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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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seiner Ehefrau ein paar höchst interessante Informationen zukommen lassen. Diese würde sich gewiss freuen, wenn sie erfuhr, dass ihr Herr Gemahl sich in einem Bordell mit dessen Besitzerin vergnügte, wie sie es letztens heimlich durch den Türspalt hatte beobachten können.
    Unterdessen bestieg Hede die Droschke und befahl dem Kutscher, sie in die Leipziger Straße zu fahren. Als sie Marys Modesalon erreichten, ließ sie halten und wartete. Der Zeiger auf ihrer Taschenuhr wanderte jedoch weiter, ohne dass jemand, der auch nur entfernt einer Dame von Stand ähnlich sah, das Geschäft betrat. Einmal hielt eine Droschke, und ein hagerer Mann von etwa vierzig Jahren half einer jungen Frau, deren Kleidung die erfolgreiche Geschäftsfrau verriet, fürsorglich aus dem Wagen. Dies musste Mary Penn sein, von der Fridolin erzählt hatte. Das Paar verschwand im Haus, während die Droschke wieder abfuhr. Kurz darauf kehrte der Mann zurück und schlenderte das Trottoir entlang. Als er an Hedes Droschke vorbeikam, hörte sie, dass er ein fröhliches Seemannslied sang. Also handelte es sich wohl um einen Matrosen. Nun aber wirkte er auf Hede wie ein Spießbürger, der seine wilden Tage hinter sich gelassen hatte.
    Einige junge Frauen, ihrer schlichten Kleidung nach Marys Näherinnen, huschten auf die Tür zu und verschwanden darin. Kurz darauf wurde das Schild entfernt, das den Laden als geschlossen angezeigt hatte, und die ersten Kundinnen erschienen.
    »Heute habe ich wohl keinen Erfolg«, murmelte Hede, ohne sehr enttäuscht zu sein. Sie wusste, dass derjenige, der sich auf die Jagd begab, viel Geduld aufbringen musste. Da sie nach der durchwachten Nacht herzlich müde war, befahl sie dem Droschkenkutscher, zu ihrem Haus zurückzufahren, und lehnte sich gegen das Rückenpolster. Das Klappern der Hufe wirkte einschläfernd, und sie musste sich zwingen, wach zu bleiben. Vor dem
Le Plaisir
bezahlte sie den Kutscher und steckte ihm ein gutes Trinkgeld zu. »Komm morgen um acht Uhr wieder hierher!«
    »Det mack ick jerne, jnädige Frau!« Dem Mann war es gleichgültig, ob er eine Gräfin oder eine Puffmutter transportierte, Hauptsache, sie zahlte gut.
    Im
Le Plaisir
ließ sie ihren Blick durch den Salon gleiten und rief dann Elsie zu sich. »Was soll das?«, fragte sie und wies auf einen Rotweinfleck auf einem der Sofas.
    »Ich bin noch nicht dazu gekommen«, maulte diese, die ihre Arbeitsutensilien bereits weggeräumt hatte.
    Hede fuhr auf. »Ich gebe dir einen guten Rat, meine Liebe! Entweder du spurst und tust alles, um mich zufriedenzustellen, oder du kannst gehen. Dann stehst du an der Straße und lässt dich hinter einem Hauseck durchficken oder musst in einem der Hinterhofbordelle in der Friedrichstraße anschaffen. Und ich glaube nicht, dass es dir dort besser gefallen würde als hier.«
    Mit diesen Worten kehrte Hede ihr den Rücken und zog sich in ihre Privaträume zurück. Elsie starrte ihr nach und stieß eine französische Verwünschung aus, die sie bei einer früheren Herrin gelernt hatte.
    »Sei froh, dass die Patronin dich nicht umgehend hinausgeworfen hat«, sagte Lenka verärgert. Obwohl sie zu den erfolgreichsten Mädchen im
Le Plaisir
gehörte, war sie sich nicht zu schade, ihren Anteil an der Putzarbeit zu leisten. Daher ärgerte sie sich über Elsie, die alles nur halbherzig und schlampig erledigte.
    »Hättest du keine langen Finger gemacht, könnest du besser leben«, spottete eine der anderen Huren.
    »Du, pass auf! Sonst setzt es Ohrfeigen«, drohte Elsie.
    »Komm nur her! Ich zerkratze dir dein Gesicht so, dass du deinen nächsten Freiern nur noch den Hintern anbieten kannst.«
    Einen Augenblick lang sah es so aus, als käme es tatsächlich zu Handgreiflichkeiten, da trat Lenka dazwischen. »Gebt jetzt Ruhe, alle beide! Elsie, du kümmerst dich um den Rotweinfleck. Dafür kehre ich das Separee, um das du bislang einen weiten Bogen gemacht hast, und Hanna wird das Bett neu überziehen.«
    »Wie käme ich dazu?«, schimpfte Hanna.
    »Weil ich dich darum bitte!« Lenka lächelte dabei so freundlich, dass die andere schnaufend zustimmte.
    »Einverstanden! Aber ich tu es nur deinetwegen und nicht wegen dieser diebischen Elster.«
    »Jetzt sei nicht so nachtragend. Ich kann verstehen, dass Elsie Geld haben wollte, um von hier fortzukommen. Glaubst du, mir macht es Freude, mich von jedem Kerl rammeln lassen zu müssen, der es bezahlen kann?«
    »Und warum bist du dann hier?«, fragte Hanna.
    »Weil meine

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