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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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vorgelassen worden.«
    »Danke für die Standpauke. Ich glaube, die habe ich gebraucht. Außerdem habe ich Hunger, denn ich habe gestern vor Aufregung fast nichts gegessen.« Lore versuchte zu lächeln, doch es wurde nur eine Grimasse daraus.
    »Möchtest du das Frühstück gleich oder nachdem du aus dem Badezimmer gekommen bist?«, fragte Mary.
    »Waschen und Zähne putzen werde ich vorher noch schaffen.« Lore stand auf, fühlte sich aber ein wenig schwindlig.
    Sofort war Hede bei ihr, um sie zu stützen. »Entschuldigen Sie bitte, dass ich wieder hier bin. Ich musste unbedingt wissen, ob Sie Erfolg hatten. Als ich dann gesehen habe, wie Lenka ihre Erlebnisse zu Papier gebracht hat, bin ich noch einmal ins
Le Plaisir
zurück und habe dort selbst ein paar Worte über Elsies Verhalten und ihre Diebstahlversuche aufgeschrieben. Meine anderen Mädchen haben dies ebenfalls getan. So muss der Staatsanwalt sich mit diesem Miststück befassen. Passen wird es ihm gar nicht, denn am liebsten wäre diesen Herrschaften, wenn sie sagen könnten: Schwamm drüber! Ich habe immer noch Freunde in entsprechenden Kreisen, die mir gelegentlich Informationen zukommen lassen. Von ihnen habe ich gehört, dass die Staatsanwaltschaft es gar nicht erst zum Prozess kommen lassen will. Die Herrschaften haben Fridolin ans Herz gelegt, sich selbst zu richten, damit es keinen Skandal gibt. Ich frage mich, für wen dieser Skandal peinlicher wäre, für Sie und Fridolin oder für all die ehrenwerten Herren, die zu Hause die braven Ehemänner und Väter mimen und sich gleichzeitig im
Le Plaisir
mit Mädchen amüsieren, die oft genug ihre Enkelinnen sein könnten.«
    Aus Hedes Worten sprach Verachtung für die verlogene Moral, die in ganz Preußen und besonders in Berlin herrschte. Dann aber zuckte sie mit den Achseln. »Was soll’s! Ich verdiene gut daran – oder, besser gesagt, ich habe gut daran verdient, bis mir diese aufgeblasenen Affen den Laden zugesperrt haben. Mindestens einen Monat soll das noch dauern, und ob ich danach weitermachen kann, ist noch nicht sicher.«
    »Warum wollen Sie dieses Gewerbe weiterbetreiben?«, fragte Lore überrascht.
    »Weil es das einzige ist, das ich beherrsche. Ich teile nun einmal nicht Lenkas Traum. Sie möchte, wenn sie genug Geld hat, nach Amerika auswandern, um dort einen Farmer heiraten zu können.«
    Hede schnaubte, doch bevor sie weitersprechen konnte, unterbrach Mary sie. »Konrad und Caroline konnten gestern ebenfalls einen Erfolg verbuchen. Sie haben das Haus gefunden, in dem Lenka gefangen gehalten wurde, und dort Fridolins Pistole entdeckt. Sie muss unbemerkt vom Küchentisch gefallen und in eine Ecke gerutscht sein. Auf jeden Fall kannst du dem Staatsanwalt nun beweisen, dass dieser russische Fürst und seine Hure nicht mit Fridolins Waffe erschossen worden sind.«
    »Sehr gut!« Lore verschwand mit einem erleichterten Lächeln im Badezimmer, um möglichst schnell zu von Bucher aufbrechen zu können. Als sie frisch gewaschen im Ausgehkleid am Frühstückstisch saß, nahm sie sich die Zeit, Lenkas Bericht und die Aussagen von Hede und deren Mädchen durchzulesen. Diese bewiesen eindeutig, dass Elsie es niemals aufgegeben hatte, lange Finger zu machen.
    Von diesen Aufzeichnungen beeindruckt befahl Lore Jutta, ihr Papier, Federhalter und Tintenfass zu bringen, und begann, die Ereignisse im beginnenden Dezember 1875 in Bremerhaven aufzuschreiben. Damals hatte Elsie, die zu jenem Zeitpunkt ihr Dienstmädchen gewesen war, ihr zusammen mit dem Fuhrmannsgehilfen Gustav das Reisegeld und das Gepäck gestohlen.
    Als sie fertig war, sah sie mit blitzenden Augen zu Mary und Hede auf. »Jetzt wird Herr von Bucher sich um diesen Fall kümmern müssen, ob er will oder nicht!«
    »Wollen wir’s hoffen!« Hede seufzte und bat Jutta um ein Glas Wein, um ihre Nerven zu stärken.
    »Ich weiß, es ist noch früh am Morgen, und ich sollte auch nicht trinken. Doch manchmal weiß ich das Leben nicht mehr anders zu ertragen«, sagte sie mit einem um Entschuldigung bittenden Lächeln zu Lore.
    Diese war gedanklich jedoch schon auf dem Weg zu von Bucher und wartete nur darauf, dass Jean meldete, die bestellte Droschke
     sei vorgefahren. Dann verabschiedete sie sich von ihren Freundinnen, zu denen sich nun auch Caroline gesellt hatte. Ebenso
     wie Mary wahrte auch diese einen gewissen Abstand zu Hede, ohne sie jedoch herablassend oder gar beleidigend zu behandeln.
    Lore verstaute alle Aussagen zusammen mit Fridolins

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