nicht gerade die Modeexpertin in Brookside.
Mein Vater sagt immer wieder, dass es auch höchste Zeit für mich sei, endlich auf Besuch zu kommen. Er sagt es, während wir am Buffet anstehen, als er einen Toast auf meine Mutter ausbringt, und er sagt es, als wir zu einer alten Frank-Sinatra-Nummer tanzen.
Er sagt es so oft und zu so vielen Verwandten, Freunden und Nachbarn, dass ich mir sicher bin, jeder glaubt, ich wäre vorher noch nie nach Hause gekommen. Ich bin sowieso schon Stadtgespräch, weil ich nach New York gegangen bin. Nun können sie nicht nur darüber sprechen, sondern auch über die Tatsache, dass ich offenbar meinen liebenden Eltern komplett den Rücken gekehrt habe.
Die Feier findet im Gemeindesaal statt, in demselben, in dem ich den Kommunionsunterricht hatte, wo wir später als Teenies tanzten und wo Mary Beth und Vinnie ihren Hochzeitsempfang gaben. Es ist merkwürdig – ich bin hier schon hundert, vielleicht tausend Mal gewesen, aber plötzlich kommt mir der Ort völlig unbekannt vor.
Ich kann nicht glauben, dass mir nie zuvor der kalte Rauch vom Samstagabend-Bingo aufgefallen ist, oder der Linoleum-Boden, der total zerkratzt ist, oder die Klappstühle aus grauem Metall und die langen Tische, auf denen Papiertischdecken mit bunten Hochzeitsglocken drauf liegen, alles ist so … nun, so geschmacklos.
Genauso wie das Buffet mit seinen mit Alufolie bedeckten Tabletts voll Cannelloni und Würstchen, Paprika und Salat aus weiß-grünen Eisbergblättern, orange-gelben Tomaten und Seven-Seas-Italian-Dressing.
Und die Dekoration: Krepppapier hängt von der Decke und faltbare Hochzeitsglocken zieren die Basketballkörbe – mir ist nie aufgefallen, dass es hier Basketballkörbe gibt. Auf den Tischen stehen weiße Lackschüsseln, die mit gesalzenen Erdnüssen gefüllt sind.
Aber das Allerschlimmste ist der DJ: Pater Stefans jüngerer Bruder Chaz, der einen braunen Polyesteranzug trägt, und zwar nicht im coolen Retro-Stil, sondern extrem spießig. Er hat mindestens drei Mal „Celebration“ aufgelegt, und jedes Mal war der Beifall größer und noch mehr Leute stürmten auf die Tanzfläche.
Ich vergleiche diese Szenerie mit den Veranstaltungen von Milos in New York, und plötzlich tun mir meine Eltern und Geschwister Leid. Keiner von ihnen hat auch nur die geringste Ahnung, wie furchtbar traurig das alles ist. Sie amüsieren sich großartig, tanzen und essen und plaudern.
Verstehen Sie mich nicht falsch – ich habe auch meinen Spaß.
Aber ich kann nichts dagegen tun, dass ich mich nicht dazugehörig fühle.
Nein …
Ich
will
nicht dazu gehören.
Ich stelle mir vor, was geschieht, wenn Will und ich uns verloben, und meine Familie die Hochzeit planen will. Sie wären am Boden zerstört, wenn ich ihnen sagte, dass wir in New York City heiraten wollen. Sie würden mir erklären, dass eine Hochzeit immer in der Heimatstadt der Braut gefeiert wird.
Noch ein Grund mehr, Geld in diesem Marmeladeglas zu sammeln, das ich jetzt, nachdem ich durch die Jobs bei Milos einen ganz respektablen Betrag zusammen habe – fast fünfhundert Dollar – zur Bank tragen sollte.
Will und ich werden Geld sparen und selbst für die Hochzeit zahlen müssen, wenn wir sie in New York feiern wollen.
Wenn nicht, werden wir uns hier in der Gemeindehalle wiederfinden, zu „Kool and the Gang“ schwofen und den Ententanz tanzen, den Chaz jetzt jedem schon zum zweiten Mal aufdrängt.
Ich sitze auf einem Klappstuhl und trinke warmen Weißwein aus einer Tasse. Ich beobachte Vince Junior und Nino auf der Tanzfläche, die mit den Ellbogen wackeln und sich dann kichernd auf die Tanzfläche werfen. Und plötzlich denke ich,
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