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Apollofalter

Apollofalter

Titel: Apollofalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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französischen Grenze. Sachte, sachte. Alles gar nicht so schlimm. Alles unter Kontrolle. Ich hab alles unter Kontrolle. Egal, ob hoch oder runter. Das Leben ist eine Achterbahn. Da muss man durch. Am besten mit einem Lied auf den Lippen.
    Plötzlich hörte er fremde Töne. Es war nicht sein eigener Gesang, es kam von außerhalb. Eine sirrende Melodie, die an- und abschwoll. Wie bei einer eierigen Langspielplatte. Da war jemand bei ihm im Auto. Der auf ihn einsprach.
    Mach doch mal jemand diese schreckliche Musik aus.
    Wer hat das gesagt? Er will den Stimmen zurufen, sie sollen still sein mit ihrem nervigen Gequatsche. Mit Nachdruck fuchtelt er durch die Luft, macht scheuchende Bewegungen. Der Wagen beginnt zu schlingern. Nein, nicht ins Wasser! Bist du verrückt? Doch nicht in den Rhein! Er reißt das Lenkrad herum. Sieht vor sich eine Mauer. Steine, die fest aufeinandersitzen ... meine Gedanken zerreißen die Schranken und Mauern entzwei ... Die Mauer fliegt auf ihn zu. Schnell, immer schneller. Das Lenkrad! Du musst gegenlenken!
    Es ist alles so schrecklich klar. Er weiß genau, was er tun soll. Und er tut doch das Falsche.
    Verdammt, dachte er noch, verdammt. Er ahnte den hässlichen Aufprall Bruchteile von Sekunden früher, bevor er ihn hörte. Dann war alles dunkel und still.
     

18
    »Was meinst du, sollen wir die Fahndung nach Kilian rausgeben?«, fragte Franca, als sie durch Winningens holprige Gässchen fuhren.
    Hinterhuber schüttelte den Kopf. »Ich hab das Gefühl, den sehen wir bald wieder.«
    »Du glaubst also nicht, dass er sich abgesetzt hat?«
    »Hätte er dann alle seine Sachen dagelassen? Offenbar hat er ja noch nicht mal Wäsche zum Wechseln mitgenommen. Warte mal ab, der taucht spätestens gegen Abend wieder auf. Dann werden uns die Lingats sofort Bescheid geben.«
    Sie hatten Marion Lingat angeboten, einen Polizeipsychologen vorbei zu schicken, doch sie hatte entschieden abgelehnt. Sie käme alleine klar, so wie sie immer alleine klar gekommen sei, sagte sie.
    »Ich würde ganz gern noch Mal am Tatort vorbei fahren«, sagte Franca.
    »Okay.« Hinterhuber bog nach links ab und lenkte den Wagen die August-Horch-Straße hinauf. Hinter dem Ort bog er rechts Richtung Flugplatz ein und fuhr den asphaltierten Weg entlang bis hin zur Polizeiabsperrung.
    Es sah so harmlos aus. Nur das Absperrband war ein Indikator, dass hier etwas Schreckliches passiert war. War es wirklich erst ein paar Tage her, dass sie hier unter einem Bilderbuchhimmel gewalkt war? Und dann das tote Mädchen gefunden hatte. Es kam ihr vor wie in einem anderen Leben.
    Franca stieg die schmalen Steinstufen hoch, die in den nächst höher gelegenen Weinberg führten, der den Lingats gehörte. Sie sah sich die Rebstöcke genauer an. Die Trauben waren erbsengroß und genau so grün wie die Hülsenfrüchte. Ein paar der Reben waren geknickt. Das waren sicher nicht nur Kampfspuren, sondern Frankenstein und seinen Leuten zu verdanken, die zwischen den schieferbedeckten Zeilen nach brauchbaren Spuren gesucht hatten. Fußspuren ließen sich auf solchem Gelände wohl kaum sichern. Sie richtete sich auf und versuchte, den Ort auf sich wirken zu lassen.
    Was hatte sich hier am vergangenen Sonntag abgespielt? Nach dem Essen war Hannah mit Kilian zu einem Rundgang in die Weinberge aufgebrochen. Das hatte er am Tattag bestätigt. Allerdings hatte er behauptet, dass er sich unterwegs von Hannah getrennt habe, weil sie allein in das Brückstück gehen wollte. Ziemlich dünn, diese Behauptung. Und ein Alibi hatte er sicher ebenfalls keines für diese Zeit vorzuweisen. Den ärztlichen Angaben zufolge musste Hannah zwischen zwei und drei Uhr am Sonntag Nachmittag ermordet worden sein. Um halb vier hatte Franca sie gefunden.
    Bei jedem Schritt, den sie vorwärts ging, bewegte sich die Geröllschicht unter ihren Füßen. Hier gab es Fossilien aus der Devon-Zeit, das hatte sie auf einer der Informationstafeln gelesen.
    Sie bückte sich und hob einen Schieferbrocken auf. Daneben auf dem Boden lag etwas. Etwas, das nicht hierher gehörte. Ein zusammengeknülltes Herrentaschentuch. Weiß und braun kariert.
    Sie sah sich nach ihrem Kollegen um. Er war unten geblieben und stand vor dem Heckenrosenbusch.
    »Hubi, kommst du mal?«
    »Was ist denn?«, rief er zu ihr hoch.
    »Hier liegt ein Herrentaschentuch.«
    Sofort kam er die Treppenstufen herauf. Sie zeigte mit der Fußspitze auf das Tuch. Es sah neu aus. Jedenfalls nicht so, als ob es schon sehr lange dort

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