Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
Vom Netzwerk:
den Damen der anderen Offiziere vorstellte, würde sie endlich in die Gesellschaft aufgenommen werden. In diesen Kreisen würden ein paar Hinweise auf ihren Großvater alle Türen öffnen.
    Während Fridolin seinen Gedanken nachhing, hätte man im Raum eine Nadel fallen hören. Lore schwieg ebenfalls. Sie war wütend, weil Fridolin sich immer stärker von Grünfelder bestimmen ließ. Und wenn sie nun darüber nachsann, so wurde ihr klar, dass er in Bremen meist nach Thomas Simmerns Willen gehandelt hatte. Ihr Mann schien nicht in der Lage zu sein, selbst Entscheidungen zu treffen. Dabei hatte sie selbstverständlich erwartet, dass er sein und ihr Leben aus eigener Kraft gestaltete.
    »In Bremen haben wir besser gelebt«, sprach sie das aus, was ihr als Nächstes in den Sinn gekommen war.
    Fridolin fasste ihre Worte als Kritik auf. »Bei Gott! Ich kann Grünfelders Frau doch nicht zwingen, dich zu empfangen. Es sind nun einmal Gerüchte über dich im Umlauf, die dich in keinem guten Licht erscheinen lassen.«
    »Ich schäme mich nicht, mich und meinen Großvater mit dem Geld ernährt zu haben, das ich bei Frau Lepin mit Nähen verdient habe. Schämen müssten sich die, die uns dazu gezwungen haben!« Lores Stimme klirrte, doch Fridolin machte nur eine wegwerfende Handbewegung. »Mein Vetter Ottokar kann sich nicht mehr schämen. Der ist längst tot.«
    »Aber Malwine sollte es tun! Ich bin sicher, dass sie hinter diesen üblen Reden steckt«, rief Lore empört.
    »Du leistest ihr aber auch Vorschub, indem du dich andauernd in Marys Schneiderladen herumtreibst! Da ist es kein Wunder, wenn die anderen Damen dich für eine Schneiderin halten.«
    Lore funkelte ihren Mann wütend an. »Was bleibt mir denn anderes übrig, als Mary zu besuchen? Sie ist die einzige Frau hier in Berlin, mit der ich über alles reden kann. Deinen Bankiersdamen bin ich ja nicht einmal eine Tasse Kaffee wert!«
    »Grünfelders Ehefrau ist eine dumme Pute und nur darauf bedacht, die bessere Gesellschaft nachzuäffen, in die sie durch den geschäftlichen Erfolg ihres Ehemanns aufgestiegen ist. Dabei gibt sie sich päpstlicher als der Papst und wagt es nicht, dich einzuladen, weil diese Gerüchte im Umlauf sind. Aber du wirst schon noch andere Bekannte finden«, antwortete Fridolin hilflos.
    Seinen Worten entnahm Lore, dass es ihn nicht sehr interessierte, wie es ihr erging. Ihr Unmut stieg, und sie stand abrupt auf. Anscheinend war sie nur gut genug gewesen, Fridolin ihr Geld auszuhändigen, damit er sich bei Grünfelders Bank einkaufen konnte. Dabei hatte er vor ihrer Heirat in schäbigen Dachkammern gehaust und von der Hand in den Mund gelebt. Erst durch sie und Thomas Simmern hatte er einen Posten erhalten, der seinem Stand angemessen gewesen war. Ohne diesen Aufstieg hätte er niemals in Grünfelders Bank eintreten können. Nun tat er so, als wäre dies alles sein Verdienst und sie nur ein lästiges Anhängsel, das brav zu Hause hocken und Konfekt naschen sollte. Am liebsten hätte sie Fridolin einige deutliche Worte an den Kopf geworfen. Allein die Angst, einen Streit auszulösen, der vielleicht nicht mehr beigelegt werden konnte, ließ sie davon absehen.
    »Gute Nacht«, sagte sie stattdessen und verschwand in Richtung Badezimmer, um sich zum Schlafengehen zurechtzumachen.
    Fridolin sah ihr trotzig nach. Wie kam sie nur dazu, ihm vorzuwerfen, er setze sich nicht genug für ihre Belange ein. Dabei hatte er dies sowohl bei Grünfelder wie auch bei dessen Gattin getan. Dass er keinen Erfolg gehabt hatte, war ja wohl nicht seine Schuld. Auch die Überlegung, für ein Jahr zum Militär zu gehen, entsprang nicht zuletzt seinem Wunsch, dort Kontakte knüpfen zu können, die seiner Frau zugutekamen.
    »Der Teufel soll die Weiber holen!«, sagte er mürrisch und meinte dabei sowohl Grünfelders Gattin wie auch Lore, die ihn und seine Absichten grundsätzlich misszuverstehen schien.
    An diesem Abend fühlte Fridolin sich nicht mehr in der Lage, noch einmal mit seiner Frau zu reden. Daher zog er sich an und beschloss zum ersten Mal, seit er wieder in Berlin weilte, Hede Pfefferkorns Bordell von sich aus aufzusuchen. Im Grunde ging es ihm genauso wie Lore. Außer Hede gab es hier keinen Menschen, dem er sich anvertrauen konnte. Selbst Marys Ehemann Konrad Benecke würde im Zweifelsfall auf Lores Seite stehen – und von Vorwürfen hatte er an diesem Tag die Nase voll.

III.
    A ls Fridolin kurz darauf das
Le Plaisir
betrat, blickte der Türsteher zuerst

Weitere Kostenlose Bücher