Aprilgewitter
Überlegung.
Um zu beweisen, dass es ihm ernst war, zog Delaroux einen Umschlag aus der Tasche und reichte diesen dem Major. Der blickte hinein und schluckte, als er ein dickes Bündel Banknoten entdeckte. Hastig zählte er das Geld und sah dann den Franzosen an. »Das ist mehr, als man mir in drei Jahren an Sold auszahlt.«
»Und doch nur eine bescheidene Anzahlung auf die Belohnung, die Sie erhalten werden. Übrigens ist vor kurzem ein Mann nach Berlin gekommen, der Sie gewiss bald aufsuchen wird. Es handelt sich um den russischen Fürsten General Fjodor Michailowitsch Tirassow. Er war russischer Militärbeobachter beim Sturm auf die Düppeler Schanzen und von Ihrem Mut zutiefst beeindruckt.«
»Ich erinnere mich an ihn. Er hat mir damals vor lauter Begeisterung seinen eigenen Revolver geschenkt. Die Waffe besitze ich noch immer.«
»Dann tragen Sie sie, damit Tirassow sieht, dass Sie sein Geschenk in Ehren halten. Aber sehen Sie sich vor! Der Mann ist gefährlich.«
Delaroux’ Warnung klang eindringlich, doch der Major verzog das Gesicht. In seiner Erinnerung war der russische Fürst ein junger, von Gefühlen überwältigter Mann, der einem preußischen Offizier wie ihm niemals das Wasser reichen konnte.
Abrupt erhob sich sein Gast. »
Au revoir, mon ami!
Bemühen Sie sich nicht, ich finde schon hinaus. Auch könnte der Hausbesorger sich wundern, wenn Sie mich mit einem falsch zugeknöpften Hemd und barfuß zur Haustür bringen. Ich melde mich wieder bei Ihnen.«
Bevor von Palkow sich’s versah, hatte sein Gast das Appartement verlassen. Mit einem nervösen Zucken um die Augen starrte der Major erst die Tür an und dann die Geldscheine in seiner Hand. Ihm schwirrte der Kopf. Was Delaroux, wie er sich jetzt nannte, von ihm verlangte, war Hochverrat. Einige Augenblicke lang erschreckte ihn diese Vorstellung, doch dann wurde sein Gesichtsausdruck hart. Welchen Grund hatte er, den Hohenzollern die Treue zu halten? Sollte er ihnen die Füße dafür küssen, dass sie seinen weiteren Aufstieg verhindert und ihn auf den Posten eines Schullehrers abgeschoben hatten?
Mit dem Gedanken an das Geld, das Delaroux ihm versprochen hatte, schob er seine letzten Bedenken beiseite. Er hatte sich in drei Kriegen als Held erwiesen und sah nun, wie ihn Kameraden auf der Karriereleiter überholten, die weitaus weniger geleistet hatten als er. Aber er war nicht bereit, bis zu seiner Pensionierung ein lumpiger Major zu bleiben.
XII.
D er Sonntag verlief harmonisch, da sowohl Lore wie auch Fridolin es vermieden, einen Missklang aufkommen zu lassen. Nach dem Mittagessen ließ Fridolin eine Droschke rufen, und sie fuhren zu dem Haus in der Ottostraße, in dem Mary und Konrad lebten. Nach allem, was Lore ihnen am Vorabend berichtet hatte, waren die beiden überrascht, ihre Gäste in friedlicher Stimmung zu sehen. Während sie Kaffee tranken und einen, wie Fridolin später grinsend zu Lore sagte, sehr englisch schmeckenden Kuchen aßen, unterhielten sie sich über belanglose Dinge.
Erst nachdem Marys Dienstmädchen den Tisch abgeräumt hatte und die beiden Damen ein Glas Likör, Fridolin einen Cognac und Konrad einen Rum in den Händen hielten, kam Lore auf das Thema zu sprechen, das ihr und ihren Gastgebern am meisten am Herzen lag.
»Fridolin und ich sind uns einig geworden, meine Beteiligung an unserem Modesalon nicht zurückzuziehen.«
Ihr Mann nickte bekräftigend. »Ich möchte mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen, die ich durch meine unbedachten Äußerungen verursacht habe. Doch ich war von Grünfelders Angebot, mich an seiner Bank zu beteiligen – wie sagt man da gleich wieder? – wie hypnotisiert und wollte so viel Geld wie möglich einsetzen. Dabei habe ich ganz vergessen, dass andere Verpflichtungen weitaus schwerer wiegen.«
Mary war so gerührt, dass sie ein paar Tränen abtupfen musste. Auch Lore war mit ihrem Mann zufrieden. Gerade weil er seine eigene Schuld zugegeben hatte, fiel es ihr leicht, ihm zu verzeihen. Der Einzige, der spürte, dass Fridolin nicht allein aus Liebe zu Lore und Freundschaft zu Mary und ihm auf dieses Geld verzichtete, war Konrad.
»Willst du dich nicht mehr an Grünfelders Bank beteiligen?«, fragte er.
Fridolin lächelte zufrieden. »Oh doch! Das werde ich trotzdem. Lore hat mir versprochen, an Thomas zu schreiben, damit er ihre Anteile am NDL auflöst und uns die Summe anweist. Mit diesem Geld werde ich Grünfelders Juniorpartner.«
Konrad wurde jedoch das Gefühl
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