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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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befreundet gewesen. Doch wenn sie jetzt nicht auf Disziplin achtete, würden die meisten sich gehen lassen und waren hinterher nicht mehr geeignet, vornehme Kunden zu bedienen. Sie wünschte jedoch keinem ihrer Schützlinge, auch Elsie nicht, in einem der Arbeiterpuffs in der Friedrichstraße zu enden.
    Mit dem Gefühl, dass es schwer werden würde, ihr Bordell weiterhin erfolgreich zu führen, verließ sie das Haus und winkte an der nächsten Straßenecke eine Droschke heran. Sie nannte dem Fahrer Lores Adresse und sann während der ganzen Fahrt darüber nach, was sie Fridolins Frau berichten durfte, ohne diese gegen sich aufzubringen. Wahrscheinlich würde Frau von Trettin sie nicht einmal anhören, sondern umgehend vor die Tür setzen. Doch das musste sie um Fridolins willen riskieren.
    Hedes Hände zitterten, als sie in der Turmstraße den Türklopfer anschlug und sich kurz darauf einem Diener in Livree gegenübersah. »Ich hätte gerne Frau von Trettin gesprochen«, sagte sie und ignorierte Jeans hochmütige Miene.
    Der Diener musterte ihr streng wirkendes, aber elegantes Kleid und versuchte vergebens, sie einzuordnen. Daher trat er schließlich zur Seite und ließ die Frau eintreten. »Welchen Namen soll ich der gnädigen Frau melden?«
    »Pfefferkorn. Hedwig Pfefferkorn!« Wohl zum ersten Mal seit Jahren nannte Hede wieder ihren Taufnamen.
    Mit dem Gefühl, dass dies der Gast war, den er seiner Herrin vergönnte, ging Jean voraus, klopfte an Lores Salon und sah hinein.
    »Eine Frau Pfefferkorn wünscht Sie zu sprechen, gnädige Frau!«
    Hede trat ein und blieb vor Lore stehen, die sich höflicherweise erhoben hatte. Nichts an deren Gesicht deutete darauf hin, dass die Ereignisse der Nacht bereits an ihr Ohr gedrungen waren. Das machte es Hede doppelt schwer, zu beginnen.
    Lore musterte die Besucherin neugierig. Sie hatte die schöne, aber nicht mehr ganz junge Frau in ihrem und Marys Modesalon kennengelernt und sie als selbstbewusst eingeschätzt. An diesem Morgen aber wirkte diese ebenso ängstlich wie verzweifelt. Gleichzeitig nahm Lore jenes verdächtige Parfüm wahr, das ihr bei Fridolin aufgefallen war. Auch die Haarfarbe stimmte. Sollte diese Person die heimliche Geliebte ihres Mannes sein? Was wollte sie von ihr? War sie vielleicht schwanger und hoffte, sie werde ihren Mann deswegen freigeben? Da würde die Frau jedoch eine herbe Enttäuschung erleben. Fridolin hatte sich längst für Grünfelders Tochter entschieden.
    »Sie wünschen?« Lores Stimme klang kalt und hätte jede andere Besucherin veranlasst, wieder zu gehen.
    Doch Hede blieb und deutete auf den Diener, der immer noch in der offenen Tür stand. »Ich hätte gerne unter vier Augen mit Ihnen gesprochen, Frau von Trettin.«
    »Du kannst gehen, Jean!« Lore setzte sich wieder, ohne der Besucherin einen Stuhl anzubieten, und wartete, bis der Diener die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    »Also, was wollen Sie?«
    Anstatt zu sprechen, huschte Hede auf Zehenspitzen zur Tür und riss diese unvermittelt auf. Draußen stand Jean, der offensichtlich hatte lauschen wollen.
    Lore warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. »Du hast gewiss Arbeit in den Zimmern meines Mannes!«
    Jean verfluchte innerlich das Weib, das es ihm unmöglich gemacht hatte, zu erfahren, was es von seiner Herrin wollte, und stolzierte davon.
    Hede wartete, bis er in einem anderen Zimmer verschwunden war, schloss die Tür und wandte sich Lore zu. »Es geht um Ihren Mann. Er ist heute Nacht verhaftet worden, weil er angeblich zwei Menschen erschossen haben soll!«
    Sie hätte diese entsetzliche Nachricht gerne schonender vorgebracht, doch um den Brei herumzureden brachte nichts und hätte die Freifrau nur veranlassen können, sie vor die Tür zu setzen.
    Lore starrte Hede an und versuchte zu begreifen, was die Frau da gesagt hatte. »Aber das ist unmöglich!«
    Dann dachte sie an von Trepkow und von Campe, die sie in letzter Zeit arg bedrängt hatten, und fragte sich, ob er mit den beiden Offizieren aneinandergeraten war. »Wen soll mein Mann umgebracht haben?«
    »Den russischen Fürsten Tirassow und ein Mädchen, eine Hure aus meinem Bordell!« Hede war auch gegen sich selbst schonungslos. Doch die Gerüchte würden auch vor diesen Mauern nicht Halt machen, und so war es besser, wenn Fridolins Frau von Anfang an alles erfuhr.
    »Mein Mann hat sich also in Ihrem Bordell aufgehalten.« Lore erinnerte sich an Elsie und deren Vorwürfe und fragte sich, wo sie nur die Augen gehabt

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