Apartment in Manhattan
Plastiktüte in meine große Ledertasche gesteckt. Ich hätte sie weggeworfen, wenn ich nicht zufällig die neu entdeckten Hosen angehabt hätte, die mir seit über einem Jahr nicht mehr gepasst haben, und ich will sie nicht in den Müll schmeißen, bevor ich sie nicht öfter getragen habe. Es fühlt sich gut an, wenn der Reißverschluss ganz ohne Anstrengung nach oben gleitet.
Ja, ich laufe nach Hause. Obwohl mein Kopf noch immer schmerzt und es in meinem Magen rumort und meine Beine zittrig sind.
Ich hätte nicht mit der U-Bahn fahren können, nicht einmal mit einem Taxi, und ich hätte den Weg nach Hause auf gar keinen Fall in weniger als einer Stunde schaffen können. Ich schwelge in dem Gefühl, diesen Nachmittag mitten unter der Woche nicht an einem Schreibtisch verbringen zu müssen. Ja, die Stadt ist schmutzig, überfüllt, und das heiße, feuchte Wetter lässt jeden und alles unangenehm riechen. Trotzdem ist es herrlich. Ich fühle mich befreit. Ich lasse mir auf meinem Weg nach Downtown viel Zeit. Ich kaufe
The Post
und setze mich zum Lesen auf die Stufen der palastartigen
New York Public Library
in der Zweiundvierzigsten Straße. Ich kaufe mir am Union Square ein italienisches Eis und schlürfe es, während ich laufe, bis es so stark tropft, dass ich es in einen überquellenden Mülleimer werfen muss. Ich kaufe zwei Flaschen Mineralwasser, eine, damit ich mir die Hände waschen kann, die andere, um sie zu trinken. Ich laufe in Geschäfte hinein und hinaus und schaue mir enge, sexy Sommerkleider an, die ich mir nie werde leisten können, weder finanziell noch von meiner Figur her.
Oder doch?
Wenn ich weiterhin abnehme …
Wenn ich weiterhin Geld spare …
Nun, man weiß ja nie.
Von den Gedanken inspiriert, erinnere ich mich selbst daran, dass ich als Erstes, wenn ich nach Hause gehe, das Jane-Fonda-Video einschieben werde. Ich habe eisern fast jeden Tag danach trainiert. Vielleicht bilde ich mir das nur ein, aber es kommt mir so vor, als ob meine Schenkel nicht mehr so hervorquellen – so, als ob meine Haut straffer geworden wäre. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Fleisch weniger wabbelt, wenn ich laufe.
Als ich in meine Wohnung komme, muss das Jane-Fonda-Video noch warten, bis ich meinen Anrufbeantworter gecheckt habe.
Denn das Licht blinkt.
Als ich meine Hand ausstrecke, um den Startknopf zu drücken, hoffe ich, dass es Will ist.
Trotzdem zweifle ich keine Sekunde daran, dass es Jake ist, der aus dem Geschäft anruft. Das, was ich ihm auf die Voice Mail gesprochen habe, hat vielleicht nicht glaubwürdig geklungen. Oder jemand hat mich auf der Straße gesehen und es der Personalabteilung gemeldet.
Es ist Jake.
Ich weiß, es ist Jake.
Aber es ist Will.
„Tracey. Es tut mir Leid, dass ich einfach auflegen musste. Bist du in Ordnung?“ Eine Pause. „Bist du da?“ Pause. „Nimm ab, wenn du da bist.“ Pause. Ein Seufzen. „Okay, du bist nicht da. Wo bist du? Es ist jetzt Mitternacht. Ich melde mich wieder.“
Durch diese Nachricht habe ich wieder Hoffnung.
Es war nicht viel.
Kein „ich liebe dich“, noch weniger ein „ich vergebe dir.“
Aber zumindest hat er angerufen.
Und er wird sich wieder melden.
16. KAPITEL
W ill ruft am Donnerstagabend nicht an.
Er ruft Freitagabend nicht an.
Er meldet sich Samstagmorgen, als ich gerade aus der Tür will.
„Hallo?“ rufe ich atemlos in den Hörer.
„Tracey? Ich bin’s.“
Mein Herz bleibt fast stehen. „Will.“
„Bist du in Eile?“
„Nein …“
„Oh. Als du abgenommen hast, hörte es sich so an, als ob du es eilig hast.“
„Ich bin nur … ich gehe gleich zu Brendas Hochzeit.“
Stille.
Ich sehe ihn vor mir, ausdruckslos, wie er versucht, sich zu erinnern, wer Brenda ist.
„Sie ist eine Kollegin.“
„Oh richtig. Die Hochzeit, zu der du Raphael mitnimmst.“
„Die Hochzeit, zu der ich Raphael eigentlich mitnehmen wollte“, sage ich, irritiert darüber, dass wir unter diesen Umständen ein so normales Gespräch führen. „Aber er hat abgesagt. Der tschechische Tänzer ist Vergangenheit …“
„Was?“
„Habe ich dir nicht von ihm erzählt? Er stand auf SM, was Raphael überhaupt nicht gefällt, und jetzt hat er diesen neuen Typen, Wade, der ihn übers Wochenende in sein Strandhaus in Quogue eingeladen hat, und du kennst ja Raphael. Er hatte die Hochzeit völlig vergessen, bis ich ihn gestern Morgen angerufen habe, um ihn daran zu erinnern. Es hat ihm wirklich furchtbar Leid getan.“
„Aber
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