Apocalypsis 3 (DEU): Collector's Pack. Thriller (German Edition)
mit Inbrunst aus Tausenden von Kehlen gesungen. Ohne dass ihn irgendjemand aufhielt, verließ Peter das Gelände des Vatikans, zwängte sich links durch die Absperrung an den Kolonnaden und trat auf den Petersplatz.
Und verstand, was sich verändert hatte.
Alles.
Auf dem Petersplatz hatten sich Hunderttausende von Menschen versammelt. Die Menge füllte den ganzen Platz aus, reichte weit bis in die Via della Conciliazione hinein. Die Menschen hielten Kerzen und Fackeln in der Hand, sangen gemeinsam auf Italienisch dieses alte Lied. Das berühmteste Weihnachtslied der Welt. Stille Nacht, heilige Nacht .
Der Petersdom selbst lag im Dunkeln, aber im Schein der Kerzen und Fackeln sah Peter, dass sich an seiner Stelle nur noch ein großer Trümmerhaufen erhob, aus dem ein riesiges Holzkreuz emporragte, wie ein trotziger Engel, der schützend seine Flügel ausbreitete. Auch die Sixtinische Kapelle dahinter war zerstört, sowie Teile des Apostolischen Palastes. Um das große Holzkreuz herum übersäten Tausende von kleineren Kreuzen den Trümmerberg. Ein ganzer Wald aus Kreuzen, dessen Anblick sich mit dem Gestank verbrannter Leichen zu einer furchtbaren Vorstellung verband.
Fassungslos und ergriffen starrten Peter und Bühler auf diesen Kreuzberg und die singende Menge davor. Erst jetzt bemerkte Peter, dass viele der versammelten Menschen große Bilder und Transparente mit dem Bild einer jungen Nonne vor sich her trugen oder in die Höhe hielten. Peter erkannte nicht gleich, wer die Nonne war. Bis eine kleine Gruppe an ihnen vorbeieilte und das Transparent, das sie mit sich trugen, kurz von einer der wenigen funktionierenden Straßenlaternen beleuchtet wurde.
Maria! Das ist Maria!
Kein Zweifel.
»Was zum Teufel ist hier los?«, fragte Bühler neben ihm.
Peter antwortete nicht, starrte nur verwirrt dem Transparent hinterher, das mit der Gruppe schwankend in der Menschenmenge verschwand. Eine junge Frau näherte sich ihnen und reichte ihnen eine Kerze.
»Welchen Tag haben wir heute?«, fragte Peter auf Englisch. Er musste die Frage wiederholen, denn die Frau schien ihn erst nicht zu verstehen.
»Den einundzwanzigsten Dezember«, sagte sie.
»Welches Jahr?«
Die Frau wirkte irritiert, geradezu misstrauisch. Sie wollte sich hastig wieder entfernen, doch Peter hielt sie fest.
»Signorina, bitte! Welches Jahr?«
»Zweitausendzwölf. Der einundzwanzigste Dezember zweitausendzwölf.«
LVI
24. Juli 2011, Levantisches Meer
A nselmo fluchte leise und rieb sich nervös die Hände.
»Versuch’s noch mal«, hustete Yoko.
»Was soll das bringen?«, rief Anselmo gereizt. »Wenn er meine DNA jetzt nicht akzeptiert, dann akzeptiert er sie gleich auch nicht! Mann, und was, wenn da unter uns gleich eine Megabombe hochgeht?«
»Bitte, Anselmo«, sagte Maria.
»Weil vielleicht ein Wunder passiert, oder was?«
»Weil gerade komplexe Systeme sich manchmal unvorhersehbar verhalten«, sagte Yoko.
Anselmo fluchte – und wiederholte die Prozedur mit dem Blutstropfen. Wieder sah Maria den ruckenden Balken auf dem Bildschirm. Als er endlich ›100 %‹ anzeigte, vergingen quälende Sekunden. Bis die Meldung erschien.
›CODE ACCEPTED‹.
Anselmo schien es selbst nicht zu glauben. Niemand sagte ein Wort, alle warteten gespannt, was als Nächstes passieren würde. Aber das Schlauchboot dümpelte nur träge auf der leichten Dünung. Maria sah besorgt, dass es Yoko immer schlechter ging. Sie litt unter der Hitze. Zudem hatte sich auf ihren Armen ein weißlicher und offenbar juckender Ausschlag gebildet. Anselmo sah es auch, sagte aber nichts mehr.
Die Zeit verging, nichts tat sich. Ohne den kühlenden Fahrtwind war die Hitze kaum noch auszuhalten. Maria nahm ihre Kopfhaube ab und hätte sich auch gerne von ihrem Habit befreit, aber das schien ihr unpassend. Sie starrte aufs Meer, als ob unter der glitzernden Oberfläche die Antworten auf all ihre Fragen und Befürchtungen lagen. Als sie wieder aufblickte, merkte sie, dass ihre Mutter sie die ganze Zeit über ansah.
»Woran denkst du?«
»An Papa.«
»Bete für ihn.«
Und das tat sie. Sie nahm ihren Rosenkranz. Peter beugte sich vor und reichte ihr sein Amulett.
»Nimm das. Bete für uns alle.«
Maria zögerte kurz, ergriff es dann aber dankbar und konzentrierte sich auf die Formeln der einzelnen Gebete. Perle für Perle, wie schon einmal in Montpellier. Als die achte Perle durch ihre Finger glitt, spürte sie, wie das Schlauchboot sich anhob und stärker schaukelte. Maria
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