Apocalypsis 3 (DEU): Collector's Pack. Thriller (German Edition)
die Mitte der Finsternis, in die Mitte ihres Gefängnisses, welches das Gefängnis des Körpers ist.
Und ich sagte: »Der, der hört, stehe auf von seinem tiefen Schlaf.«
Und er weinte und vergoss Tränen und sagte: »Wer ist es, der meinen Namen ruft? Und woher ist diese Hoffnung zu mir gekommen, während ich in den Fesseln des Gefängnisses bin?«
Und ich sprach: »Ich bin die Pronoia des reinen Lichtes. Stehe auf und erinnere dich, folge deiner Wurzelund hüte dich vor den Dämonen des Chaos und all denen, die dich umgarnen, und hüte dich vor dem tiefen Schlaf!«
Und ich habe ihn erweckt und habe ihn gesiegelt durch das Licht des Wassers der neun Siegel, damit der Tod keine Macht habe über ihn von jetzt an. Und siehe, nun werde ich hinauf zum vollkommenen Äon gehen.
»Das ist sehr schön«, sagte die Ärztin, sichtlich berührt, und zum ersten Mal, seit sie sich zu ihm gesetzt hatte, fiel alle spöttische Haltung von ihr ab. Laurenz war klar, dass er ein ausgewachsenes Herzensproblem bekommen würde.
»Sie haben es mit der Apokalypse, nicht wahr?«, sagte sie.
»Tja … touché.«
Aus dem Fernseher im Lokal plärrte die Übertragung der Messe in Brasilia, mit der Papst Johannes Paul II. gerade seine Brasilienreise eröffnete. Dr. Eichner wandte sich um, und Laurenz konnte für einen Moment in Ruhe ihren Nacken betrachten.
»Hilft das bei der Karriere in der Kirche?«, fragte sie. »Ich meine, Experte für die Apokalypse zu sein?«
Er zuckte mit den Achseln. »Papst wird man damit wohl eher nicht.«
»Wollen Sie denn Papst werden?«
Sie schien die Frage völlig ernst zu meinen. Also verdiente sie eine ernsthafte Antwort.
»Ja.«
»Dann sollten Sie Ihr Steckenpferd nicht an die große Glocke hängen. Ich glaube, Sie werden ein guter Papst.«
Sie sagte ›werden‹ und nicht ›wären‹. Laurenz fehlten die Worte.
»Sind Sie Teil der päpstlichen Delegation?«
»Nein. Ich bin rein privat hier. Ich arbeite an einem Buch über die Bedeutung alter Symbole.«
»Und jetzt wollen Sie etwas über den Candomblé wissen.«
»Ja, genau. Frau Brenner sagte mir, dass Sie schon länger in den Favelas oben arbeiten und mir eventuell ein Entree in ein Terreiro verschaffen könnten.«
»Kann ich«, sagte sie. »Aber warum sollte ich? Franziskaner, Benediktiner, Karmeliter und Jesuiten haben die Geschichte dieses Landes mit Blut geschrieben!« Sie redete sich in Rage. »Der Candomblé war der spirituelle Widerstand ehemaliger Sklaven gegen die brutale Mission der katholischen Kirche. Die letzte Zuflucht der afrikanischen Götter. Heute ist es eine passive Form des Widerstandes gegen die Junta. Sie haben keine Ahnung, was in den Favelas los ist. Auf Missionare können die Menschen da prima verzichten.«
Der Himmel hatte sich inzwischen vollständig verdunkelt. Die Luft verflüssigte sich geradezu, das Atmen fiel schwerer, und von einer Sekunde auf die andere hämmerte ein tropisches Unwetter auf die Stadt herab. Ein Blitz spaltete die Welt, sein Donner knirschte durch die Straßen, und der Himmel entlud einen Ozean. Laurenz sprang auf und zog Sophia ins Innere des Lokals, wo nur ein junges amerikanisches Backpackerpaar saß, die mit der Speisekarte nicht zurechtkamen, und zwei alte Stammgäste, die sie neugierig anstarrten. Der Fernseher lief so laut, als ob er das Regenprasseln übertönen wollte.
»Ich bin kein Missionar«, sagte er, dicht vor ihrem Gesicht. »Aber ich muss einen Candomblé sehen, einen richtigen, nicht irgendeinen Touristentamtam.«
Sie wich nicht zurück, hielt seinen Blick. Im Trommelfeuer des Regens auf dem Wellblechdach war ihre Stimme kaum zu verstehen.
»Warum?«
»Weil … ich die Apokalypse verhindern muss.«
Später, in ihrem gelben VW-Käfer, als der Regen aufgehört und Laurenz seine Priesterkleidung durch eine Wanderhose und ein khakifarbenes Hemd getauscht hatte, duzte sie ihn einfach. Sie machte sich lustig über seinen Aufzug, der so typisch Deutsch sei. Sie fand, dass er zu blass sei. Sie gab ihm einen kurzen Abriss der Geschichte Brasiliens und berichtete über ihre Arbeit in den Elendsvierteln. Sie fuhr wie der Henker. Laurenz gefiel alles.
Sie warf einen Blick auf seine schwarze Aktentasche, die er immer bei sich trug, griff dann beim Fahren nach hinten und zog eine blassblaue Umhängetasche mit dem Logo eines japanischen Konzerns vom Rücksitz. »Hier, nimm die für deinen Kram, damit siehst du etwas lässiger aus.«
Widerspruchslos packte Laurenz seine
Weitere Kostenlose Bücher