Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
Vom Netzwerk:
sondern die des Mannes, den Delaroux angeheuert hatte, um die Bombe zu zünden.
    »Gut gemacht!«, lobte der Major sich selbst und sah sich bereits als reichen Mann in New York ankommen. Den Sterbekittel, wie missliebige Elemente die Uniform nannten, würde er dort nicht mehr tragen. Dies erinnerte ihn daran, dass er sich für die Überfahrt einen Zivilanzug anfertigen lassen musste. Das würde er noch zu Beginn der Ferien tun und dann nach Trettin in Ostpreußen reisen, um ein paar Wochen zu jagen, zu trinken und sich mit Malwine zu vergnügen. Ob sie erneut auf Diskretion bestehen oder ihn wie einen zukünftigen zweiten Gatten behandeln würde? Wichtig war ihm das im Grunde nicht mehr, denn seit er Elsie kennengelernt hatte, spielte Malwine für sein Leben keine besondere Rolle mehr.
    Letztlich könnte er auch auf die Reise nach Ostpreußen verzichten und anderswo Urlaub machen. Noch während er darüber nachdachte, entschloss er sich, das Kasino seines alten Regiments aufzusuchen. Zwar schmerzte es ihn, wenn er die Offiziere sah, die er, wäre die Welt gerechter, selbst kommandieren würde. Aber vielleicht ergab sich die Gelegenheit, doch noch von einem der Herren eine Einladung zu erhalten.
    Von Palkow befahl seinem Burschen, eine Droschke zu rufen, und zog vor dem Spiegel seine Uniform glatt. Wenn sie ihm nur nicht so ausgezeichnet stehen würde! Es gelang ihm kaum, sich mit Gehrock und Zylinder vorzustellen. Vielleicht wäre die Berufung zu einem russischen Brigadegeneral in Sibirien doch die bessere Alternative gewesen. Doch mit Tirassows Tod hatte er sich dieser Chance beraubt.
    »Ich hätte besser den Franzosen erschießen sollen!« Er schrak beim Klang der eigenen Stimme zusammen und war froh, dass sein Bursche bereits gegangen war. Allerdings hätte Delaroux’ Tod ihn keinen Schritt weitergebracht, denn ohne die Verbindungen und die Findigkeit dieses Mannes wäre es ihm unmöglich gewesen, das Attentat auf Prinz Wilhelm zu planen und durchzuführen.
    Noch während seine Gedanken sich um seine vergebenen und noch existenten Hoffnungen drehten, kehrte sein Bursche zurück und stand stramm. »Herr Oberst, melde gehorsamst, Droschke befehlsgemäß vorgefahren!«
    Von Palkow nickte, ohne Antwort zu geben. Dann verließ er die Kadettenanstalt, die ihm heute mehr denn je wie ein Ort der Verbannung vorkam. Auf dem Weg zur Kaserne der Zweiten Garde-Ulanen besserte sich seine Laune. Er freute sich auf ein paar Gläser Cognac und Wein im Kreise seiner Kameraden, auf das Schwadronieren über frühere Feldzüge und Manöver und darauf, sich wieder als Mensch fühlen zu können und nicht wie ein abgeschobenes Möbelstück.
    Als er vor der Kaserne den Droschkenkutscher bezahlte, entfuhr ihm ein Seufzer. Eigentlich hätte er als ehemaliger Kavallerist hoch zu Ross hier erscheinen müssen. Doch auch diese Möglichkeit hatte man ihm genommen. Er war zu einer Beamtenkreatur mutiert, die auf ihrem Hintern saß und in Akten blätterte, anstatt vor den Augen des Kaisers und der kommandierenden Generäle mit dem Säbel in der Faust schneidige Reiterattacken anzuführen.
    Der Major ärgerte sich, weil seine Gedanken erneut in diese Richtung drängten, und wappnete sich beim Eintreten mit künstlicher Fröhlichkeit. So begrüßte er im Kasino die anderen Offiziere mit einem Lächeln und tauschte Höflichkeiten aus. Doch schon nach kurzer Zeit fand er sich an einem Tisch mit Hasso von Campe und Friedrich von Trepkow wieder, während die übrigen Offiziere ihn keines Blickes mehr würdigten.
    Erneut quoll Bitterkeit in ihm auf. Nur die beiden jungen Männer, die unter ihm in seiner Schwadron gedient hatten, erwiesen ihm noch Freundschaft, während er den anderen Offizieren des Regiments eher lästig geworden war.
    »Herr Major, dürfen wir Sie um etwas bitten?« Rittmeister von Campe beendete von Palkows Gedankengang.
    »Wenn ich es erfüllen kann, gerne.«
    »Es geht um eine Wette, die Trepkow und ich abgeschlossen haben. Der Verlierer sollte dem Gewinner dessen Anteil an dieser Dampfyacht bezahlen. Nun haben sich die Umstände aber so verändert, dass es uns als Ehrenmänner nicht möglich ist, diese Wette weiter zu verfolgen.«
    »Sie brauchen nicht um den heißen Brei herumzureden, Campe. Trepkow hat mir erzählt, worum es geht. Natürlich können Sie als preußische Offiziere nicht um die Gunst der Frau eines Mörders buhlen. Sie würden Ihre Karriere gefährden!«
    »Sie hatten da weniger Hemmungen, Palkow«, warf ein Mann

Weitere Kostenlose Bücher