Apple - Die Geburt eines Kults
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Der Ausschuss gab aber nicht nur Verlautbarungen heraus, die vor gutem Willen nur so strotzten, sondern er drängte das Unternehmen auch zu konkreten Maßnahmen. Apple begann, wöchentliche Mittagessen zu veranstalten, bei denen sich Mitarbeiter mit gehobenen Managern und Vice Presidents treffen konnten. Und Markkula bemühte sich zielstrebig, die Leute wissen zu lassen, dass sie zu ihm kommen und ihre Sorgen und Nöte loswerden konnten. Er hörte mehr als alle anderen zu, wenn Menschen aus den untersten Ebenen des Unternehmens gegen Entscheidungen der Unternehmensleitung argumentierten. Andere Türen blieben hingegen verschlossen. Über Jobs und Scott sagten manche Kollege in dem ungeschminkten Jargon des Silicon Valley, sie seien keine „geselligen Menschen“.
Der Versuch, einem Unternehmen, in dem der Geist der Gründer so stark spürbar war, ein Wertesystem einzuflößen, war schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Auch wenn Apple so groß war, dass sich die Gründer nicht in allen Ecken und Winkeln sehen ließen, so war es doch klein genug, dass sich Gerüchte über ihr Verhalten, Gerede über ihre Leistung und ihr allgemeiner Ruf tiefgreifend auf den Ton auswirkten, der im Unternehmen herrschte. Sie waren wandelnde Plakatwände. Und wenn ihre Taten oder Worte den seligmachenden Standards, die vom Kulturausschuss gepredigt wurden, nicht gerecht wurden, lähmte dies die gesamten Bemühungen.
Man durfte Kultur nicht mit Demokratie verwechseln, und in dem Unternehmen sprach das zwar sicher niemand aus, aber die „Apple Values“ enthielten mehr als nur einen Hauch unternehmerischen Totalitarismus. Einer der vehementesten Verfechter der „Apple Culture“ war Trip Hawkins, ein Absolvent der Stanford Business School, der damals Ende 20 war. Er erklärte die Bedeutung der Unternehmenskultur in militärischen Begriffen: „Wenn man eine starke Kultur hat, muss man die Menschen nicht so genau überwachen und man braucht nicht so viele Regeln, Vorschriften und Prozeduren, weil dann alle auf die gleiche Art denken und auf Situationen gleichartig reagieren. Das hilft einem, effektiver zu delegieren. Man kann zum Beispiel einen Haufen Marines unter Beschuss am Strand aussetzen, und die rennen wirklich den Strand hinauf. Unternehmen, die keine starke Kultur haben, können nichts schnell machen.“
Jobs fand die Theorie von der Unternehmenskultur bestimmt verführerisch, aber er hatte mehr für Taten übrig, die sofort greifbare Resultate bringen. Sicher wollte er Apple zu einem angenehmen Arbeitsplatz machen. Er beschrieb enthusiastisch seinen Plan für eine aktuelle Version einer Unternehmensstadt, die er „Supersite“ nannte und in der sich Büros und Wohnhäuser mischten. Er hoffte, das würde Apple helfen, junge Ingenieure einzustellen, die sich die Häuserpreise in Kalifornien nicht leisten konnten. Sie würden dadurch einen Fuß auf den Boden bekommen und mit der Gegend vertraut werden. In verträumten Momenten malte er das idyllische Bild eines Unternehmensparks, wo im Schatten großer Bäume Besprechungen abgehalten und Programme geschrieben würden.
Ursprünglich war Jobs für flexible Arbeitszeiten gewesen, die den Ingenieuren und Programmierern die Freiheit gaben, entweder zu Hause oder im Büro zu arbeiten. Als dies jedoch nicht die notwendigen Resultate brachte, schickte er einer Gruppe, die er leitete, ein Memo, in dem es hieß: „Als ich vollkommen flexible Arbeitszeiten akzeptierte, geschah das in der ausdrücklichen Annahme, dies wäre die effizienteste Möglichkeit, damit die Arbeit in sehr professioneller Qualität erledigt wird. Diese Gruppe hat diese Qualität in den letzten 60 Tagen nicht bewiesen […]. Ab morgen […] müssen alle um 10.00 Uhr anwesend sein. Ohne Ausnahme.“
Manche, die unter Jobs arbeiteten, fanden ihn schwer zu ertragen. Der Publikationsmanager Jef Raskin, der bis April 1981 bei Apple arbeitete, sagte dazu: „Er ist außerordentlich verführerisch. Er hätte einen hervorragenden König von Frankreich abgegeben.“ In einem vierseitigen Memo an Michael Scott mit dem Betreff „Für/mit Steve Jobs arbeiten“ schlug Raskin vor, Jobs solle „eine Management-Schulung machen, bevor er weitere Projekte managen darf “. Raskin beschwerte sich: „Zwar sind die Positionen, die Herr Jobs im Hinblick auf Managementmethoden vertritt, alle nobel und ehrenwert, aber in der Praxis ist er ein grauenhafter Manager. Das ist so ein unglücklicher Fall, wo jemand mit
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