Aqua
und sich anschließend quer zur Fahrrinne gestellt. Der Schiffsverkehr wurde in diesem Abschnitt des Flusses gesperrt, ebenfalls die Brücke für den Straßenverkehr. Das manövrierunfähige Schiff konnte inzwischen in den Trierer Hafen geschleppt werden. Aufgrund des auf knapp sieben Meter angestiegenen Moselpegels wurde die Schifffahrt mittlerweile komplett eingestellt. Und das sollte eine Weile so bleiben, denn für heute und die nächsten Tage wurden weitere ergiebige Regenfälle vorhergesagt.
Während der Wagen im Stau an der Ampel zur Kaiser-Wilhelm-Brücke stand, schaute Walde hinunter auf die schnell fließenden braunen Fluten. Ein schwarzer Vogel hatte sich mit zum Trocknen ausgebreiteten Flügeln auf dem Schild an der Spitze der überfluteten Insel niedergelassen, das nur noch wenige Zentimeter aus dem Wasser ragte. Auch nach der nächsten Ampelphase hatte er sich noch nicht bewegt. Walde war sich nun nicht mehr sicher, ob es sich bei dem Vogel nicht um eine Skulptur handelte, die ihm bisher nicht aufgefallen war.
»Spielen wir hier Hase und Igel?«, fragte Walde, als er ein paar Minuten später den zitronengelben Smart auf dem Parkstreifen an der Allee unweit von Brödings Kanzlei parken sah.
»Andere Nummer«, stellte Gabi beim Blick auf das Kennzeichen fest. Im Vorbeigehen spähte sie ins Wageninnere. »Keiner drin«, rief sie Walde zu, der neben dem Wagen auf dem Bürgersteig stehen geblieben war. »Ich muss nach Hause. Mach’s gut.«
Walde blickte ihr kurz nach, bevor er sich in die andere Richtung wandte, wo ein Polizist vor dem geschlossenen Tor an der Einfahrt zur Anwaltskanzlei stand.
»Haben Sie einen Schlüssel?«, fragte Walde.
»Vom Tor?« Der Regen tropfte dem Kollegen vom Schirm der Mütze auf die nasse Jacke, an der er den Kragen hochgeschlagen hatte.
»Vom Haus.«
»Nein.« Der Mann rieb seine Handflächen aneinander, bevor er das Absperrband, Tropfen versprühend, anhob, um Walde darunter hindurchzulassen.
Die Rechtsanwaltsgehilfin, die Walde vorhin angerufen hatte, war noch nicht eingetroffen und Grabbe schien noch in der Nachbarschaft unterwegs zu sein.
»Wenn Frau …«, Walde schlug sein Notizbuch auf, »Vera Helmes kommt«, las er von den sich im Regen dunkel färbenden Seiten ab, »lassen Sie sie bitte durch.«
Walde stieg die Stufen zur Haustür hoch, um Schutz unter dem von zwei Säulen gehaltenen steinernen Balkon zu suchen. Er nahm sein Handy heraus und spähte, nachdem er gewählt hatte, durch die schmale, in das Holz eingelassene Scheibe, die innen mit Schmiedeeisen gesichert war, in den Hausflur. Am hinteren Ende war eine Holztreppe zu erkennen.
»Wo bist du?«, fragte er, als Grabbe sich meldete.
»Noch bei der Befragung von Brödings Nachbarschaft.«
»Schon was erfahren?«
»Nein, nichts.«
»Okay, ich bin wieder an der Kanzlei. Hast du einen Schlüssel?«
»Nein, ich komme gleich rüber. Burkhard Decker ist telefonisch nicht zu erreichen. Ich habe eine Nachricht in seinem Hotel hinterlassen.«
»Und was macht der Durchsuchungsbeschluss für die Kanzlei?«, fragte Walde.
»Monika kümmert sich darum.«
Ein Quietschen ließ Walde den Blick zur Einfahrt wenden, wo der Polizist das Tor aufdrückte. Ein heller Kleinbus setzte rückwärts in die Einfahrt..Aufarbeitung von Immobilien’ stand auf der Heckscheibe.
Kaum stand der Wagen, stiegen zwei Männer aus. Nachdem der eine die Heckklappe geöffnet hatte, reichte der andere ihm einen weißen Schutzoverall. Mit routinierten Bewegungen streiften sich beide die Overalls über.
Wieder quietschte das Tor. Eine Frau, Mitte bis Ende dreißig, wich in leicht geduckter Haltung den Pfützen aus. Ihre weit über die Hüfte reichende Steppjacke hielt sie mit beiden Händen zusammen. Walde ging ihr die Stufen hinunter entgegen.
»Frau Helmes?« Als sie nickte, reichte er ihr die Hand. »Mein Name ist Bock. Danke, dass Sie so kurzfristig kommen konnten.«
Ihre Hand war eiskalt. Walde fragte sich, ob er sie nicht besser ins Präsidium bestellt hätte. Er hatte sich so gestellt, dass ihr die Sicht zu Brödings Wagen versperrt war. Walde ließ Vera Helmes den Vortritt auf den Stufen zur Haustür.
»Ich habe Ihnen bereits geschildert, was geschehen ist.« Er blieb zwei Stufen tiefer stehen, um mit der Frau auf Augenhöhe zu sein. »Wir brauchen Sie als Zeugin, wenn wir uns gleich in der Kanzlei …«
»Entschuldigung.« Ein Mann vom Tatortreinigungsteam streckte ihnen eine Kabeltrommel entgegen und bat darum, eine
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