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Apollofalter

Apollofalter

Titel: Apollofalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ganze Weile weinte sie vor sich hin, unterbrochen von einigen leisen Schluchzern. Dann stand sie auf, suchte ein Taschentuch und schnäuzte sich.
    »Wissen Sie, was ich in den letzten Tagen oft gedacht habe? Man lebt vor sich hin und schuftet und schuftet. Nie ist Zeit für ein Gespräch. Immer geht die Arbeit vor. Und trotzdem ist es nie genug, was man tut. Obwohl man sich abhetzt wie blöd, bleibt viel zu vieles unerledigt. Aber wenigstens ist die Familie vollzählig. Keiner fehlt. Keiner ist krank. Allen geht es soweit gut. Und dann, plötzlich, von einem Tag auf den anderen, ist einer davon nicht mehr da. Ein Kind, das vorher ganz selbstverständlich bei uns war, fehlt. Das ist es, was ich einfach nicht begreifen kann.« Geräuschvoll zog sie Luft durch die Nase. »Dort in diesen Sessel hat sie sich immer gelümmelt. Wie oft hab ich sie getadelt, weil sie die Schuhe anließ. Ich könnte mich ohrfeigen, wenn ich daran denke, was ich Hannah manchmal für einen Scheiß vorgeworfen habe. Und wie selten ich ihr gesagt habe, was für ein tolles Mädchen sie ist. Und jetzt ist es dafür zu spät.« Mit der bloßen Hand wischte sie sich über das Gesicht. »Ich wollte immer eine bessere Mutter sein, als es meine Mutter für mich war. Egal, wie ich mich auch angestrengt habe, nie konnte ich es ihr recht machen«, stieß sie hervor. »Und dann hab ich bei Hannah die gleichen Fehler gemacht.« Sie zog die Nase hoch. Wie ein Kind kam sie Franca jetzt vor. Ein verängstigtes kleines Kind. »Mutter hat immer nur kritisiert. Ein Lob kam so gut wie nie über ihre Lippen. Und wenn ihr was nicht in den Kram gepasst hat, dann hat sie sich in eine andere Welt zurückgezogen und irgendeine Krankheit vorgeschützt. Dabei kenne ich keinen gesünderen und robusteren Menschen als Mutter. Aber es ist ja so viel einfacher zu flüchten, als sich mit den Tatsachen auseinander zu setzen.« Ihre Worte waren voller Bitterkeit. »Und jetzt fängt sie auch noch an, Herrn Kilian zu verdächtigen. Sie kann offenbar nicht anders als mit Gott und der Welt hadern. Wenn Sie mich fragen: Meine Mutter hat ein massives Problem mit Männern. Das verstellt ihr den Blick auf die Realität. Bis jetzt hat sie noch jeden vergrault, der auch nur annähernd Anstalten machte, an einer von uns interessiert zu sein.«
    »Sie meinen also, dass Herr Kilian über jeden Verdacht erhaben ist?«, äußerte Franca mit hörbarer Skepsis.
    Marion Lingat sah sie mit ihrem verheulten Gesicht an. Es sah zum Gotterbarmen aus. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Hannah auch nur ein Haar gekrümmt hat. Er hat sich rührend um sie gekümmert. Und Hannah hat voller Begeisterung von ihm gesprochen. Es ist schon richtig, dass die beiden oft zusammen waren. Aber mein Gott, er war für Hannah ein Vaterersatz. Das kann man doch verstehen. Schließlich musste sie ohne Vater aufwachsen.«
    Franca erinnerte sich an das Gespräch mit den Schülern. Die behauptet hatten, Hannah wisse nicht, wer ihr Vater sei. »Was für eine Beziehung hatte Ihre Tochter zu ihrem leiblichen Vater?«
    Marions Blick traf sie wie ein Speerstich. »Überhaupt keine«, stieß sie hervor.
    »Wollen Sie damit sagen, Hannah wusste nicht, wer ihr Vater ist?«, fragte Hinterhuber.
    »Das geht niemanden etwas an. Und es spielt absolut keine Rolle.« Von ihrer vorherigen Offenheit war nichts mehr zu spüren.
    Franca merkte, dass sie mit dieser Frage in ein Wespennest gestochen hatten.
    »War es einer jener Männer, die Ihrer Mutter nicht gut genug waren?«, fragte sie nach einer Weile.
    »Ausnahmsweise nicht.« Marion lachte böse. »Dafür hat sie mir während der Schwangerschaft das Leben zur Hölle gemacht.«
    »Aber später hat sie Hannah schon akzeptiert, als sie da war, oder?«, fragte Franca.
    »Ja. Natürlich.« Es klang unwirsch. »Aber es hat ziemlich lange gedauert, bis sie das Kind zum ersten Mal auf den Arm genommen hat.« Marion biss sich auf die Lippen. »Ich habe sie öfter beobachtet, früher, wenn sie am Bettchen der Kleinen stand. Da war ein Ausdruck in ihrem Gesicht, den ich selten bei ihr gesehen habe. So weich und liebevoll. Ich frage mich nur, warum sie diese Seite ihres Wesens immer vor uns versteckt hat.« Marion fuhr sich erneut über die Augen. Dann wandte sie Franca ihr Gesicht zu, in dem sich so viel Verletztheit spiegelte.
    »Glauben Sie nicht, dass Hannah ihr genauso fehlt wie Ihnen?«, fragte Franca leise.
    Marion hob die Schultern. »Aber warum spricht sie denn nicht mit mir

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