APROPOS JANE ROBERTS - ERINNERUNGEN EINER FREUNDIN (German Edition)
korrekt. 2
„Ich nehme an, wir hielten uns an unserem Lebenswerk fest,“ sagte sie und ich machte einen halbwitzigen Bezug zur Parallele der Luftschutzräume in Die Kastanienkette . Es gab kein heißes Wasser, aber sie hatten genug zu essen und seltsamerweise, ja komischerweise blieb die Elektrizität bei ihnen immer in Betrieb. Und warum wohl? Während Wochen hatte niemand sonst in den umliegenden Quartieren Elektrizität.
Dann lud Jane mich ein, in ihre Wohnung einzuziehen – in die ursprüngliche, dort, wo die ASW-Klasse abgehalten wurde –, während ich meine eigene Wohnung putzte und versuchte, wieder eine Art Ordnung in mein Leben zu bringen. Es war ein außerordentlich großzügiges Angebot und ich akzeptierte es und verdarb es im gleichen Moment. Ich fragte, ob mein neuer Freund bei mir bleiben könne, da seine Wohnung auch überschwemmt worden sei. Janes Reaktion auf diese Bitte habe ich gnädigerweise aus meiner Erinnerung gelöscht, aber sie muss offensichtlich zugestimmt haben. Ich wusste bereits, dass sie den Kerl nicht mochte und er hätte viele andere Unterkunftsmöglichkeiten gehabt. Meine Ausnützung von Janes und Robs gutem Willen ging weit über Rücksichtslosigkeit hinaus.
Mein Freund und ich blieben schließlich ungefähr einen Monat dort und das tägliche Szenario verlief in etwa folgendermaßen: Ich ging in meine feuchte, zerstörte Wohnung und verbrachte Stunden damit, sie auszuschaufeln, die Wände abzuschaben, zu putzen, Dinge herumzuschmeißen, zu heulen und machte doch nicht viel mehr als Schlamm und zerstörte Gegenstände auf den Gehsteig zu transportieren (alle meine Bücher, alle Babykleider und Spielzeuge von Sean, alle unsere Möbel, alle…), dann schleppte ich mich in Nummer 458 zurück, um mich und die einzigen Kleider, die ich hatte, im stechenden, eiskalten Wasser aus der neundüsigen Dusche, auf die Jane und Rob so verdammt stolz waren, zu waschen, und zog dann einen alten Bademantel an, den ich unversehrt zuoberst auf meinem Schrank gefunden hatte, hing meine nassen Kleider draußen an die Leine, damit sie am nächsten Tag wieder trocken waren, aß ein paar Brote und fiel in einem Zustand erschöpften Deliriums, der entfernt an Schlaf erinnerte, auf das Sofa. Zuerst half mir mein Freund beim Aufräumen, aber nach ein paar Tagen entschied er sich, dass er seine Zeit besser nutzen könnte, wenn er am Tisch vor den Erkerfenstern saß und für alle kommenden Zeitläufe eine epische Hymne über die furchtbare Flut und die Zerstörung, die uns alle heimgesucht hatte, verfasste. Das, so versicherte er mir, sei sein wahres Schicksal.
So saß er dann den ganzen Tag da und schrieb, während ich putzte. Sagte ich je ein Wort darüber? Nein! Schließlich war es ja nicht seine Wohnung, die unter einem halben Meter Flusssand begraben und voller Heizöldünste war, nicht wahr? Brachte ich ihm auf seine Bitte hin nicht jeden Tag Zigaretten und Bier aus dem einen Häuserblock entfernten Laden? Natürlich! Ich ging ja sowieso jeden Morgen weg, nicht wahr? Natürlich tat ich das. Am Abend las er mir jeweils die weiteren Folgen seines großartigen Werkes vor, das mehr Seiten füllte, als ihm die so genannten Flutopfer je hätten erzählen können. Später publizierte er das Ganze im Eigenverlag in Form eines kleinen Buches und überreichte Jane und Rob in aller Förmlichkeit ein eigenhändig signiertes Exemplar. Ich erinnere mich, dass Jane höflich lächelte und sich bedankte. Ich erinnere mich auch, dass ich mir vorstellte, wie Rob täglich durch dieses Wohnzimmer am langsam entstehenden Epos vorbei schritt, um in sein Atelier im hinteren Teil der Wohnung zu gelangen. Ich erinnere mich gedacht zu haben, dass ich vielleicht ein riesengroßes Glas Flussschlamm trinken und auf der Stelle hätte tot umfallen sollen und sich das Ganze so erledigt hätte.
Irgendeinmal – möglicherweise am Dienstag nach der Flut – trafen die Boys aus New York für die ASW-Klasse ein, ohne zu wissen, was in Elmira alles geschehen war. „Wir wussten, dass es da einen Hurrikan gegeben hatte,“ erinnert sich Rich Kendall, „aber wir fuhren trotzdem nach Elmira, weil wir ja nicht wussten, wie groß der Schaden war. Als wir aus unserem Auto vor Janes Haus ausstiegen, teilten uns die Soldaten der Nationalarmee via Megaphon mit, dass wir uns von der Straße entfernen sollten, weil Ausgangsperre war. Als sie uns fragten, weshalb wir überhaupt hier seien, entschieden wir uns zu sagen, dass wir Freunde
Weitere Kostenlose Bücher