Aprilgewitter
nicht los, dass mehr hinter der Sache steckte, als Fridolin sich anmerken ließ.
Lore hingegen schien völlig arglos zu sein, denn sie hob ihr Likörglas und stieß mit den anderen an. »Auf Marys und meinen Modesalon und auf Fridolins Beteiligung bei Grünfelder!«
»Darauf trinke ich gerne!«, rief Mary freudig und nippte an ihrem Glas. Auch die anderen tranken.
Während Konrad sein leeres Glas mit einem wohligen Brummen auf den Tisch stellte, wirkte Fridolin nachdenklich. »Um eines muss ich euch allerdings bitten! In meiner Position kann ich mir nicht erlauben, dass es Gerede um meine Frau gibt. Für die Gesellschaft muss es daher so aussehen, als wäre Mrs. Mary Penn die alleinige Inhaberin.«
»Was so auch nicht stimmt, da ich in Wirklichkeit nicht mehr Penn, sondern Benecke heiße«, erklärte Mary mit einem leisen Auflachen.
»Nur ist Benecke kein besonders englisch klingender Name. Dabei wollen wir die Damen mit englischer Mode erfreuen.« Lore kicherte. Modesalons, deren Besitzerinnen behaupteten, Französinnen zu sein oder wenigstens in Paris gelernt zu haben, gab es genug. Doch den Damen der Gesellschaft, die sich am Hofleben orientierten, galt diese Mode als zu frivol. Da sie sich aber zu fein waren, sich von einer schlichten deutschen Schneiderin einkleiden zu lassen, waren Mary und sie mit ihrer Idee in eine Marktlücke gestoßen.
»Übrigens hat die Großherzogin von Mecklenburg-Strelitz ihren Besuch für morgen angekündigt. Ich bin schon ganz aufgeregt. Die Dame geht bei Hofe ein und aus. Wenn sie bei uns ein Kleid machen lässt, können wir in Zukunft für die höchsten Gesellschaftskreise arbeiten.« Mary bedauerte, dass sie und nicht Lore die Großherzogin empfangen würde. Ihre Freundin war leichtfüßig wie ein Reh und gewohnt, sich in vornehmen Kreisen zu bewegen. Sie selbst jedoch …
Mit einem leisen Fauchen brach sie diesen unerfreulichen Gedankengang ab. Es brachte nichts, sich wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass sie in einer schmutzigen Hafengasse in Harwich aufgewachsen war und bis zu ihrem zwanzigsten Lebensjahr Krücken gebraucht hatte. Nun war sie Mary Penn, eine Schneiderin, die für reiche Damen arbeitete und deren Gehstock mit dem goldenen Knauf man als englischen Spleen ansah.
Lore spürte die Ängste ihrer Freundin und sprach ihr Mut zu. Dabei wurde sie von Konrad und von Fridolin unterstützt. Vor allem Letzterer wollte verhindern, dass Lore auf den Gedanken kam, ihrer Freundin aktiv beizustehen. Wenn seine Frau den Modesalon Penn betrat, so hatte dies nach außen hin als Kundin zu geschehen.
Trotz Fridolins zwiespältiger Haltung wurde es ein angenehmer Nachmittag. Er war sich nicht zu schade, ein wenig mit dem kleinen Jonny zu spielen, und Lore betrachtete den Jungen mit einem versonnenen Blick, der Mary beruhigte.
Als Fridolin und Lore sich verabschiedet hatten, stieß Mary einen Seufzer aus, der zeigte, welch großer Stein ihr vom Herzen gefallen war. »Ich bin froh, dass bei Lore und Fridolin wieder alles in Ordnung gekommen ist.«
Konrad nickte, obwohl ihm nicht ganz wohl bei der Sache war. »Ich bin auch erleichtert. Es wäre schade gewesen, wenn die beiden prächtigen Menschen nicht mehr miteinander hätten leben können.«
»Sie wissen beide, dass es nichts bringt, nur auf dem eigenen Willen zu verharren. Fridolin hat bei dem Modesalon nachgegeben und erhält dafür von Lore das restliche Geld für seinen Aufstieg. So haben beide etwas davon und können zufrieden sein.«
»Du hast wie so oft recht, mein Schatz!« Konrad küsste Mary und sagte sich, dass er ein Esel war, so viel auf Stimmungen zu geben. Aus welchem Grund Fridolin eingelenkt hatte, konnte ihm und Mary im Grunde gleichgültig sein.
XIII.
A ls Fridolin am nächsten Morgen das Bankhaus betrat, fragte er sich amüsiert, ob Grünfelder noch etwas über den Sonnabend verlauten lassen würde. Er hatte es genossen, Hede wiederzusehen. Als er vor Jahren noch in höchst unerquicklichen Verhältnissen gelebt hatte, war er oft von ihr zum Essen eingeladen worden, so dass er seine Börse hatte schonen können. Nicht zuletzt deswegen wollte er dafür sorgen, dass sie ihr Erspartes vor jedem Zugriff der Behörden sichern konnte. Allerdings durfte Grünfelder keinesfalls erfahren, woher der größte Teil des Geldes stammte, mit dem Fridolin in dessen Bank einsteigen wollte. Das Vermögen einer Bordellbesitzerin würde er wohl kaum akzeptieren, da es dem Ruf der Bank schaden könnte.
Da sein
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