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Apollofalter

Apollofalter

Titel: Apollofalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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versteht.« Sie nickte Franca und Hinterhuber kurz zu und setzte sich auf einen Sessel gegenüber ihrer Tochter.
    »Ach, hör doch auf, Mutter, dir war nie einer gut genug. Wie war das denn, als Irmchen den Pawel heiraten wollte? Wie du dich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hast. Polen sind Arbeiter, hast du gesagt. Keine Männer zum Heiraten.« Marion schien aus ihrer Apathie erwacht. Bereit, den Kampf mit ihrer Mutter aufzunehmen.
    »Das stimmt doch auch«, erwiderte diese mit Nachdruck. Sie wartete einen Moment, doch als niemand etwas entgegnete, fuhr sie fort: »Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe nichts gegen die Polen. Sie sind fleißige Arbeiter. Wir brauchen sie. Aber es ist doch ein vollkommen anderer Kulturkreis, nicht wahr? Hier gehört ein Fachmann her. Eine Respektsperson. Ich bitte dich, Marion, der Pole war Hilfsarbeiter. Sprach nur ein paar Brocken Deutsch. Was macht denn das für einen Eindruck?«
    »Es ging doch auch um Irmchens Gefühle.«
    »Pah, Gefühle!«, erwiderte die Alte verächtlich. »Von Gefühlen ist noch keiner satt geworden.«
    »Vom Kopf-in-den-Sand-stecken auch nicht.«
    Da war er wieder, der Misston. Den Franca schon öfter bei den Unterhaltungen zwischen den Lingats herausgehört hatte.
    Doch die Seniorin fuhr mit ihrer Rede fort, als ob sie Marions Einwurf nicht gehört hätte. »Auf einem Weingut müssen manche Dinge von Männern erledigt werden. Frauen können eben nicht alles. Und damit kann man nicht immer fremde Leute beauftragen. Das muss jemand aus der Familie sein. Aber was tun, wenn man zwei Töchter hat und keine davon Anstalten macht, zu heiraten? Früher, als mein Mann noch lebte, da florierte das Gut. Da hatten wir regelmäßig Spitzenweine vorzuweisen«, lamentierte die alte Frau Lingat und begann, eine bessere Vergangenheit heraufzubeschwören.
    »Unsere Weine können es allemal mit denen der anderen aufnehmen«, unterbrach sich Marion. »Hast du vergessen, dass wir vor zwei Jahren die August-Horch-Edition bekommen haben?«
    »August-Horch-Edition? Was bedeutet das?«, wollte Franca wissen.
    »Neumodischer Kram!«, erwiderte die Alte wegwerfend.
    »Jedes Jahr werden die Weine einiger Winninger Winzer blind verkostet«, erklärte Marion geduldig. »Der beste erhält die August-Horch-Medaille.«
    Franca wagte nicht zu fragen, wer August Horch war. Den Namen hatte sie zwar schon mal auf einem Straßenschild gelesen, aber sie konnte damit nichts anfangen. Sicher irgendeine regionale Berühmtheit.
    Ihr Blick streifte Marion. Die Arme fest um ihren Körper geschlungen, saß sie in ihrem Sessel. Als ob sie sich von ihrer Mutter abschotten wollte. Irgendwo ganz weit weg. Vor allem weg vor einer Mutter, die keinen Funken Verständnis für die Nöte ihrer Tochter aufbrachte.
    Franca ahnte mit einem Mal, dass mit Hannah nicht nur Marions Tochter gestorben war, sondern ihre gesamte Zukunft.
     
    »Weißt du, was es mit diesem August Horch auf sich hatte?«, fragte Franca, als sie im Auto neben Hinterhuber saß.
    »Das ist der Gründer der Audi-Werke. Sag bloß, das weißt du nicht?« Er runzelte die Stirn und warf ihr einen verwunderten Seitenblick zu. »Audi ist lateinisch und heißt übersetzt: ›Horch!‹, also der Imperativ von ›hören‹. Der Vorläufer von Audi ist übrigens Horch. Benannt nach ebendiesem August.«
    »Und der ist also in Winningen geboren«, sagte sie. »Was du alles weißt.«
    »Tja, es scheint eben doch was dran zu sein.« Er grinste vor sich hin.
    »Was meinst du?«
    »Dass die Bayern eine gründlichere Bildung haben als die Rheinland-Pfälzer.«
    »Angeber!« Sie knuffte ihm lachend in die Seite.
    »Ich weiß es von Ingrid«, sagte er nach einer Weile.
    »Was?«, fragte Fraca, die immer noch mit ihren Gedanken bei den Lingats war.
    »Na, dass August Horch der Gründer der Audi-Werke ist. Wir waren mal zusammen im Winninger Heimatmuseum. Dort wird man ausführlich darüber informiert.«
    »Ach.« Franca grinste. »Dann ist es also doch nicht soweit her mit der gründlichen Allgemeinbildung der Bayern? Wenn sie sich ihr Wissen vor Ort aneignen müssen.«
     
     

23
    »Was gibt’s denn, Herr Kilian. Sie hatten geklingelt.« Die Stimme der älteren Krankenschwester klang ungeduldig. Als ob sie in großer Eile sei.
    »Ja ...«
    »Und? Wo brennt’s denn?« Sie sah ihn auffordernd an.
    Wieder eine der Frauen, die ihn einschüchterten und verstummen ließen. Vorhin hatte er eine sehr klare Vorstellung von dem gehabt, was er wollte. Nun

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