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Apple - Die Geburt eines Kults

Apple - Die Geburt eines Kults

Titel: Apple - Die Geburt eines Kults Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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Auf einmal waren wir ein Unternehmen wie alle anderen.“ Bruce Tognazzini fand, dass der schwarze Mittwoch wie eine Scheidung war. „Er war das Ende vieler Dinge. Er war das Ende der Unschuld. Er war das Ende der Loyalität. Er läutete eine Ära unglaublicher Angst ein.“
    In den Wochen nach dem schwarzen Mittwoch tauchte an diversen Schwarzen Brettern ein anonymes Rundschreiben auf, das viele für übertrieben hielten: „Wir gründen eine Gewerkschaft namens Computer Professionals Union (CPU), damit wir die Unternehmensleitung von Apple im Zaum halten können. Was sie am meisten fürchtet, ist gemeinschaftliches Handeln der Mitarbeiter; sie geht nach dem Motto „teile und herrsche“ vor und droht mit wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen. Wenn wir uns vereinigen, kommt sie damit nicht durch! Apple war einmal ein guter Arbeitsplatz; das Management predigt uns den ‚Geist von Apple‘; zeigen wir denen, was echter Geist ist und lassen sie ihn schlucken!“

    Für Scott wurde der schwarze Mittwoch zur Katastrophe. Er hatte sich dadurch den Ruf einer fast körperlichen Rücksichtslosigkeit erworben. Aber hinter seinem groben Verhalten stand eine sanfte, bedächtige, romantische Ader, die hinter einer verletzlichen Schüchternheit versteckt war. Er war eine Kreuzung aus Weihnachtsmann und Schreckgespenst. Manche alteingesessenen Apple-Mitarbeiter dachten, niemand würde sich mehr um sie kümmern als Scott. Er hatte einen Hang zum Luxus und neigte dazu, unter dem geringsten Vorwand eine Party zu geben. Er hatte bei mehreren Gelegenheiten ein Kino gemietet und Freunde und Apple-Mitarbeiter mit eleganten Karten zu Special Previews der Weltraumepen von George Lucas eingeladen. Als die Gäste ins Kino kamen, stand Scott am Eingang und überreichte ihnen weiße Rosen. Bei einer Weihnachtsfeier von Apple hatte Scott das Motto „Seefahrt“ ausgegeben und erschien dementsprechend in einer eng anliegenden Kapitänsuniform samt Schirmmütze. Bei einer anderen Gelegenheit schickte er ein Memo herum, das ein paar Dutzend Leute, die auf einer Messe gearbeitet und einen Kinoausflug verpasst hatten, in das Vorstandszimmer bestellte. Die meisten befürchteten das Schlimmste und kamen zitternd vor Angst zu der Versammlung, merkten dann aber, dass Scott etwas anderes im Schilde führte. Er geleitete sie zu einem Bus, der sie in ein Kino brachte, wo Kellner in roter Livree ihnen Horsd’œuvres und Champagner kredenzten.
    Allerdings waren Scotts dunklere Seite und sein makabrer Humor auffallender. Als ein Computer der Digital Equipment Corporation, der die Hauptsäule des Management-Informationssystems von Apple bilden sollte, nicht pünktlich ankam, schickte er dem Präsidenten des viel größeren Unternehmens einen Trauerkranz mit einer Karte, auf der stand: „Damit Sie wissen, was ich von Ihren Lieferversprechen halte.“ Er hatte wenig Geduld für langwierige Diskussionen im Führungsstab über die Frage, ob Apple seinen Mitarbeitern neben dem normalen auch koffeinfreien Kaffee anbieten sollte. Es ärgerte ihn, dass die Vertriebsleute Mittelklassewagen anstatt Kompaktautos fuhren, und es störte ihn, dass Führungskräfte erster Klasse fliegen durften. Auch schob Scott die Unterzeichnung von Schecks hinaus, die dringend seiner Unterschrift bedurften, um seinen Untergebenen eine Botschaft zu vermitteln und ihnen zu zeigen, wer der Boss war. Die Gartengestaltung stand auf der Liste seiner Prioritäten ebensowenig ganz oben wie Diskussionen darüber, wie viele Quadratmeter die einzelnen Büros haben sollten. Er wollte seinen eigenen Managementstil einführen und verlangte sogar, dass alle Vizepräsidenten ihre Titel aufgaben. Der Stil seiner Memos war abgehackt. Als er beweisen wollte, dass die Zeit des Computers gekommen war, gab er ein knappes Memo heraus, das alle Schreibmaschinen verbannte. Darüber stand in Großbuchstaben: DAS SOLLTEN AM BESTEN ALLE LESEN. Außerdem gab er ein Memo mit folgenden Anweisungen aus: „Keine Unterhaltungen in den Gängen zwischen den Schreibtischen. Keine Unterhaltungen im Stehen.“
    In den Wochen vor dem schwarzen Mittwoch arbeitete Scott härter als je zuvor. Außerdem behinderte ihn eine schwere Augeninfektion, von der die Ärzte befürchteten, sie könnte ihn blind machen, sodass ihm seine Sekretärin Sherry Livingston die Post laut vorlesen musste. Nachdem Scott den für das Ingenieurwesen zuständigen stellvertretenden Generaldirektor von Apple gebeten hatte, sein Amt niederzulegen,

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