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Aqua

Aqua

Titel: Aqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martini
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Sie bitte mit in die Küche.« Sie ging über die knarzenden Dielen voraus.
    Auf dem weiteren Weg schaute er durch eine der offenen Türen. Eine in ein dunkles Kleid gehüllte Gestalt stellte sich nach kurzer Irritation als Schneiderpuppe heraus.
    In der geräumigen Küche fiel sein Blick auf den im Schachbrettmuster gefliesten Boden. Der Belag schien noch aus den Anfangszeiten des Hauses zu stammen. Die Einrichtung bestand aus einer Kombination aus alten Möbeln und edler Küchentechnik. Als Isabelle Neumann ihm einen Platz an dem Holztisch anbot, wählte er den Stuhl an der Heizung neben dem Fenster.
    »Darf ich Ihnen einen Tee anbieten?«
    »Danke.« Eigentlich hatte Grabbe es mit ein paar Sätzen an der Tür bewenden lassen wollen, aber nun saß er hier in der warmen Küche.
    Sie schenkte ihm aus einer Keramikkanne auf einem Stövchen ein und legte einen Löffel neben Grabbes Tasse. Eine Dose mit Kandiszucker stand auf dem Tisch.
    »Danke.« Grabbe wärmte sich vorsichtig die Hände an der heißen Tasse. »Sie haben die Polizei alarmiert?«
    Sie nickte. Aus der Nähe verrieten die kleinen Fältchen unter ihren Augen, dass sie deutlich älter sein musste als die dreißig Jahre, auf die er sie zuerst geschätzt hatte.
    Mit dem Löffel balancierte er einen Brocken Kandis in seine Tasse. »Haben Sie heute Nacht … ist Ihnen irgendwas aufgefallen?«
    »Heute Morgen … als ich aus dem Fenster …« Sie stand auf. Vor der Spüle blieb sie stehen. »Wollen Sie es sehen?«
    Grabbe ließ den Löffel in der Tasse und stand ebenfalls auf. Sie hätten sich eigentlich erstmal unterhalten und er sich aufwärmen können, aber nun folgte er ihr in die Diele. Und diesmal erlaubte er sich, ihre Figur von hinten zu betrachten, deren weibliche Rundungen in der engen Kleidung deutlich zur Geltung kamen. Als sie an der offenen Tür vorbeikamen, schweifte sein Blick wieder in den Raum mit der Schneiderpuppe. Nun sah er auch die hellen Regale an den Wänden, Billy von Ikea. Hinter den Glastüren lagerten verschiedenfarbige Stoffballen. Über einem Arbeitstisch schien eine Lampe auf eine Nähmaschine, aus der rostroter Stoff bis zum Fußboden hinunter hing. Isabelle Neumann hatte gerade ihre Arbeit unterbrochen.
    Sie öffnete eine weitere Zimmertür. Grabbe beschleunigte seine Schritte, um zu ihr aufzuschließen. Es folgte ein großes, minimal möbliertes Schlafzimmer mit einem gemachten Bett zwischen zwei Nachtschränkchen. Eine an Drähten schwebende Lampe warf ein gelbliches warmes Licht auf die gegenüberliegende Wand.
    Während die Frau mitten im Zimmer stehen blieb, sah Grabbe zwischen den Pflanzen auf der Fensterbank hindurch hinunter zum Hof, wo zwei dunkel gekleidete Männer einen geschlossenen Metallsarg davontrugen. Zurück blieb eine große, bereits verdünnte Blutlache, die der Regen über feine Verästelungen zwischen dem Pflaster leitete wie Wasser am Strand, das ein Kind durch selbst gegrabene Rinnen abfließen lässt.
    Die Kopfverletzung des auf dem Bauch liegenden Opfers war sicher auch von hier oben zu sehen gewesen. Vielleicht durch die Dunkelheit ein wenig abgemildert. Kein Wunder, dass die Frau sich diesen Anblick kein zweites Mal antun wollte.
    »Schlimm.« Grabbe fühlte sich bemüßigt, etwas zu sagen. Kaum hatte er das Wort ausgesprochen, kam es ihm banal vor.
    Aber auf sie schien es nicht so zu wirken, wie sie da im Zimmer stand: nachdenklich und verschüchtert. Am liebsten hätte er den Arm um sie gelegt.
    Könnte seine Kollegin Gabi Gedanken lesen, hätte sie ihn in dieser Situation gefragt, ob ihn dieses beschützende Gefühl auch überkommen hätte, wenn Frau Neumann ein altes Mütterchen gewesen wäre.
    »Leben Sie allein?«
    »Mein Mann arbeitet in Berlin und kommt, so oft er kann, nach Trier. Manchmal fahre ich auch zu ihm nach Berlin, aber meine Arbeit lässt das nicht allzu häufig zu. An diesem Wochenende ist er zu einem Kongress in Wien.«
    »Haben Sie etwas gehört heute Nacht?«
    »Gestern Abend ist Herr Bröding mit dem Auto hinter das Haus gefahren. Er hat wohl noch gearbeitet.«
    »Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen?«
    »Was meinen Sie?«
    »Hatte er vielleicht Besuch oder haben Sie später was im Hof gehört?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Während Walde den Wagen auf der kurvigen, bergauf führenden Straße Richtung Eifel lenkte, tippte Gabi eine Nachricht in ihr Smartphone. Links auf der stadteinwärts führenden Spur verursachte der Berufsverkehr einen kilometerlangen Rückstau. Die

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