APROPOS JANE ROBERTS - ERINNERUNGEN EINER FREUNDIN (German Edition)
stehen zu bleiben, starr vor Verwunderung, woher all das Wasser kam.
Schließlich ging ich durch den Garten zurück ins Haus, um meinen Sohn aufzuwecken. Das Telefon läutete. Als ich antwortete, schrie meine Mutter: „Was machst du noch dort? Geh weg, geh weg, geh endlich weg!“ Ich wollte etwas sagen, aber mein Vater riss ihr den Hörer aus der Hand und brüllte: „Du nimmst jetzt sofort das Kind und gehst aus dem Haus!“ Und obwohl ich ihm versicherte, dass ich das jetzt gerade tun würde, verspürte ich immer noch keine spezielle Eile dabei. Ich dachte: „In Ordnung, ich gehe mal für eine Weile zu meiner Tante und zu meinem Onkel im westlichen Teil von Elmira.“ Ich nahm an, dass das Wasser ein paar Pfützen im Garten hinterlassen würde, und das wäre es dann gewesen.
Ich nahm genau vier Dinge mit: Windeln, ein Paket mit meinen Manuskripten in einem Kissenanzug, meine Schreibmaschine und meine Handtasche. Fünf, wenn man Sean dazuzählt, und sechs, wenn man noch seine Schmusedecke dazuzählt, die ja streng genommen sein Gepäck war. Ich nahm keine zusätzlichen Kleider für uns beide und nicht einmal meine Katze mit. Erst als ich an der Ecke der Walnut- und Water Street war (in einem Auto, das mir Anfang Woche von meinem neuen Freund ausgeliehen worden war), erkannte ich den Ursprung dieses enormen dröhnenden Geräusches. Es war der Fluss, der mit einem explosionsartigen Gebrüll den Zementdamm überspülte und die West Water Street auffüllte, so dass sie aussah wie eine überfließende Badewanne der Götter.
Endlich kam ich zur Vernunft; ich drückte das Gaspedal hinunter, schnitt die Kurve und raste der Walnut Street entlang mit der Flut buchstäblich hinter meinen Rädern. Mein Onkel telefonierte gerade mit meiner Mutter, als wir in seinem Haus, weit oberhalb der Flut, ankamen. Es würde der für einige Wochen letzte mögliche Telefonanruf nach Webbs Mills gewesen sein, aber zumindest wussten meine Eltern nun, dass wir in Sicherheit waren. An jenem Nachmittag brachte ich Sean zu seinen Großeltern nach Odessa. Ich sah ihn dann fast zwei Monate lang nicht mehr.
Wenn ich mich daran erinnere, was ich an jenem Tag im Fluss verlor, kommt mir Folgendes in den Sinn: die in einem schlammbedeckten Schreibtisch begrabenen Erzählungen und Gedichte aus meiner Kindheit und der kleine silberne Ring, den Rachael Clayton aus der ASW-Klasse Sean bei seiner Geburt geschenkt hatte. Aber alle meine Traumaufzeichnungen, die in meinem Nachttisch versorgt waren, überstanden die Flut trocken und unversehrt, obwohl sie, wie alles andere auch, überschwemmt worden waren.
* * * *
Das Wasser zog sich am Samstagnachmittag zurück. Ich fuhr durch die Brühe zu meiner Wohnung und stieß die Türe auf. Natürlich war ich zutiefst entsetzt. Alle Möbel waren umgeworfen und alles war schlammbedeckt. Meine Siamkatze hatte überlebt, weil sie auf dem gleichen Sessel herumgeschwommen war, in den Jane damals eingesunken war. Es war die einzige trockene Oberfläche im ganzen Raum gewesen und das Wasser war nicht ganz bis an die Decke gelangt. Sogar die Wände waren mit Schlick bedeckt. Die Katze fand nie wieder ihre Stimme – sie konnte nur noch wie eine zerbrochene Türangel krächzen, und wer kann ihr das übel nehmen?
Draußen standen Leute im stinkenden kniehohen Dreck herum, bewegungslos, sprachlos. Wieder erfüllte ein Geräusch die Luft: Das Donnern des nahen Flusses, vermischt mit einem gewaltigen zischenden Dröhnen und dazu ein überwältigender Gestank von Heizöl und Gas. Ich nahm an, dass die Gasleitungen wahrscheinlich zerstört waren – was taten wir also alle hier, warteten wir nur darauf, in die Luft gejagt zu werden? Ich weiß nicht, warum uns erlaubt wurde, schon so bald wieder zurückzukehren, aber wahrscheinlich war gar niemand da, der es uns hätte verbieten können. Eigentlich wollte ich jetzt nur noch zu Janes und Robs Wohnung gehen, um zu sehen, ob ihre Wohnung intakt geblieben war.
Ich watete durch den Schlamm und Lärm durch die Straße zur Nummer 458. Die vorderen Verandastufen waren mit Trümmern übersät und so ging ich auf die Rückseite, um zur Treppe zu gelangen, die zur Flurtüre im zweiten Stock führte. In diesem Moment erblickte ich Janes und Robs alten Wagen in der Garage. Er war halb im Schlamm versunken und einer der Reifen war platt.
Mein Herz hämmerte an meine Rippen. In jener Sekunde war ich völlig davon überzeugt, dass sie versucht hatten, wegzufahren und durch die steigenden
Weitere Kostenlose Bücher