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Apple - Die Geburt eines Kults

Apple - Die Geburt eines Kults

Titel: Apple - Die Geburt eines Kults Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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Garagenbetrieb mit lauter komplizierten und dickköpfigen Personen in ein börsennotiertes, multinationales Unternehmen mit mehreren Divisionen zu verwandeln, das einen jährlichen Umsatz von rund 300 Millionen Dollar erzielte. So mancher bei Apple dachte, er wäre das Opfer ungerechter Behandlung und einer üblen Verschwörung. Der Hardware-Ingenieur Wendell Sander fand: „Im Rückblick konnte er nicht so gut sein, wie er es mit seiner Voraussicht war.“ Der Venturecapitalist Don Valentine betrachtete Scotts Unternehmensführung unter den rund 70 Unternehmen, in die er investiert hatte, als die erfolgreichste von allen.
    Markkula erklärte dazu, Scotts Entlassung sei „eine Frage des Führungsstils. Scottys Führungsstil ist sehr diktatorisch und war in den frühen Entwicklungsstadien des Unternehmens wirklich gut, und ich hatte gehofft, er würde seinen Stil im Zuge des Wachstums des Unternehmens ändern.“ Als sich Scott verabschiedete, nahm er auch den Faden der Disziplin mit sich, der sich durch das Unternehmen gezogen hatte – die freudige Bereitschaft, harte Entscheidungen zu fällen, und die Lust daran, Jobs in eine Unternehmenszwangsjacke zu stecken.
    Unter den Flüsterern von Apple – welche die Leistungen von Scott nie auch nur annähernd verstanden hatten – machte sich eine oberflächliche Freude breit. Vor Außenstehenden wurde das Ausmaß der Veränderung durch ein nichtssagendes Rundschreiben verschleiert, in dem von einer Umbesetzung die Rede war. Markkula übernahm Scotts Pflichten als Präsident, während Jobs Markkulas Platz als Vorsitzender einnahm. Für Scott blieb Jobs’ freigewordener Titel des Vizevorsitzenden übrig. „Was wir beschlossen haben“, verkündete das Memo, „ist eine Rotation der Zuständigkeiten an der Spitze der Organisation, um die Fähigkeiten und Energien jedes einzelnen auf neue Art und Weise zu nutzen.“ Das Memo war so gesichtslos und die Veränderung war so diskret, dass der Venturecapitalist und Direktor Arthur Rock dem Vizepräsidenten für Kommunikation sogar ein Kompliment dazu machte, wie mit den Dingen umgegangen wurde. Nachdem Scott gebeten worden war, zurückzutreten, versuchten Jobs und einige andere, das dadurch wieder gutzumachen, dass sie ihn fragten, ob er die Umstellung zu einem größeren Management-Informationssystem federführend leiten würde. Ein paar Wochen lang blieben die kosmetischen Änderungen bestehen. Scott hielt sogar noch eine Präsentation über Vorschläge für ein neues Computersystem, aber schließlich knickte er ein und schickte einen abschließenden wütenden Brief ab, in dem er seinen Unmut über „Heuchelei, Jasager, tollkühne Pläne, eine Einstellung nach dem Motto ‚Rette deinen Arsch‘ und den Aufbau von Pfründen“ äußerte.
    Aber der Abschied war für Scott verheerend. In seinen dunkelsten Momenten dachte er über den Versuch nach, zu belegen, dass man sich seine Autorität zu Unrecht angeeignet hatte, und träumte davon, zu Apple zurückzukehren und alle Vizepräsidenten zu feuern. Rod Holt erkannte das Ausmaß von Scotts Bindung an Apple: „Scotty hatte sein ganzes Leben an Apple Computer geknüpft. Er konnte sonst nirgends hingehen. Scotty arbeitete immer. Das ließ ihm keinen Spielraum für emotionalen Stress, eine Sauftour oder einen Kater.“
    Obwohl Scott die fünftgrößte Beteiligung an dem Unternehmen besaß, blieb er bei zugezogenen Fenstern in seinem Ranchhaus, das ein paar Minuten Autofahrt von Apple entfernt war. Eine Zeit lang ging er nicht ans Telefon. Wenn ihn jemand besuchte, sagte er zwar, es gehe ihm gut, aber bei einigen Sympathiebekundungen, die bei ihm eintrafen, machte er sich nicht einmal die Mühe, auf sie zu reagieren. Noch Monate danach bekam Scott einen mürrischen Gesichtsausdruck und wurde verdrießlich und lustlos, wenn das Gespräch auf Apple kam. Seine Lebensgeister wurden fast nur dann geweckt, wenn er bewies, dass er immer noch alle Bauteilnummern des Apple II wusste. Aber meistens schlief Scott lange, fütterte seine Katzen, streckte sich auf einer riesigen Couch aus und sah auf einem Bildschirm fern, der an der Decke seines Wohnzimmers aufgehängt war. Er spielte Orgel, hörte Wagner, wimmelte Anrufe von seinem Broker ab und fuhr gelegentlich zu einer Müllkippe in der Nähe, wo er Raketenmodelle aus Kunststoff in den Himmel schoss. Damals sagte er immer wieder: „Apple war mein Baby.“
    Bei den Leuten, die Scott gut kannten, herrschte eine Mischung aus Verlegenheit,

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