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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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als einen gelegentlichen Augenblick
     der Lust. Vielleicht, sagte sie sich, war es diesmal sogar das letzte Mal.
    Sie stemmte sich auf die Ellbogen und beugte sich über ihn. »So, mein Lieber, und jetzt erzählst du mir, was dich bedrückt.«
    Zuerst glaubte Fridolin, er würde es nicht fertigbringen, sein Innerstes vor Hede auszubreiten. Dann aber flossen die Worte nur so aus seinem Mund. Er berichtete von ihrem Leben in Bremen und von seiner Entscheidung, seine wohlgeordnete Existenz unter Thomas Simmerns schützenden Fittichen zu verlassen und seinen eigenen Weg zu gehen. Auch erzählte er von Lores Plänen, einen Modesalon zu eröffnen, und von dem Streit, den es deswegen zwischen ihnen gegeben hatte.
    Hede fragte geschickt nach und brachte nicht nur die Adresse des Modesalons heraus, sondern erfuhr auch von Grünfelders Ehefrau und deren Abneigung gegen Lore, die von deren Tochter in weitaus stärkerem Maße geteilt wurde. Auch verriet er ihr, wie verzweifelt er war, weil er weder Lore den ihr zustehenden Platz in der Gesellschaft verschaffen noch etwas gegen die infamen Gerüchte tun konnte.
    Während er sprach, zog Hede mehr und mehr die Stirn kraus. Kurzsichtig, wie Fridolin als Mann nun einmal war, erklärte er sich die Haltung der Grünfelder-Damen mit deren Angst, einen gesellschaftlichen Fauxpas zu begehen. Sie aber blickte tiefer. Immerhin war Fridolin ein gut aussehender Mann mit exzellenten Manieren, der einem jungen Mädchen, das unbedingt in den Adel einheiraten wollte, ins Auge stechen musste.
    Hede überlegte, ob sie Fridolin darauf aufmerksam machen sollte, sagte sich aber, dass sie andere Menschen nicht wegen eines Bildes, das sie nur durch ihn erhielt, verurteilen durfte. Auf jeden Fall reizte es sie, Lore kennenzulernen, und als Fridolin nebenbei erzählte, seine Frau erscheine zweimal in der Woche vor den Öffnungszeiten im Modesalon, um sich mit Mary zu beraten, stand ihr Plan fest. Fridolin aber redete sie erst einmal gut zu, sich das alles nicht so zu Herzen zu nehmen und Grünfelder gegebenenfalls auch Kontra zu geben.
    »Immerhin bist du kein einfacher Angestellter mehr, sondern Anteilseigner bei seiner Bank. Dies verleiht dir das Recht, deine eigene Meinung zu vertreten. Was deine Frau betrifft, so ist es schade, dass deine alten Berliner Freunde nicht zu jenen zählen, die sie in die bessere Gesellschaft einführen können. Aber ich bin sicher, das wird dir auch so gelingen. Du magst sie vielleicht aus Mitleid und einem gewissen Pflichtgefühl heraus geheiratet haben, aber ich spüre, dass du sie mittlerweile lieb gewonnen hast!«
    »Ich habe sie schon damals geliebt«, wandte Fridolin ein.
    »Ja, aber in einer anderen Weise als jetzt. Damals war sie ein junges, schutzloses Ding, dem du mit einer großzügigen Geste Geborgenheit und Sicherheit schenken konntest. Inzwischen ist deine Lore jedoch keine sechzehn mehr, sondern einundzwanzig und eine selbstbewusste Frau. Damit musst du dich abfinden, mein Lieber! Oder wäre dir ein Weibchen lieber, das den ganzen Tag bewundernd zu dir aufblickt und keinen anderen Willen kennt als den deinen?«
    Hede musste lachen, als sie sah, welches Gesicht Fridolin bei ihren Worten zog. Ein Teil von ihm schien sich wirklich eine Frau zu wünschen, die diesem Bild entsprach. Gleichzeitig aber schauderte er vor der Leere zurück, die sich in einer solchen Ehe rasch ausbreiten würde. Langweilig aber, das hatte sie heraushören können, war Lore von Trettin gewiss nicht.

IV.
    B ereits am nächsten Tag unternahm Hede den Versuch, Lore von Trettin kennenzulernen. Kaum hatten die letzten Kunden das
Le Plaisir
verlassen, teilte sie die Mädchen ein, die sauber machen sollten, und befahl Anton, ihr eine Droschke zu besorgen. Als sie das Haus verließ, blickte Elsie ihr hasserfüllt nach. Für das ehemalige Dienstmädchen, das immer zu jenen zählte, die mit Besen und Staubwedel bewaffnet für den Glanz des Etablissements zu sorgen hatten, war Hede genauso eine Hure wie sie, und es empörte sie, dass diese sich wie eine wohlhabende Dame aufführte. Sie selbst musste jeden Kavallerieoffizier in ihr Bett lassen, der seine Stute besser behandelte als die Frau, die er gerade beschlief. Diese Ungerechtigkeit machte sie unendlich wütend. Da sie aber keine Möglichkeit sah, ihre Situation zu verändern, grübelte sie darüber nach, wie sie Hede und auch Fridolin von Trettin eins auswischen konnte. Dafür musste sie herausfinden, wo der Mann wohnte, dann könnte sie

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