Aqua
Ehefrau selbst … oder wir suchen einen Nebenbuhler, der was mit ihr hat?«
»Das scheint alles möglich, aber ich denke, wir sollten Klaus Holtzer noch einmal befragen«, sagte Grabbe.
»Der möchte nichts mehr sagen, bevor er mit seinem Anwalt gesprochen hat. Der soll aber übers Wochenende weggefahren sein und erst mal wieder zurück …« Gabi nahm das klingelnde Telefon auf ihrem Schreibtisch ab. Sie hörte kurz zu, legte dann die Hand auf die Muschel und wandte sich zu Walde. »An der Pforte wartet ein Dr. Rupprath, der dich sprechen möchte.«
»Das dürfte Holtzers Anwalt sein. Der sollte besser zuerst mit seinem Mandanten sprechen.«
»Er möchte ausdrücklich zu dir.«
Walde war überrascht von der Frisur und Kleidung des Mannes, der mit federnden Schritten, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hochstieg. Unter einer dunklen Regenjacke mit Kapuze trug er Jeans und nicht ganz sauber wirkende Laufschuhe. Er kam ihm bekannt vor.
»Rupprath«, stellte sich der schlanke Besucher vor. Er hatte die gewellten roten Haare nach hinten zu einem Zopf gebunden.
»Was ist aus dem Husky geworden?«
»Es war ein Malamute«, sagte Walde, dem augenblicklich wieder die Bilder des halb verhungerten Quintus vor Augen kamen, wie er ihn Vorjahren auf einem einsamen Gehöft in der Eifel gefunden hatte. Damals hatte Dr. Rupprath das Tier untersucht. »Dem geht es gut.«
»Sie haben noch Kontakt zu dem Halter?« Der Mann steckte sich den herausgerutschten Zopf zurück in den Kragen.
»Das bin ich selbst.«
»Ah ja.«
»Sie sind also der Tierarzt.«
»Viehdoktor passt besser.«
»Und Sie behandeln nun größere Tiere?«
»Das habe ich früher auch schon getan, nur war das manchmal nicht so angenehm. Da war in Belgien ein Hof mit achthundert Rindern …«
»Massentierhaltung …«
»Die große Zahl an Tieren ist eigentlich nicht das Problem. Es gibt Standards, die eingehalten werden sollten, und dann ist das Ganze ethisch zu vertreten. Bei den Holtzers ist die Behandlung der Tiere absolut einwandfrei.«
»Kommen Sie bitte mit in mein Büro«, forderte Walde den Tierarzt auf. Er war froh, dass ihm die Frage erspart blieb, warum er den Hund behalten hatte, dessen Halter einem Verbrechen zum Opfer gefallen war.
»Wir gehen vielleicht besser noch mal runter zur Pforte. Da liegt was, das ich Ihnen mitgebracht, also mitbringen wollte … aber in der Besucherschleuse haben die Metalldetektoren das Gerät wohl angezeigt.«
Das Ding in der weißen Plastiktüte, das ihm der Kollege an der Pforte reichte, ähnelte auf den ersten Blick der großen Geschosshülse, die Walde mal auf einer Wanderung in der Nähe von Hallschlag gefunden hatte. »Haben Sie es angefasst?«
Der angesprochene Polizist schüttelte den Kopf, während er ein Telefongespräch entgegennahm.
»Ich schon«, sagte der Tierarzt. »Ich wusste gar nicht, dass ich das Ding die letzten Wochen spazieren gefahren habe. Wer weiß, ob es geladen ist.«
»Und Sie wären mit dem Apparat einfach so hier ins Präsidium marschiert?«
»Ich bin ja nicht Chigurh «, verteidigte sich Rupprath. »Kennen Sie nicht den Film? Er heißt irgendwas mit Old Men und ist, glaube ich, von Tarantino oder von den Coen-Brüdern.«
Walde schüttelte den Kopf. Hatten sie zuhause nicht diesen Film auf DVD? Mit Ausnahme von ,Die fabelhafte Welt der Amélie’ waren sie in den letzten Jahren nie dazu gekommen, etwas aus ihrer Filmsammlung anzuschauen, zu der Streifen gehörten, die inzwischen längst ein paar Mal im Fernsehen gelaufen waren. Selbst sein eigentlich filmabstinenter Freund Jo hatte mal vermutet, dass er und Doris sich bei der Wahl des Namens ihrer ersten Tochter von dem Film ,Leon der Profi’ hätten beeinflussen lassen. Aber Mathilda verdankte ihren Namen ganz sicher nicht diesem Film.
»Chigurh tötet in dem Film mit einem Bolzenschussgerät, manchmal auch mit einer Flinte oder mit den bloßen Händen.«
Walde wandte sich der Treppe zu. »Laut Sven Holtzer haben Sie mit dem Gerät einer Kuh den Gnadenschuss verpasst.«
»Nee.« Rupprath stieg im Gleichschritt mit Walde die Treppen empor und begnügte sich diesmal mit einer Stufe. »Ein Bolzenschussgerät betäubt nur. Außerdem sollte sich das Tier nicht bewegen, wenn dieses Gerät zum Einsatz kommt. Klaus Holtzer hat selbst den Sachkundenachweis für Hausschlachtungen.«
»Und der hat das Gerät auch bedient?«
»Klar, das wäre sonst ein doppelter Verlust gewesen. Das Tier hatte sich ein Bein
Weitere Kostenlose Bücher