Aprilgewitter
angetrieben zu werden.
Als sie dieses Thema anschnitt, schüttelte Caroline den Kopf. »Diese Elektrizität ist ein Teufelszeug! Haben Sie schon einmal die elektrischen Straßenlaternen gesehen, durch die die Gasbeleuchtung ersetzt werden soll? Deren Licht ist so grell, dass es in die Augen sticht und man blind davon wird. Wie man mit dieser Elektrizität auch noch eine Kutsche antreiben will, kann ich mir nicht vorstellen.«
Lore lächelte, weil ihr schüchterner Gast endlich einmal eine Meinung äußerte. Als Jutta die Schokolade und mehrere Stücke Gugelhupf brachte, hatten Carolines Wangen bereits ein wenig Farbe angenommen, und während sie gemeinsam Kuchen aßen, zeigte sie eine Lebhaftigkeit, die Lore ihr nicht zugetraut hätte.
Allerdings schwand Carolines gute Laune rasch, als es darum ging, das Kleid zu präsentieren, das sie für Lore genäht hatte. Es war die erste Anprobe, und sie verging beinahe vor Angst, einen Fehler gemacht zu haben.
Lore lobte sie jedoch. »Sehr gut! Ich glaube, dieses Kleid steht mir ausgezeichnet. Vielleicht sollten wir es doch so umändern, dass ich es zum Ausgehen anziehen kann. Es ist zu schade, nur im Haus getragen zu werden.«
Caroline atmete erleichtert auf und machte ein paar Änderungsvorschläge. Die aber zeugten davon, dass sie nicht auf dem neuesten Stand der Mode war. Daher zog Lore ein paar Modemagazine hervor, sprach die vorgestellten Modelle mit ihr durch und machte sie auf wichtige Einzelheiten und Applikationen aufmerksam. Auf die Weise verging der Rest des Vormittags, und als Jutta meldete, das Mittagessen sei serviert, lud Lore Caroline kurzerhand dazu ein.
»Wissen Sie, ich würde gern noch ein wenig mit Ihnen plaudern«, sagte sie in freundlichem Ton und brachte Caroline damit in einen Zwiespalt. Sie wusste, dass sie diese Einladung niemals würde erwidern können. Andererseits war der Duft, der aus dem Speisezimmer drang, allzu verführerisch.
Als Caroline sich zwei Stunden später von Lore verabschiedete, hatten beide das Gefühl, einen angenehmen Tag verbracht zu haben. Den Vorschlag, eine Droschke für den Heimweg zu nehmen, lehnte Caroline jedoch mit der Begründung ab, einige Straßen weiter sei eine Haltestelle der Pferdetrambahn, mit der sie fast bis vor die Haustür kommen würde.
VI.
I nsgesamt acht Herren waren zum Abendessen in Grünfelders Villa erschienen. Gegen den ursprünglichen Willen ihres Vaters hatte Wilhelmine durchgesetzt, dass ihre Mutter und sie ebenfalls teilnehmen durften. Sie beherzigte jedoch die Ermahnungen ihrer Eltern und hielt sich zurück. Auch richtete sie ihre Aufmerksamkeit nicht direkt auf Fridolin, sondern unterhielt sich mit allen Gästen, von denen sie angesprochen wurde. Vor allem die beiden Offiziere Hasso von Campe und Friedrich von Trepkow überschütteten sie mit Komplimenten, die sie weitaus lieber von Fridolin gehört hätte. Dieser saß mit gleichmütiger Miene am Tisch und sprach mit Rendlinger darüber, welches Geschenk für Prinz Wilhelm am geeignetsten wäre. Zu seinem Bedauern musste der Industrielle zugeben, dass ihm noch keine vielversprechende Idee gekommen sei.
»Außerdem kommt es ganz darauf an, wie viel Geld wir zusammenbringen können«, rechtfertigte er sich.
An dieser Stelle ergriff Major von Palkow das Wort. »Ich bin der Ansicht, dass wir nicht geizen dürfen, wenn wir die Aufmerksamkeit Seiner Königlichen Hoheit erringen wollen. Geht unser Geschenk in der Masse der übrigen Präsente unter, können wir es auch bei einer Glückwunschkarte belassen.«
Seine Worte wirkten auf den Rest der Anwesenden wie ein eiskalter Guss, hatten die meisten doch geglaubt, sie kämen mit einer kleineren Summe davon.
Rendlinger fasste sich als Erster. »Sie haben recht, Herr Major! Mit Kleinigkeiten brauchen wir uns erst gar nicht abzugeben. Unser Geschenk muss schon etwas darstellen.«
»Auch sollten wir den Charakter des Prinzen berücksichtigen. Würden wir ihm ein teures Schmuckstück kaufen, dürfte dieses in einem Tresor landen und rasch vergessen sein. Um Prinz Wilhelm zu gefallen, muss unser Geschenk teuer und so groß sein, dass es nicht übersehen werden kann«, setzte von Palkow seine Ausführungen in dem Sinne fort, wie der französische Agent Delaroux es ihm aufgetragen hatte.
Rendlinger seufzte theatralisch. »Ich bedauere, dass in meinen Werken keine Lokomotive und keine Eisenbahnwaggons gebaut werden. Wir hätten ihm sonst einen Zug schenken können!«
»So etwas dürfte Seiner
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