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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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Simmerns Frau vermisste Lore diese auf einmal so sehr, dass ihr die Tränen kamen.
    Fridolin griff nach ihrer Hand. »Aber Lore, was ist mit dir?«
    »Ach, nichts! Ich habe eben an Bremen gedacht und an die Freunde, die wir dort hatten.«
    »Du meinst die Freundinnen, die du dort hattest!« Fridolins Miene nahm einen entschlossenen Zug an. Er war es Lore schuldig, dafür zu sorgen, dass sie auch hier Kontakte schließen konnte. Doch jetzt wollte er ihr erst einmal zeigen, wie sehr er sie liebte. Er schlang die Arme um sie und presste sie an sich.
    »Jetzt gehörst du mir«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    »Ich gehöre dir doch schon die ganze Zeit«, antwortete sie kokett und ließ es gerne zu, dass er sie ins Schlafzimmer trug.

V.
    A ls Fridolin am nächsten Tag das Haus verlassen hatte, zog Lore das angefangene Kleid hervor, das sie für Mary nähte, und schlug das Heft mit den Modezeichnungen auf, um das bisherige Ergebnis mit der Vorlage zu vergleichen. Nach einigen prüfenden Blicken lächelte sie zufrieden und machte sich wieder an die Arbeit.
    Als Jutta ihre Herrin selbstversunken mit Nadel und Faden hantieren sah, schnaubte sie unwillig. Es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass die Ehefrau eines Freiherrn und Vizebankdirektors für eine schlichte Schneiderin arbeitete.
    Da Lore ihre Anwesenheit nicht zu bemerken schien, räusperte sie sich und fragte: »Kann ich noch etwas für Sie tun, gnädige Frau?«
    »Ja! Reiche mir bitte die Schere.« Ohne von ihrer Arbeit aufzusehen, streckte Lore die Hand aus.
    Jutta reichte ihr den verlangten Gegenstand und sah zu, wie Lore die Naht mit ein paar Stichen sicherte und den Faden abschnitt.
    Endlich hob Lore den Blick und musterte Jutta von oben bis unten. »Ich glaube, du hast in etwa die Figur der Dame, für die dieses Staatsgewand bestimmt ist. Weißt du was? Du ziehst jetzt dein Kleid aus, und dann probieren wir, wie es dir passt.«
    »Ich soll dieses Kleid anziehen?«, rief Jutta erschrocken.
    »So sehe ich am besten, wie es wirkt. Komm, mach schon!«
    Das Dienstmädchen schlüpfte seufzend aus seinen Sachen und hoffte inbrünstig, dass weder Nele noch der Diener den Raum betreten würden.
    Als sie im Unterrock vor Lore stand, streifte diese ihr das fast fertige Gewand über und zog es glatt.
    »Sehr gut! Es ist doch gleich etwas anderes, wenn ein Mensch die Sachen anprobiert, als wenn man eine Schneiderpuppe dafür nimmt. Bitte halt still!«
    Während Jutta wie zum Standbild erstarrte, steckte Lore das Kleid an einigen Stellen neu ab. Danach machte sie sich Notizen und bedachte das Dienstmädchen anschließend mit einem dankbaren Blick.
    »Das hast du sehr gut gemacht! Jetzt aber wollen wir dich wieder aus diesem Kleid herausschälen.«
    »Da habe ich nichts dagegen. Obwohl ich sagen muss, dass es sich fabelhaft anfühlt. Man merkt eben den teuren Stoff.« Jutta lachte kurz auf, zuckte dann aber zusammen. »Verzeihen Sie, gnädige Frau, ich wollte nicht unverschämt sein.«
    »Das bist du auch nicht gewesen, Jutta. Wie ich schon sagte: Du hast mir sehr geholfen. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gerne noch einige Male ausprobieren, wie das Kleid an dir sitzt. Der Rest sind kleine Änderungen, die auch Mary machen kann.«
    »Mrs. Penn ist eine freundliche Frau, auch wenn sie Engländerin ist«, erklärte Jutta.
    »Mary ist meine beste Freundin, und ohne sie wäre ich hier in Berlin sehr einsam.« Für einen Augenblick fühlte Lore sich bedrückt, wischte diesen Gedanken aber mit einer energischen Handbewegung beiseite.
    »Die Leute reden arg viel dummes Zeug«, antwortete Jutta. »Unter der Hand wird behauptet, Sie wären nur eine schlichte Schneiderin gewesen, als der gnädige Herr Sie geheiratet hat. Sogar Nele und Jean plappern diesen Unsinn nach. Allerdings sollten Sie dieses Gerede nicht auch noch befeuern, indem Sie solche Sachen wie das hier machen!«
    Lore sah überrascht auf. »Ich weiß, dass es dieses Gerede gibt. Aber ich dachte, es wäre auf Kreise der höheren Gesellschaft beschränkt!«
    »Wenn gewisse Leute es einander erzählen, schnappen die Dienstboten es auf und tragen es zu den Bäckern, den Gemüsehändlern und dergleichen weiter. Die wissen dann nichts Besseres zu tun, als es ihrerseits herumzuplappern.« In Juttas Augen war ihre Herrin sehr weltfremd, weil sie die Zusammenhänge nicht begriff. Berlin war nicht nur das Zentrum des Reiches, sondern auch des Klatsches, und eine angebliche Schneiderin, die von einem echten Freiherrn geheiratet

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