Aprilgewitter
Oberst schnaubend.
»Ich weigere mich trotzdem! Wenn ich mich mit Palkow duelliere, soll dies zu gleichen Chancen geschehen. Meine ganze Reputation wäre beim Teufel, würde ich darauf eingehen.«
»Es soll alles geheim bleiben.«
»Irgendwann wird einer reden! Da Palkow mich durch einen heimtückischen Streich aufs Schafott bringen wollte, habe ich das Recht, ihn wie ein Ehrenmann zu fordern.« Fridolin war über die Anweisung, einen Wehrlosen umzubringen, so erbost, dass er sich keine Gedanken über die Folgen eines ehrlichen Duells machte. In diesem Moment wollte er nur Vergeltung für die Tage im Gefängnis und für all das, was Lore seinetwegen ausgestanden haben musste.
Der Blick des Kommandeurs fiel auf Dohnke. »Wie sehen Sie das?« Seinem Blick war anzumerken, dass er einen Bürgerlichen, auch wenn dieser den Rang eines Leutnants innehatte, nicht als vollwertig ansah. Dennoch musste er befehlsgemäß dafür sorgen, dass dieser Mann als guter Freund der Familie Grünfelder den Entführer des Fräuleins zur Rechenschaft zog.
»Ich sehe die Sache genauso wie Herr von Trettin. Auch ich will nicht den Henker spielen, sondern von Trepkow Mann gegen Mann gegenüberstehen.« Emil Dohnke mochte Grünfelder trotz seiner Schwächen und empfand mittlerweile auch für Wilhelmine eine gewisse Sympathie. Als er an die Angst dachte, die sie bei der Entführung durch von Trepkow ausgestanden haben musste, fletschte er unwillkürlich die Zähne.
»Wenn Sie gestatten, Herr Oberst, wähle ich keine Pistolen, sondern schwere Säbel.«
Der Kommandeur musterte sein Gesicht, das keinen einzigen Schmiss aufwies, wie es bei Mitgliedern schlagender Burschenschaften in der Regel der Fall war, zuckte dann aber mit den Achseln. »Wenn Sie es so haben wollen!«
»Ich wünsche es!«
Fridolin wunderte sich, dass Emil so schneidig auftrat, fragte dann aber neugierig, wie dieses Duell vonstattengehen sollte.
»Es wird in drei Tagen um sechs Uhr morgens am Neuen See im Tiergarten ausgefochten«, beschied ihn der Oberst. »Wenn Leutnant Dohnke bis dorthin noch ein wenig mit dem Säbel üben will, stelle ich ihm meinen Adjutanten zur Verfügung.«
»Das wird nicht nötig sein«, antwortete Emil lächelnd, der schon jemanden im Sinn hatte, mit dem er üben konnte. Da Gregor Hilgemann jedoch noch immer auf den Fahndungslisten der Polizei stand, wollte er dessen Namen nicht erwähnen.
»Auch gut!« Der Kommandeur wandte sich nun Fridolin zu. »Sie erhalten bis dorthin jeden Tag zwei Stunden Zeit, um mit Pistolen zu schießen. Ich würde Ihnen raten, dies auch zu tun, denn Palkow gilt als guter Schütze und vor allem als ein Mann von kaltem Blut!«
»Ich danke Ihnen, Herr Oberst.« Fridolin schlug die Hacken zusammen und hätte sich am liebsten empfohlen, um mit sich und seinen Gedanken allein zu sein. Doch jetzt drängten sich die anderen Offiziere um ihn und prosteten ihm zu.
»Verdammt widerwärtige Sache! Gut, dass Palkow das Regiment nicht bekommen hat. Wären sonst alle entehrt«, erklärte ein Hauptmann erleichtert.
»Na, wie sind die Mädels im
Le Plaisir?
«, wollte ein anderer Offizier wissen, der an jenem verhängnisvollen Abend nicht in der Stadt gewesen war.
»Sie sind die besten von ganz Berlin«, antwortete Fridolin.
»Sie haben sie ja auch kräftig durchprobiert! Das habe ich ebenfalls vor.« Der Sprecher klopfte Fridolin lachend auf die Schulter.
Dieser hoffte für Hede und deren Schützlinge, dass die Schließung ihres Bordells bald aufgehoben wurde und sie wieder etwas verdienen konnten. Nun aber richtete er seine Gedanken auf das bevorstehende Duell. Hatten zunächst Empörung und Zorn in ihm die Oberhand behalten, spürte er jetzt auf einmal auch Angst, bei dem Schusswechsel schwer verletzt oder gar getötet zu werden. Er ließ sich jedoch nichts anmerken, sondern trank ein Glas Wein und entschuldigte sich dann mit dem Hinweis, nach seiner Schwadron sehen zu müssen.
»Kalt wie Eis, dieser Trettin. Wird es hoffentlich schaffen, den Schandfleck auf unserer Ehre zu tilgen«, kommentierte der Oberst, nachdem Fridolin gegangen war.
Emil Dohnke, der Fridolin besser kannte, sagte nichts, sondern bat lächelnd, sich entfernen zu dürfen.
Generös gestattete es von Scholten und dachte für sich, dass die Sitten im Reich auch immer schlechter wurden, wenn einem bürgerlichen Nichts wie Dohnke erlaubt wurde, mit Friedrich von Trepkow den Spross eines adeligen Hauses herauszufordern. Gleichzeitig betete er darum, dass
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