Apfeldiebe
Burg«, sagte Rufus.
» Seh ich selber.« Alex legte sich auf den Bauch und sein Kopf verschwand. »Gib mal die Lanze.« Timi wollte dem Befehl nachkommen, aber Max nahm ihm die Lanze aus der Hand und schob sie neben Alex in die Öffnung. Die Lanze verschwand und Alex kroch immer tiefer in den Gang, bis nur noch der Markenname seiner Turnschuhe auf den Fußsohlen zu sehen war.
» Nicht so tief!« Kasi achtete als Einziger auf das in Alex’ Gang ragende Geröll. Immer wieder lösten sich kleinere Steinchen unter Alex’ Bewegungen und eilten ihm nach. Alex aber spürte, dass es hier noch mehr zu entdecken gab als nur diesen einen Raum, in dem sein Trupp wartete, mehr als diese zweite Lanze. Der Gang führte steil nach unten und er konnte von seiner Warte aus erkennen, dass der von oben eingedrungene Schutt nach zwei Metern endete und so etwas wie Treppenstufen freigab. Der Gang bog nach links unten ab – eine Wendeltreppe. Alex stieß die Lanze an mehreren Stellen gegen Wand und Decke, etwas Putz löste sich, das Bauwerk an sich aber schien stabil.
Alex kroch zurück. Er klopfte sich den Staub von Knien und Händen und betrachtete dabei abwechselnd den Gang, seine Begleiter und das Loch hinauf zum Burghof.
» Und, was hast du gesehen?« Max kauerte neben der Öffnung und leuchtete hinein. »Was ist da hinten?«
» Nicht viel«, antwortete Alex. »Aber da ist noch irgendwas hier drunter.« Er stampfte auf den Boden. Und ohne lange Erklärungen stürzte er sich plötzlich erneut kopfüber in die Öffnung, diesmal aber verschwand er, hörte Max hinter sich noch etwas von Mut sagen. Er rutschte über die Geröllzunge und stand eine Sekunde später auf uralten Stufen. »Wartet da, ich bin gleich zurück«, sagte er zu den vier Taschenlampen, die ihm entgegenleuchteten.
Die Treppe führte durch einen niedrigen Gang nach unten. Alex folgte den Stufen, eine Hand an der Wand, in der anderen die Taschenlampe. Die Stufen führten nach links, Alex verschwand. Die Wartenden hielten die Luft an, Kasimir zählte die Sekunden, Timi suchte ganz automatisch nach der Hand seines Bruders. Der entzog sie ihm gerade in dem Moment, als zuerst Alex’ Lampe die Kinder blendete, dann sein Gesicht erschien.
» Los, kommt her! Das ist der absolute Wahnsinn! Das müsst ihr sehen!« Alex strahlte über das ganze staubverschmierte Gesicht und bevor noch einer eine Frage nach dem, was denn so toll war, stellen konnte, hatte die Dunkelheit ihn erneut verschluckt.
Alex erwartete seinen Trupp in einer Art Lagerraum. Alles, was der Lichtkegel seiner Lampe zeigte, entpuppte sich als der Stoff, aus dem Jungenträume bestehen. Alex leuchtete hin und her, unfähig, sich für einen Fund zu entscheiden. Der Raum oben war nicht mehr als eine nette Entdeckung gewesen, das hier aber … Alex stellte sich den Rummel vor, den das alles auslösen würde. Hier, im hintersten Zipfel des Schwarzwaldes, unter einer von niemandem mehr beachteten Ruine, entdeckte er das alles! In einer Ecke stand ein bauchiger Topf, so riesig, dass sich Leni ohne Weiteres in ihm verstecken könnte, vielleicht sogar Timi. Gleich daneben ein Helm, völlig verrostet zwar, aber eindeutig ein Helm, mit aufgeklapptem Visier und oben einer kleinen Öffnung. Alex sah die Federn, die diesen Helm einmal geziert haben mochten, roch die Suppe aus dem Lenitopf.
Verzierte Halterungen schmückten die Wände und über diesen Halterungen glänzte die Decke rußgeschwärzt. Sie erzählte von Fackeln, züngelnden Flammen und Rauch und, die Kinder trauten ihren Augen kaum, in der hintersten Ecke wartete die Krönung dieses Raumes – eine ganze Sammlung mittelalterlicher Waffen: Lanzen, die meisten von ihnen zwar zerbrochen, aber immerhin doch echte, alte Lanzen. Da eine Standarte, von der die Zeit kaum mehr als ein paar Fetzen übrig gelassen hatte. Dazwischen ein Schwert! Alex bückte sich danach und gerade als hinter Max und Timi nun auch Rufus den Raum betrat und dabei sogar einmal seine neunmalklugen Bemerkungen für sich behielt, reckte Alex seine schwertbewehrte Rechte in die Höhe und stieß die Waffe gegen die Decke. Staub und Mörtel rieselten auf Alex’ Kopf und Schultern, er aber bemerkte das gar nicht. Er lachte, die Klinge sauste durch die Luft und die Kinder starrten ihn und all die Schätze an. Sie hatten eine vergessene Welt gefunden, genau so, wie Alex es ihnen versprochen hatte. Ja, eigentlich noch viel, viel mehr. An etwas wie das hier hatte keiner von ihnen ernsthaft
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