APROPOS JANE ROBERTS - ERINNERUNGEN EINER FREUNDIN (German Edition)
Irgendwann während des Essens wandte er sich zu Ned und brüllte: „Denk daran, mein Junge – wenn du ihr je weh tust, nagle ich deine Eier an eine Felswand und kicke deinen Arsch über den Abgrund!“ Es war das Einzige, was er während des ganzen Nachmittags zu Ned sagte.
Meine Mutter und ich lachten hysterisch – nein, wir kreischten sogar. Ich wagte es nicht, Jane anzuschauen.
Endlich konnten wir alle entkommen, und wir vier kehrten in Janes und Robs Wohnung zurück und machten ein paar Polaroidfotos, um dieses Ereignis festzuhalten. Von diesem halben Dutzend Fotos erinnere ich mich nur an eines ganz deutlich: Darauf steht Jane, mit nicht viel mehr Substanz als derjenigen einer Elfe, zwischen Ned und mir, beide unsere Arme sind sorgfältig um ihre Schultern gelegt und ihr Lächeln scheint aus Eis ziseliert zu sein. An diesem Punkt, nach all dem Klettern und Beugen und dem ganzen gesellschaftlichen Wohlverhalten, muss sie in Agonie gewesen sein. Aber sie versteckte es gut, zumindest vor mir. Alle diese Fotos sind nun verloren, denn als ich sie 1999 suchte, entdeckte ich, dass sie aus meiner und auch aus Robs Sammlung verschwunden waren, was in der Tat ziemlich seltsam ist, denn er und ich sind beide pedantische Sammelnaturen, wenn es darauf ankommt, solche Dinge zu behalten, „für das Protokoll“, wie Rob sagen würde.
Alles das fand an einem Dienstag statt, und so nahmen Ned und ich auch noch an der ASW-Klasse teil, in der Seth uns einen langen (und tatsächlich sehr ergreifenden) Vortrag über „Die Zeremonie der Himmel und der Bäume und sogar des Grases“ und über „In das Angesicht der Verletzlichkeit blicken und Freude finden“ hielt. Nun, zumindest Seth war damals voller Hoffnung. Dann gingen Ned und ich zurück in meine trostlose kleine Wohnung am Rande der Cornell-Universität und versuchten, das Leben miteinander anzugehen.
Jane teilte mir später ihre Eindrücke über meine Eltern mit und bezeichnete sie als Leute, die aufgrund ihrer Kleider und Möbel in einem veralteten Zeitrahmen stecken geblieben waren, vor allem meine Mutter. Ohne direkt unwahr zu sein (das Haus steckte von oben bis unten voller Antiquitäten und hatte erst noch eine rote Samtblumentapete im Esszimmer), fand ich diese Bemerkungen urkomisch: Hatte Jane je einen Blick auf ihre eigenen Kleider geworfen? Und um ehrlich zu sein - wer von uns steckte nicht in irgendeiner Art von Zeitrahmen, in einem Element unserer Vergangenheit, in das wir gerne zurückkehren würden? Aber vielleicht missverstand ich auch Janes Worte; vielleicht meinte sie etwas anderes und versuchte nur, höflich zu sein. Ich weiß es nicht. Ich jedoch hatte Jane nie etwas von den Eindrücken erzählt, die meine Mutter von ihr hatte. Tatsächlich hatte ich es auch nie irgendjemand anderem erzählt, bis jetzt, da ich in diesen Erinnerungen darüber schreibe.
Dass dies die einzige Diskussion war, die Jane und ich je über dieses ganze Ereignis miteinander führten, erfüllte mich viel später mit Traurigkeit, als ich nach mehr als drei Dekaden zurückblickte und zum ersten Mal die Leere sah, die zwischen uns existierte. In jenen Momenten verhielten sich Jane und ich wie Lehrerin und Schülerin, intellektuell verbunden durch eine psychische Analyse, aber ohne die vertraute Wärme wahrer Freundschaft, und das war ungefähr auch die Art und Weise, in der wir miteinander verkehrten, obwohl ich es damals oder auch in meinem Leben gesamthaft gesehen nicht erkannte. Soviel anderes in meiner Beziehung zu ihr war so absolut wunderbar, dass dieser Mangel kaum ins Gewicht fiel und, um ehrlich zu sein, fühlten wir uns innerhalb dieser Grenzen auch wohl. Aber es war genau diese emotionale Distanz, die es uns fast unmöglich machte, unsere Erwartungen, das heißt, grundsätzlich Janes Erwartungen, für einmal zu vergessen und voreinander auch einmal dumm und lächerlich sein zu dürfen, ein Geschenk, das einem erst durch Intimität zuteil wird. Stattdessen spürte ich ihre Missbilligung – über meine Handlungen, über den Lebensstil meiner Eltern, über meine Nachgiebigkeit statt meiner Entschlossenheit – und vielleicht war auch sie mir oder anderen gegenüber vorsichtig, obwohl ich bewusst keinen Grund für irgendwelche Missbilligung hatte (zumindest keinen, den ich gewagt hätte, auszudrücken). Kein Wunder also, dass diese Hochzeitsfotos, die einzigen, die Jane und mich Seite an Seite zeigen, in eine andere Welt entschwunden sind. 2
Sieben Monate später, elf
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