Aqua
tastete den Raum dahinter ab.
»Hier müsste das Ding eigentlich liegen.«
»Wann wurde es zuletzt gebraucht?«
»Also im Januar … nee, im Februar müsste es gewesen sein.«
»Und wer von Ihnen hat das Gerät benutzt?«
»Das war der Ludwin, unser Viehdoktor. Der hat auch schon im Schlachthof gearbeitet.« Sven Holtzer räumte die Packungen wieder ein und versuchte es auf dem Brett darüber.
»Und danach ist es wieder in diesem Schrank verstaut worden?«
»Eigentlich schon.«
»Lassen Sie uns mal ran.« Meyer gab seinen drei Kollegen einen Wink. Im Handumdrehen hatten diese alle Fächer ausgeräumt. Währenddessen notierte sich Walde den Namen des Tierarztes. Das Bolzenschussgerät war nicht zu finden.
»Ist dieser … der Bröding, der ist doch nicht etwa mit …«
Walde konnte dem Blick von Sven Holtzer nicht ausweichen. Was sollte er ihm sagen? Er entschied sich zu schweigen.
Der junge Bauer nahm sein Handy aus der Tasche.
»Was haben Sie vor?«
»Ich ruf den Ludwin an.«
Er ließ lange klingeln und musste sich dann mit einer Nachricht auf die Mailbox begnügen, mit der er dringend um Rückruf bat.
Als Walde geduckt über den Hof zum Wohngebäude ging, nahm der Regen dermaßen zu, dass er die letzten Meter im Laufschritt um die Pfützen herum nehmen musste.
In Holtzers Büro war man offensichtlich recht gründlich bei der Sache. An der bis zur Decke reichenden Schrankwand aus Kirschbaumholz standen auf der linken Seite alle Türen offen. Unter den Augen von Staatsanwalt Roth und Klaus Holtzer, die schweigend in bequem wirkenden Ledersesseln saßen, schienen die Kollegen deutlich behutsamer als üblich beim Durchforsten der Unterlagen vorzugehen. Auf der rechten Schrankseite war noch ein Kollege dabei, letzte Aktenordner zurück zu stellen.
Walde, Gabi und Staatsanwalt Roth zogen sich in einen Aufenthaltsraum für Pensionsgäste zurück. Ein langer Flur führte bis ins Gästehaus. Als Walde die Zwischentür schloss, die den Gästetrakt vom Wohnhaus trennte, sah er auf ein Schild mit der Aufschrift ,Privat’.
Hinter der Tür mit der Aufschrift,Aufenthaltsraum’ lag ein geräumiges, mit Teppichboden ausgelegtes Zimmer. Es war möbliert mit einer Eckbank mit Tisch und Stühlen, einer Couch und drei Sesseln. Die Längsseite wurde von einem Regal mit Büchern, Spielen und einem Fernseher eingenommen. An den übrigen Wänden hingen Bilder mit Szenen vom Urlaub auf dem Bauernhof. Wieder musste Walde an Annika denken, der es hier sicher gefallen würde.
Walde und Gabi ließen dem Staatsanwalt den Vortritt, der sich den Platz am Kopf der Eckbank auswählte. Gabi rutschte von der anderen Seite auf die Bank und Walde nahm auf dem Stuhl gegenüber Platz.
Roth legte einen mit durchgestrichenen Beschriftungen in verschiedenen Farben übersäten Aktendeckel aus grauem Karton auf den Tisch und entnahm ihm zwei Blätter.
»Das Gerät taucht in den Unterlagen für das Finanzamt nicht auf, weil es wirtschaftlich und buchhalterisch abgeschrieben und damit theoretisch nicht mehr vorhanden ist. Und das hier«, er zog das zweite Blatt hervor, »haben wir zuerst gefunden. Es stammt aus der internen Inventur des Hofes vom Januar diesen Jahres. Unter dem Inventar in einem als,Milchlager’ bezeichneten Raum wird ein Bolzenschussgerät, Kaliber 9 mm, aufgeführt.«
»Das deckt sich mit den Angaben seines Sohnes.« Waldes rechter Schuh stieß unter dem Tisch gegen ein Hindernis. »Der Schrank, in dem das Gerät aufbewahrt wird, war verschlossen. Angeblich soll das Bolzenschussgerät zuletzt vor ein paar Monaten benutzt worden sein. Von einem Tierarzt, der im Moment nicht erreichbar ist.«
Gabi und Roth tranken aus ihren Kaffeebechern, die sie von drüben mitgebracht hatten. Der Staatsanwalt setzte seinen Becher ab. »Ein Tierarzt soll sich eines Bolzenschussapparates bedient haben? Das klingt nicht sehr glaubhaft«, fuhr Roth fort. »Andererseits haben wir einen Waffenschrank inspiziert, der genug Alternativen bietet. Neun Waffen, teils großkalibrige Gewehre mit Zielfernrohr, und eine ordentliche Pistole. Alles besser als ein primitiver Schussapparat, den man dem Opfer zudem noch auf den Nacken setzen muss.«
»Der Täter musste sich anschleichen wie ein Indianer oder kannte das Opfer und hat sein Vertrauen ausgenutzt«, sagte Walde.
»Mal sehen, was die Haftrichterin sagt.« Staatsanwalt Roth steckte die Blätter in die Mappe zurück. »Wir nehmen Holtzer vorläufig fest und bringen ihn ins Präsidium.«
Gabi
Weitere Kostenlose Bücher