Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Apokalypse auf Cythera

Apokalypse auf Cythera

Titel: Apokalypse auf Cythera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
benutzte einen Aufzug und betrat einen Großraumladen. Dort suchte er heraus, was er brauchte. Er zahlte mit Konna Panders Karte und hinterließ eine deutliche Spur.
    Dann mietete Stapen für drei Tage ein Hotelzimmer, bezahlte im voraus und zog sich aus. Zuerst wusch er sein Haar, dann rasierte er sich sorgfältig. Er rieb seinen Körper mit einer selbstbräunenden Paste ein und sah vor dem Spiegel zu, wie die Haut dunkler und glänzender wurde. Dann nahm er das Fläschchen mit dem Speziallack heraus und verschaffte sich ein neues Aussehen.
    Jetzt liefen zwei doppelt fingerbreite Streifen von der Stirn zum Kinn, über die Schlüsselbeine bis zu den Schulterblättern und von dort aus in einer Kurve bis genau zu den Ellenbogen. Zwei weitere Streifen, ebenso breit, begannen spitz am Schienbein und vereinigten sich in der Leistengegend zu zwei barocken Schnörkeln, die im Nabel endeten.
    Langsam zog sich Stapen an. Die Maskerade würde zehn Tage halten.
    Er packte möglichst viel aus der Tragetasche in seine Jacke und die Hosentaschen.
    Er war jetzt, wenigstens sich gegenüber, ein Gejagter.
    Er mußte sekundenschnell fliehen können.

 
5.
     
    Digen Ancyle steckte das Mikrophon in das Gerät zurück, lehnte sich gegen die Polster und zog die langen, schlanken Beine unter sich. Dann klopfte sie mit einem spitzen Fingernagel gegen ihre Schneidezähne.
    »Konna. Du Schuft!« sagte sie.
    Vor ihr stand ein Kelchglas voll Rosato Cannonau, einem schlanken Wein, der betäubend roch. Fünfzehn Millionen Liter Wein stellte Cythera inzwischen her. Nächstes Jahr würden die neuen Weinstöcke Frucht tragen, und dann konnte man daran denken, hervorragende Rotweine zu exportieren. Die mutierten Trauben hatten einen Wohlgeschmack des Weines zur Folge, der Cythera galaxisweit bekannt machen würde.
    »Entweder taucht der Schuft, oder er hat eine Dame an Bord!« sagte Digen.
    Die Chefin des Langzeitprogramms betrachtete sich als beste Freundin Konna Panders. Sie wußte, daß seine Augen wohlgefällig auf anderen Mädchen ruhten, und manchmal auch seine Finger. Aber dies war nichts Ernstes; die Bindung zwischen ihr und Konna war fester.
    Sie tippte gegen das durchsichtige Material der kleinen Schachtel. Der schillernde Käfer, der auf seinem grünen Blatt saß und dessen Strukturen zerstörte, rollte sich blitzschnell zusammen.
    »Dich mache ich zum Zeugen von Konnas Niederlage, du andalasischer Kurzzeitmesser!« sagte Digen.
    Auch dieser Käfer, enoplocerus armillatus brevetempus, war eine Mutation der atomaren Apokalypse. Offensichtlich waren seine Vorfahren bei dem Feuerschlag so erschrocken, daß sie sich zusammenkrümmten. Sie blieben exakt dreihundert Sekunden lang zusammengerollt und öffneten sich dann. Man hatte quantitative Versuchsreihen mit Brevetempus angestellt; die Abweichungen betrugen analog der Gaußschen Glockenkurve nicht mehr als 0,2 ... 0,9 Sekunden.
    Digen verwendete diesen Käfer als glücksbringenden Talisman. Was das Funkgespräch mit Konna Pander betraf, hatte der Käfer schmählich versagt. Sie wiederholte ihren Versuch innerhalb der nächsten dreihundert Sekunden und gab es dann auf. Statt dessen wählte sie eine andere Nummer und sah ein unbekanntes Gesicht auf dem winzigen Schirm.
    »Hier Hafenwache Port Calagrana«, sagte die Stimme. »Mit wem spreche ich?«
    »Digen Ancyle, Langzeitprogramm-Chefin. Ich versuche seit etwa einem halben Tag, die Jacht von Konna Pander zu erreichen.«
    Die Hafenwache erwiderte in verwundertem Tonfall:
    »Wir sehen die Jacht seit neun Tagen unverändert an derselben Stelle. Pander interessiert sich, sagte er uns, brennend für die ...«
    Digen winkte ungeduldig ab.
    »... ich weiß. Für die F17-Generation. Das weiß ich, aber er kann kaum einen halben Tag lang unter Wasser bleiben und seine verblödeten Seegurken anstarren. Ich muß ihn sprechen.«
    Zwei Sekunden Überlegungspause, dann sagte die Hafenwache:
    »Er kaufte eine Menge Proviant und sagte, er wolle nicht gestört werden. Ist es wichtig?«
    Natürlich! Die typische Frage einer Frau, die mit einer anderen Frau sprach.
    »Es ist wichtig. Ich muß ihn sprechen. Können Sie nicht ein Boot hinausschicken?«
    »Ich kann, wenn Sie die Verantwortung übernehmen.«
    »Ich übernehme«, sagte Digen mit einer Geduld, deren Ausmaß selbst sie erstaunte.
    »Gut. Wir schicken ein Boot. Kann ich zurückrufen, gnädige Frau?«
    Digen schenkte dem Mädchen, das sie klein und unscheinbar auf dem Kontrollschirm sah, ein Lächeln

Weitere Kostenlose Bücher