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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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vom Nebentisch ein. »Wenn ich da an die Frau des Adjutanten Seiner Hoheit, des Prinzen Wilhelm, denke. Es war verwegen von Ihnen, ihr überhaupt den Hof zu machen. Ihrem Ehemann dann auch noch im eigenen Haus Hörner aufzusetzen, dafür braucht es wirklich Mut!« Die Worte waren im ganzen Saal zu vernehmen und brachten die Anwesenden zum Lachen.
    Von Palkow war durchaus bewusst, dass nicht der gehörnte Ehemann der Schönen verspottet wurde, sondern er selbst. Viele der Offiziere hatten gemeinsam mit ihm in diesem Regiment gedient, und er spürte ihre Erleichterung, dass nicht er, sondern von Scholten ihr neuer Kommandant geworden war. Für sie war er bereits ein Fremdkörper, den sie lieber gehen als kommen sahen. Nicht mehr lange, dann würde man ihm wohl ans Herz legen, dieses Kasino in Zukunft zu meiden. Nun fragte er sich, wie er auf den Gedanken hatte kommen können, einer dieser Männer würde ihn auf die Besitztümer seiner Familie einladen. Für die Herren hier war er nicht weniger ein Paria wie für die Kamarilla um Prinz Wilhelm.
    Laute Stimmen am Eingang lenkten von Palkow ab. Er sah auf und entdeckte seinen Burschen, der mit Händen und Füßen auf einen Offizier einredete, welcher ihm den Zutritt verwehren wollte. Schließlich gab der Mann nach, und der Bursche durfte eintreten.
    Der Soldat kam aufatmend auf von Palkow zu und nahm vor ihm Haltung an. »Herr Major, habe zwei Sachen zu melden. Einmal ein Telegramm mit sehr traurigem Inhalt.«
    »Gib her!« Von Palkow streckte die Hand aus und sah ungeduldig zu, wie sein Bursche in seiner Uniform kramte, bis er ein zerknittertes Stück Papier gefunden hatte.
    Der Major breitete es auf dem Tisch aus und starrte darauf. Zuerst wollte er nicht glauben, was ihm seine Augen zeigten, dann knüllte er das Telegramm mit einem Fluch zusammen.
    »Ist etwas passiert?«, wollte von Campe wissen.
    Da der Major wie erstarrt dasaß und keine Antwort gab, wand er diesem das Telegramm aus den Fingern, strich es glatt und las es vor. »Bedauerliche Meldung – Kadett W. v. Trettin bei erstem Ausritt vom Pferd gestürzt – Genickbruch – tot – Bericht folgt! Gez. v. Hagedorn, Gestütsverwalter.«
    Kopfschüttelnd reichte der Rittmeister das Telegramm zurück. »Verteufeltes Pech!«
    Für von Palkow war es mehr als das. Er konnte nicht begreifen, warum das Schicksal so hart zuschlug. Malwine würde toben, wenn sie vom Tod ihres Sohnes erfuhr, und ihn dafür verantwortlich machen. Dabei war es allein ihre Schuld! Sie hätte ja nur auf Fridolin von Trettin hören und den Jungen zur Artillerie zu schicken brauchen. Aber nein, ihretwegen hatte Wenzel ja unbedingt Gardekavallerist werden müssen.
    »Verfluchte Weiber! He, Ober, einen doppelten Cognac! Den brauche ich jetzt.«
    Während der Ober verschwand, um das Verlangte zu holen, meldete sich von Palkows Bursche erneut zu Wort.
    »Wenn der Herr Major verzeihen möchte, aber da ist noch etwas. Auf dem Flur warten mehrere Herren, die mit Ihnen sprechen wollen. Sie sind zur Kadettenanstalt gekommen, haben mir aber den Vortritt gelassen, damit ich Ihnen den Tod des Kadetten Trettin melden kann.«
    »Und? Was sind das für Leute?«, fragte von Palkow misstrauisch.
    Da trat bereits Staatsanwalt von Bucher in Begleitung mehrerer Gendarmen ein und hielt zielsicher auf ihn zu.
    »Major von Palkow, ich muss Sie bitten, uns zu begleiten. Sie stehen bis auf weiteres unter Arrest!«
    »Und weshalb?«, fuhr von Palkow auf, während ihn die Angst wie eine eisige Hand umklammerte.
    »Sie werden beschuldigt, den Mord an Fürst Tirassow angestiftet zu haben«, erklärte der Staatsanwalt.
    Von Palkows Gedanken rasten. Außer ihm gab es nur drei Menschen, die von diesem Plan gewusst hatten. Delaroux hatte gewiss geschwiegen, und er glaubte, sich auch von Trepkows sicher zu sein. Damit blieb nur noch Elsie. Von Palkow stöhnte auf. Also hatte dieses Weib ihn genauso verraten wie alle anderen Frauen, denen seine Liebe gegolten hatte. Doch diese Erkenntnis half ihm jetzt nicht weiter. Er wappnete sich mit Arroganz. »Seit wann gilt in Preußen das Wort einer Hure mehr als das eines Offiziers Seiner Majestät?«
    Bis zu diesem Zeitpunkt hatte von Bucher gehofft, das Ganze könne nur ein Irrtum sein. Nun aber blickte er den Major grimmig an. »Wie kommen Sie darauf, dass eine Hure Sie beschuldigt hätte, Herr von Palkow? Das werden Sie mir erklären müssen.«
    Der Staatsanwalt gab seinen Begleitern einen Wink. Diese traten auf den Major zu,

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