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Apple - Die Geburt eines Kults

Apple - Die Geburt eines Kults

Titel: Apple - Die Geburt eines Kults Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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bestimmte Chips auf Temperaturen gebracht, bei denen häufiger Fehlfunktionen auftraten. Smith war zu dem Schluss bekommen, dass das Problem bei dem größten Chip auf der Platine lag, dem 68000-Mikroprozessor von Motorola.
    Der 68000er und die anderen Chips auf der Platine waren Früchte der anhaltenden Fortschritte der Halbleitertechnologie. Der 68000er war ein 16-Bit-Mikroprozessor und daher hatte der Mac etwa zehnmal so viel Rechenleistung wie der Apple II, obwohl er nur halb so viele Chips enthielt. Smith verglich den Komplexitätsunterschied gern damit, dass man sich erst ein normales Baseballspiel anschaut und dann versucht, dem Geschehen in einem Spiel zu folgen, in dem acht Batter gleichzeitig zu 54 Outfieldern schlagen. Er schwitzte und ließ immer wieder Frames am Logikanalysator aufblitzen, um das nächste elektronische Signal vom Taktgeber zu untersuchen. Er sagte: „Wenn man sich lange genug durch den Designraum arbeitet, lernt man seine Eigenarten kennen.“
    Mancher Apple-Mitarbeiter fand, in dem Mac-Projekt würde sich eher eine Ansammlung persönlicher Eigenarten als irgendein großartiger Entwurf niederschlagen. Einen Plan von napoleonischen Ausmaßen gab es nicht. Vielmehr bildeten Fehlstarts, Irrwege, Fehler, Experimente, Aufruhr und Konkurrenz den Stoff, aus dem die Maschine war. Wie bei anderen Produkten, die auf technischen Fortschritten, den plötzlichen Kursänderungen eines schnell wachsenden Unternehmens und den persönlichen Neigungen verschiedener Manager beruhen, hatte sich Apple beim Mac schon seit mehreren Jahren vorgetastet. Fast zwei Jahre lang war das Projekt in einem Zustand, in dem es durch den Weggang eines Programmierers oder durch das Auftauchen eines fehlerhaften Prototyps hätte scheitern können. Hertzfeld, der die Aufs und Abs sowie die Verzögerungen der Präsentation beobachtet hatte, zog daraus seine eigenen Schlussfolgerungen über die Messung von Fortschritten: „Die Zeit bis zur Fertigstellung ist eine Konstante.“

    Der Anfangspunkt entpuppte sich als einziger sicherer Bezugspunkt. Mitte 1979 wurde Jef Raskin – der Manager von Apples Publikationsabteilung – gebeten, die Leitung einer kleinen Gruppe für den Bau eines Computers zu übernehmen, der 500 Dollar kostet, mit einem Fernsehgerät funktioniert, ein eingebautes Modem enthält und auf dem sowohl Pascal als auch BASIC als Programmiersprachen laufen sollten. Raskin gab dem Projekt als Codenamen eine falsche Schreibweise seines Lieblingsapfels – Macintosh – und träumte sich seine eigene Computeridee zusammen: „Ich dachte mir, es wäre wichtiger, den Leuten die Wahl zwischen verschiedenen Gehäusefarben zu lassen als die Wahl zwischen der Anzahl von Speicherbits. Ich wollte, dass er zum unentbehrlichen Teil eines Haushalts wurde. Ich wollte etwas, nach dem die Leute süchtig werden.“ Raskin schlug vor, dass Apple einen batteriebetriebenen tragbaren Heimcomputer produzieren sollte, der weniger als 1.000 Dollar kostete. Er baute ein Pappmodell und beschloss, dass der Computer einen eingebauten Bildschirm haben sollte, keine Erweiterungsschächte und dass nur eine dünne Anleitung beigefügt sein sollte. Etwa ein Jahr nach Beginn der Arbeit an dem Projekt notierte er: „Der Apple II ist ein System. Der Macintosh ist ein Gerät.“
    Der stämmige, bärtige Raskin hatte eine Schwäche für Modellflugzeuge und Musik. Er machte Ende 1979 einen Laden auf und wechselte zwischen mehreren Gebäuden hin und her, darunter auch die ursprüngliche Büroflucht von Apple in der Nähe des Good Earth Restaurant. Hertzfeld erinnert sich, dass Raskin Anfang 1981 mit der Apple-Politik in Konflikt geriet. „Das Lisa-Team erklärte Steve, dass er sich verpissen sollte. Steve sagte: ‚Ich finde schon noch ein Team, das einen billigen Computer baut und das sie vom Angesicht der Erde fegen wird.‘ Dann sah Steve, dass Raskin die kritische Masse besaß: Er hatte einen Hardware-Ingenieur und einen Software-Ingenieur. Da Steve der größere Junge war, sagte er zu Raskin: ‚Dieses Spielzeug gefällt mir!‘ – und nahm es sich.“
    Raskin fiel also Jobs schnell zum Opfer, der dem Projekt seinen eigenen Stempel aufdrücken wollte. Jobs holte Veteranen aus der Frühzeit von Apple in Raskins Team. Er versuchte, den Codenamen des Projekts von „Mac“ in „Bicycle“ zu ändern, nachdem er in Scientific American einen Artikel gelesen hatte, in dem der Personal Computer als „Fahrrad des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet wurde.

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