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Apollofalter

Apollofalter

Titel: Apollofalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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doch auch. Aber du weißt ja, wie Georgina ist. Immer mit dem Kopf durch die Wand«, meinte sie lakonisch.
    »Von wem sie das wohl hat?« Seine Augen glitzerten belustigt.
    »Du kannst auch ganz schön dickköpfig sein«, entgegnete sie.
    »Dann ist das arme Kind ja doppelt belastet.«
    Das war wiederum ein netter Tonfall. So oft hatten sie auf diese Weise miteinander gefrotzelt. Doch irgendwann waren die Töne schärfer geworden. Und dann hatte das, was vorher leicht spöttelnd gesagt worden war, ungeheuer an Gewicht gewonnen.
    »Sie kann’s nicht lassen, mich zu provozieren. Das Letzte, was ich von ihr gehört habe, war, dass sie sich ein Tattoo hat machen lassen.«
    David verrollte die Augen. »Ein Tattoo? Wohin denn um Gottes Willen?«
    »Da, wo es nicht jeder sieht.«
    »Also auch in diesem Fall ganz die Mama«, meinte er mit Blick auf ihren Ausschnitt, hinter dem das kleine Schlangen-Tattoo verborgen war, das er einmal besonders geliebt hatte. Weil diese Körperstelle ausschließlich ihm vorbehalten gewesen war.
    Franca lächelte. Warum sich gegen diese kleinen angenehmen Erinnerungen wehren? »Nachdem ich mich umsonst aufgeregt habe, hat sie mir gestanden, dass es sich um ein abwaschbares Tattoo handelt.«
    »Ein abwaschbares Tattoo? Na, dann bin ich ja beruhigt.«
    »Es scheint ihr in Seattle sehr zu gefallen«, sagte sie. »Sie findet es cool, dass alle sie Georgie nennen.«
    Er lachte auf. »Ich merke schon. Jetzt ist also doch das eingetreten, was wir nie wollten. Dass man ihren Namen verstümmelt.«
    Das elterliche »Wir« war in diesem Fall nicht ganz korrekt. Sie nannte ihre Tochter gern Gina. Weil es so schön kurz war. Doch David hatte immer auf Georgina bestanden. So wie er diesen Namen aussprach mit seinem amerikanischen Akzent, klang er sowieso ganz anders als es die übliche etwas harte deutsche Aussprache zuließ.
    »Doktor Johnson«, eine kräftige Krankenschwester trat auf ihn zu. »Würden Sie bitte in Zimmer einhundertzwölf kommen? Es ist dringend.« Sie warf einen entschuldigenden Blick auf Franca.
    »Okay, ich geh’ dann«, sagte sie.
    »Ich ruf dich an«, rief er hinter ihr her und lief zusammen mit der Schwester mit eiligen Schritten davon.
    Jetzt war der Flur menschenleer. Im Vorübergehen las sie die Namensschilder der Patienten an den Türen. Da lag er! Am Ende des Flurs stand handgeschrieben der Name »Kilian« auf einem Schild. Sie sah sich vorsichtig um, bevor sie leise anklopfte und eintrat. Als sie Kilian im Bett sah mit all den Verbänden und Schläuchen, erschrak sie. Er hatte die Augen geschlossen. Seine Gesichtsfarbe war fahl. Jegliches Leben darin schien erloschen.
    »Herr Kilian?«, fragte sie leise, während sie zu ihm ans Bett trat. »Herr Kilian, können Sie mich hören?«
    Seine Augenlider flatterten.
    Sie zog einen Stuhl heran und setzte sich. Solche Gespräche führte man besser in Augenhöhe. »Wie geht es Ihnen?«, flüsterte sie. Immer schön höflich sein. Und nicht mit der Tür ins Haus fallen. Obwohl sie das gerne getan hätte, um endlich eine Antwort zu haben. Sie bezähmte ihre Ungeduld. Auch ein mutmaßlicher Mörder hat verdient, menschlich behandelt zu werden. Und jeder Mensch hat als unschuldig zu gelten, bis ihm das Gegenteil bewiesen werden kann. Gesetzesworte. Na ja.
    Er öffnete kurz die Augen. Ein flatteriger Blick traf sie. Wie das Todeszucken eines sterbenden Vogels.
    »Sie hatten einen schweren Unfall.«
    Er bewegte die Lippen. Ein paar unartikulierte Töne kamen heraus.
    »Was haben Sie gesagt? Ich verstehe nicht.« Sie hielt ihr Ohr näher an seine Lippen.
    »Es ... tut mir ... leid«, versuchte er zu formulieren.
    »Was tut Ihnen leid?«, wollte sie wissen. Ihr Herz klopfte. Am Ball bleiben. Mensch, so nah war sie dran.
    Wieder bewegte er mühsam die Lippen. Mist, sie verstand ihn nicht.
    »Herr Kilian? Können Sie noch mal wiederholen, was Sie gesagt haben?«
    Die Augenlider flatterten. »Ich ...«, er schluckte, sein Adamsapfel unter den grauen Bartstoppeln bewegte sich. Zwischen dem unartikulierten Gemurmel war ein Wort deutlich zu verstehen. »Schuld.«
    Sie beugte sich noch näher zu ihm hin. »Was haben Sie gesagt? Sie sind Schuld? Woran? An Hannahs Tod? Ist es das, was Sie mir sagen wollen? Herr Kilian?«
    Er stöhnte auf. Es klang, als ob er große Schmerzen habe.
    »Was tun Sie hier?« Eine Schwester hatte den Raum betreten. Groß und drohend stand sie im Türrahmen.
    »Ich bin Polizistin«, sagte Franca und stand auf. Sie ging der

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