Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Apocalyptica

Apocalyptica

Titel: Apocalyptica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Graute
Vom Netzwerk:
ein Kind, und ihre Kieferknochen mahlten heftig aufeinander. „Du willst mir keine vernünftige Antwort geben, und ich werde auch nicht mehr danach fragen. Verlasse bitte mein Haus und nimm deine Engelfreunde mit. Ich will dich nie wieder sehen. Das ist mein freier Wille, und der geschehe.“
    Die dunkelhaarige Frau stemmte entschlossen die Fäuste in die Hüften und versuchte, dem Blick der strahlenden Augen des Wanderers standzuhalten, als Schawâ plötzlich in die Wohnstube gestürmt kam und übermütig gegen das Bein ihrer Mutter prallte. Freudestrahlend schaute das kleine Mädchen seine Mutter an und plapperte auch sogleich drauf los: „Wusstest du, dass es in Iberia einen Dungel gibt? Und wilde Hunde, die frei herumlaufen?“
    Vom einen auf den anderen Augenblick war Lâles schlechte Laune wie weggewischt. „Einen Dungel? Du meinst wohl Dschungel.“
    Auf Schawâs Stirn bildete sich eine steile Falte. Sie sah ihre Mutter empört an. „Sag ich doch, Dungel. Da ist alles grün und es riecht gut, nicht so wie hier.“
    Lâle lächelte und strich Schawâ zärtlich über den Kopf. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie der Wanderer sich abwandte und zur Tür ging, um die kleine Hütte zu verlassen.
    „Ich will da hingehen, Ama. Nach Iberia. Die anderen würden auch mitkommen.“
    „Du willst was?“ Lâle glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen. Der Schatten, der in der Tür stand und fast das gesamte Licht aussperrte, das den kleinen Raum durchflutete, blieb abrupt stehen. Lâle starrte ihn an und begriff schlagartig, was eben geschehen war. Die Zeit schien zu gefrieren. Die Frau blendete das wasserfallartige Geplapper ihrer Tochter aus und hörte ihren eigenen, stoßweisen Atem überlaut in ihren Ohren. Als der Wanderer sich zu ihr umdrehte, wusste sie schon, was er sagen würde, bevor er auch nur den Mund aufmachte.
    „Freier Wille, Lâle. Er macht euch aus. Deine Tochter hat sich entschieden.“

    Naphal träumte. Er stand auf einem Hügel und trug die Kleidung eines Feldherrn. Sein matter Harnisch reflektierte die Strahlen einer fahlen Sonne und blendete ihn. Er musste blinzeln und den Arm heben, um sein Gesicht zu beschirmen, scheiterte jedoch bei dem Versuch. Die Ebene unter ihm verschwamm vor Kriegern in prunkvollen, geschwärzten Rüstungen. Die Feldzeichen seines Hauses bauschten sich im steten Wind, der aus dem Osten kam. Die Banner waren wie feurige Schweife eines Kometen, und der Wind riss ständig Fetzen aus dunklem Rauch aus ihnen heraus. Am Himmel zeichneten sich die grotesken, federnbewehrten Schwingen seiner Feinde gegen die tiefstehende Sonne ab und gemahnten ihn an die bevorstehende Schlacht. In ihm regte sich etwas. Wie eine Schlange wand es sich um seine Eingeweide und schien ihm so bedeuten zu wollen, wie wohl es sich in seiner Haut fühlte. Naphal spürte Kälte in sich aufsteigen. Neben ihm hatten sich seine Getreuen eingefunden, doch auch sie konnten ihm in diesem Moment keinen Trost spenden. Als er an seinem Arm hinabblickte, stellte er fest, dass an der Stelle, wo er ihn erwartet hatte, nur ein verdorrter Stumpf war ...
    Mit einem Schrei fuhr Naphal hoch. Es war dunkel, und er hörte noch immer das Meer rauschen. Dennoch war etwas anders, das spürte er sofort. Er brauchte einige Zeit, um sich aus der Umklammerung seines Traums zu befreien und überlegte, ob er es wagen konnte, die Hand nach seinem verwundeten Arm auszustrecken. Die Furcht, sein Traum könnte mehr Wahrheiten enthalten, als er in seinem Zustand verkraften könnte, hielt ihn davon ab. Er versuchte aufzustehen, doch auch dazu fehlte ihm die Kraft. Unter sich spürte er groben Sand. Die winzigen, spitzen Steinchen stachen in sein Fleisch, aber in diesem Moment gab ihm das ein Gefühl von Sicherheit. Er wollte wissen, dass er sich in der Realität befand und nicht mehr im Reich der Träume. Der geflügelte Schatten, der plötzlich über ihm aufzog und jegliches Sternenlicht schluckte, zerriss die relative Sicherheit, in der er sich befand, von einem Augenblick auf den anderen.
    Naphal roch den scharfen Duft von Elektrizität und noch etwas anderem. Mit einem harten, schnarrenden Geräusch endete das tiefe Summen, das sich klammheimlich ins Unterbewusstsein des Jungen geschlichen hatte und ihm erst aufgefallen war, nachdem es erstarb.

    Isabella war außer sich. Seit der Nachricht, dass Naphal verschwunden war und sich anscheinend auch nicht mehr auf dem Gelände ihres Palastes befand, hatte sie mindestens sechs ihrer

Weitere Kostenlose Bücher