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Apollonia

Apollonia

Titel: Apollonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Held
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Schuldigkeit tun, weil Apollonia ihnen das halbe Haus geräumt hatte und sie sich unten knäulen mussten. Es war nicht mehr als recht und billig, dass Luise Auguste Nowak sich den Nähkasten griff und den Blusenärmel schnappte und ein paar Stiche machte und dann das Maßband holte und Apollonia um die Taille griff und ihr nebenbei im Modeheft schöne Kleider zeigte, wofür sie die Schnittmuster hatte.
    Derweil war es Wilhelmine Wratzlaff schon ganz schwindelig, und sie erklärte meinem Großvater Klemens, wie herrlich und großartig unser neuer Führer sei und dass man ihm bedingungslos folgen müsste und sie könnte sich gerade umbringen für ihn. Der vierzehnjährige Jakob aber aß ein gebratenes Brot nach dem anderen und gebratene Blutwurst dazu und hatte auch nichts dagegen, noch zwei Eier in die Pfanne zu hauen, und probierte gleichfalls einen Schnaps, während nebenan Marianne im großen Bett meines Großvaters versank und schlief, und die Schweine grunzten im Stall.
    Klemens sagte, Wilhelmine sei wohl nicht ganz bei Trost, denn der neue Führer mache zwar den Steinbruch wieder auf und baue den Arbeitsdienst, aber er würde den Marienverein verbieten und die Triumphbögen, und Fahnen an Fronleichnam sollten bald nicht mehr erlaubt sein, und den Dernbacher Schwestern hätten sie die Fensterscheiben eingeschmissen; da sei doch was nicht rechtens bei der Sache! Der Hitler wollte bloß Krieg, das könne man doch hören, bloß wieder Krieg! Wilhelmine Wratzlaff aber meinte, wir müssten alle hinter dem Adolf stehen wie ein Mann, und mein Großvater sagte: Wofür, er brauche keinen Krieg! Und Wilhelmine fand, so was dürfe der Klemens nicht sagen, das sei gegen die Sache, und wenn er so an unserem herrlichen Führer herummeckere und schlechte Reden über ihn führe, dann könnte er eingesperrt werden. Und mein Großvater meinte, unter seinem eigenen Dach dürfe er ja wohl reden was er wolle und wenn ihr das nicht passe, könne sie aus seinem Haus verschwinden!
    Da sagte Wilhelmine Wratzlaff:
    – Dat könnt dich so passen, woll, dat is getz ma’ so, datt der Führer dat so bestimmt hat, dat is getz unsern Reich hier ohm, un da kannze dich auf’n Kopp ställen, da wer’n mir dich noch auf’m Kopp drauf rum tanzen!!
    Da hob mein Großvater Klemens die Pfanne und schleuderte Wilhelmine Wratzlaff die Eier mitten ins Gesicht. Luise und Apollonia und Jakob schrien, und Marianne wurde wach und schrie auch, und die Kühe muhten im Stall.
    Datt wäre unerhört und eine Frechheit, schimpfte Wilhelmine, und Luise meinte, sie müsse sich ja auch nicht so aufführen und so frech sein. Das sei schließlich das Haus vom Klemens und Apollonia, und sie seien nur zur Miete, und Jakob sagte genau, und bekam von Wilhelmine eine Ohrfeige, während sie sich noch die Eier aus dem Gesicht wischte.
    Meine Großmutter Apollonia aber freute sich, dass mein Großvater der Wilhelmine die Eier ins Gesicht geworfen hatte, nicht wegen der Partei, sondern nur so. Da konnte man mal ordentlich lachen, und er hatte wieder einen Stein im Brett bei ihr. Trotzdem hatte sie die schönen Kleider aus dem Modeheft im Kopf und wollte es sich nicht ganz mit den Ruhrpottwitwen verderben. Ihre eigenen Kleider waren gar so zerschlissen, sie wünschte sich ein neues Sommerkleid und eine schöne Bluse oder ein Kleidchen für Marianne. Daher verständigte sie sich stumm mit Luise, und beide nickten sich zu, und Wilhelmine kippte ihren Schnaps herunter und goss sich noch einen nach, bevor sie beleidigt nach oben ging und lautstark überlegte, das alles dem Heinrich oder dem Fredo zu melden. Oder dem Feldmeister Schröder oder dem Obertruppführer Vogler, wenn sie ihn morgen sah. Denn morgen gab es wieder karierten Stoff zu holen, um Vorhänge zu nähen für die Baracken und für das funkelnagelneue Kasino vom Reichsarbeitsdienst. Sie musste sich das sehr überlegen. Das ging nämlich echt zu weit. Mit Eiern werfen. Der Klemens, was für ein Unhold und ein Grobian. Beim nächsten Mal haute sie ihm gleich die Schnapsflasche über die Rübe, das war ja mal klar, woll.
    Auf dem Haselbacher Feld standen nun die neuen Baracken, und einige alte Gebäude von der ausgeschöpften Braueisengrube wurden auch hergerichtet und dazu die prächtige Villa der ehemaligen Steinbruchbesitzer auf der anderen Seite, und alles zusammen war für den Reichsarbeitsdienst.
    25 Pfennich ist der Reinverdienst, ein jeder muss zum Arbeitsdienst – und dann zum Militär.
    Und alsbald sah man

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