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Apollofalter

Apollofalter

Titel: Apollofalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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meinen, dann sind Sie bei mir gerade richtig.«
    Die Worte weckten etwas auf in seinem Kopf. Stießen auf Widerstand. Alkohol. Wieso Alkohol? Hatte er sich nicht geschworen, nie wieder Alkohol zu trinken? In welchem Leben war das gewesen?
    Er versuchte zurückzudenken. Sich zu erinnern. Doch da war nur ein undurchdringliches Dickicht und flimmernde Leere, die er weder füllen noch deuten konnte.
    »Na, nicht doch noch ’n kleinen Schluck?«
    Er spürte das kalte Porzellan an seinen Lippen.
    »Das tut gut. Nicht wahr, Herr Kilian?« Die weibliche Stimme hatte wieder zu dem ursprünglichen Tonfall zurück gefunden. So wie man mit Kindern sprach. Um sie nicht zu ängstigen.
    Woher wusste sie seinen Namen? Überhaupt, wer war diese Frau? Die Fragen purzelten in seinem Kopf durcheinander, bahnten sich einen Weg nach draußen. »Was ist passiert?«, brachte er krächzend heraus. »Wo ... bin ich?«
    »Im Klinikum Johannishof in Koblenz. Sie hatten einen Unfall.«
    Unfall? Wieso Unfall? Er sah die Schwester verständnislos an.
    »Sie waren mit einem Toyota unterwegs.«
    Mit einem Toyota? Er hatte doch gar keinen Führerschein mehr.
    »War jemand ... dabei?«, versuchte er mühsam zu artikulieren.
    Die Schwester schüttelte den Kopf. »Sie saßen allein in dem Wagen. Können Sie sich wirklich nicht erinnern?« Sie zog die Augenbrauen hoch.
    Langsam, ganz langsam sickerten Bildfetzen in sein Bewusstsein. Zuerst noch schemenhaft, formten sie sich zu immer deutlicher werdenden Erinnerungen.
    Er sieht flimmriges Wasser. So tief, dass es Schiffe tragen kann. Eine Uferstraße. Ein Auto, das am Rhein entlang fährt. Ein blauer Toyota. Er ist der Lenker des blauen Toyota. Neben ihm ein klackerndes Geräusch. Die Glasfläschchen auf dem Beifahrersitz. Seelentröster.
    Gleichzeitig ahnt er den Abgrund, der sich vor ihm auftut.
    Die Erinnerung wurde immer deutlicher. Klarer. Da waren zwei Mädchen am Rheinufer. Sie saßen auf einer Bank und tuschelten. Eine schmale Hand, die spielerisch durch gelocktes Haar fuhr. Ein helles Lachen.
    Hannah. Der Name explodierte in seinem Kopf. Im gleichen Moment begriff er: Hannah ist nicht mehr da. Hannah gibt es nicht mehr.
    Hannah ist tot.
    Dann war alles wieder da. Alles, was er zu vergessen versucht hatte, war wieder gekommen. Man konnte nicht davonrennen. Es holte einen ein. Alle Anstrengung, es aus seinem Hirn zu tilgen, hatte nichts genützt.

20
    »Er hatte einen schweren Unfall. Er ist nicht vernehmungsfähig. Wie oft muss ich das noch wiederholen?«
    Franca hatte ganz vergessen, wie seriös ihr Ex-Mann in seinem weißen Arztkittel wirkte. Wie autoritär er auftreten konnte, hatte sie nicht vergessen.
    »David, bitte. Ich muss ihn dringend sprechen. Er ist wahrscheinlich Schuld am Tod eines Mädchens. So alt wie Georgina. Ich muss Gewissheit haben. Bitte, nur fünf Minuten. Dann bin ich wieder weg.«
    »Ich kann es nicht verantworten, Frankie. Sein Zustand ist instabil. Dieser Unfall hat ihm ziemlich zugesetzt. Nicht nur körperlich.«
    Franca sah auf Davids fleischige Lippen, die sein Gesicht dominierten. Lippen, die sie gern geküsst hatte. Früher, in einem anderen Leben. Er war immer noch ein schöner Mann, obwohl die krausen Haare langsam grau zu werden begannen. Sie konnte sich nicht dagegen wehren daran zu denken, wie sie neben ihm im Bett gelegen hatte. Wie sie aufwachte und in einer zärtlichen Geste sein Kraushaar streichelte. Im Gesicht dieses liebevolle Lächeln. Zwischen der hellen Bettwäsche hatte seine Haut noch dunkler gewirkt. Wie jetzt in seinem Arztkittel.
    »Und wenn du von nichts weißt?« Sie probierte ihr nettestes Lächeln.
    »Franca!« Da war er wieder, der Tadelton. Der sie daran erinnerte, weshalb sie sich getrennt hatten. »Das ist keine Frage von Wissen oder nicht Wissen. Das ist eine Frage der Verantwortung.«
    »Okay, ich hab’s kapiert«, antwortete sie sachlich. »Wann, denkst du, kann ich mit ihm sprechen?«
    »Das kommt darauf an. So was kann man nie im Voraus sagen.«
    »Morgen?«
    Er hob die Schultern. »Morgen. Übermorgen. Je nachdem. Ich gebe dir Bescheid, sobald er einen stabileren Eindruck macht.« Er sah sie mit schräg geneigtem Kopf an. »Hat sich Georgina eigentlich bei dir gemeldet?«, fragte er. »Nach ihrem missglückten Ausflug?«
    Sie nickte. »Debbie muss ihr wohl ordentlich eingeheizt haben.«
    »Ich kann Debbie sehr gut verstehen«, sagte er. Schon wieder glaubte sie, einen kaum versteckten Vorwurf in seiner Stimme zu hören.
    »Ich

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