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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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können.«
    Die Miene der Vermieterin, die für den Hauch einer Sekunde einen gezwungen mitleidigen Ausdruck angenommen hatte, wurde sofort wieder abweisend. »Was soll das heißen?«
    »Bitte leihen Sie uns das Geld, das wir für die Bestattung brauchen! Ich verspreche Ihnen, ich zahle Ihnen alles zurück!«
    Caroline rang flehend die Hände, doch ihre Hauswirtin lachte ihr ins Gesicht. »Was nicht sonst noch alles? Wie käme ich dazu, das Begräbnis einer mir fremden Person zu bezahlen und vielleicht auch noch den Leichenschmaus dazu. Nein, Fräulein, suchen Sie sich einen anderen Dummen!« Die Frau wollte bereits die Tür zuschlagen, als ihr noch etwas einfiel. »Sie sagten doch, Sie würden die Miete von der Rente Ihrer Mutter bezahlen! Aber wenn die gestorben ist, bekommt sie keine mehr. Woher wollen Sie dann das Geld nehmen?«
    Im ersten Augenblick wusste Caroline nicht, was sie darauf antworten sollte. Dann aber schüttelte sie sich und sah ihre Vermieterin mit wehen Augen an. »Ich werde arbeiten, damit Sie Ihr Geld bekommen!«
    »Arbeiten? Wo denn? Vielleicht als Nutte auf der Friedrichstraße? Nee, Fräulein, so haben wir nicht gewettet. Jetzt sorgen Sie gefälligst dafür, dass die Leiche aus meiner Wohnung verschwindet, und morgen sind Sie samt der alten Gewitterhexe, die Sie sich als Dienstmädchen halten, ebenfalls weg! Sonst lasse ich Sie durch die Schutzmänner auf die Straße werfen. Ihre Möbel bleiben hier, um meinen Mietausfall zu ersetzen. Und nun auf Nimmerwiedersehen!« Damit schlug die Vermieterin die Tür zu und ließ Caroline auf dem Flur zurück.
    Ein paar Augenblicke lang sehnte die junge Frau sich danach, gleichfalls tot zu sein, um das Elend dieser Welt endgültig hinter sich lassen zu können. Dann aber dachte sie an Fiene, die ohne sie auf der Straße stehen würde, und sagte sich, dass es einen Weg geben müsse, das zu verhindern. Vielleicht sollte sie sich doch an Lore von Trettin wenden. Diese hatte ihr schon einmal Hilfe angeboten, aber damals hatte sie sich geschämt, diese anzunehmen. Mittlerweile aber lag ihr Stolz in der Gosse, und dort würde sie selbst enden, wenn sich ihr nicht bald eine hilfreiche Hand entgegenstreckte.
    Voller Scham, aber auch mit neuer Hoffnung erfüllt, kehrte sie in ihr Zimmer zurück und machte sich zum Ausgehen zurecht.
    Die alte Fiene sah ihr angsterfüllt zu. »Die Frau Raffzahn hat sich also nicht erweichen lassen!«
    Caroline schüttelte den Kopf. »Nein! Aber das ist jetzt nicht mehr von Belang. Ich glaube, ich weiß, wer uns helfen wird. Mach du inzwischen hier weiter und iss das, was ich mitgebracht habe, auf. Es wäre zu schade, wenn es verderben würde.«
    Das Dienstmädchen nickte unglücklich, denn es hatte wirklich Hunger. Doch den wollte Fiene erst stillen, wenn ihre Herrin so aufgebahrt lag, dass die junge Herrin sich ihrer nicht zu schämen brauchte.
    Unterdessen hob Caroline den Hut auf, den ihre Mutter bei der Beerdigung ihres Vaters getragen hatte. Ihr Bruder hatte diesen
     ebenfalls auf den Boden geworfen und war auf ihn getreten. Jetzt bog sie ihn sich zurecht, setzte ihn auf und zog den Schleier
     herab, so dass man ihr zerschlagenes Gesicht nicht sehen konnte.
    »Wünsche mir Glück, Fiene. Habe ich es nicht, wird es uns beiden sehr schlecht ergehen.« Mit diesen Worten verließ sie das Haus und eilte zu der Haltestelle des Pferdeomnibusses, um so rasch wie möglich zu Lore zu gelangen.

XI.
    I n der Turmstraße wurde Caroline ganz und gar anders empfangen als von ihrer Vermieterin. Jutta sah auf den ersten Blick, dass etwas Schreckliches geschehen sein musste. »Kommen Sie herein, Fräulein, und setzen Sie sich erst einmal. Ich sage unterdessen Frau von Trettin Bescheid.«
    »Danke!« Caroline war am Ende ihrer Kraft und konnte sich kaum noch aufrecht halten. Erleichtert nahm sie im Empfangszimmer Platz und stützte den Kopf auf die Hände.
    Lore hatte bereits von Jutta gehört, wie aufgelöst das Fräulein von Trepkow sei, und eilte erschrocken auf ihre Besucherin zu. »Meine liebe Freundin, was ist denn geschehen?«
    Caroline hob mit einer müden Bewegung den Kopf. »Meine Mutter ist heute gestorben. Jetzt bin ich völlig verzweifelt, denn ich habe kein Geld, um sie begraben zu lassen, und muss zudem mit unserer alten Dienerin bis morgen unser bisheriges Zimmer räumen. Ich konnte nämlich die letzte Miete nicht vollständig bezahlen.«
    »Sie Ärmste!« Lore schloss Caroline in die Arme, um sie auf die Wange zu küssen, und

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