Aqua
bemerken, wie Gabi einen feinen Faden zu der Frau knüpfte. Gern wäre sie jetzt mit ihr allein gewesen, bei dem, was sie nun ansprechen musste.
»Möchten Sie vielleicht doch einen Kaffee?«, Walde nahm ihren leeren Becher.
Sie schaute ihn an, als habe sie ihm nicht zugehört, und verneinte dann.
Jakob Bröding saß im Flur des Präsidiums bewegungslos auf einem Stuhl. Seine Hände lagen auf den Oberschenkeln. Die nach hinten gekämmten blonden Haare hatten am Seitenscheitel einen dunkleren Ton. Das bei Gleichaltrigen in solchen Situationen fast obligatorische Smartphone fehlte.
»Kaffee oder Wasser?« Walde zeigte auf den Becher in seiner Hand.
Jakob Bröding verneinte stumm.
»Warum sind Sie von Trier nach Idesheim gezogen?«, fragte Gabi. Sie beabsichtigte, sich nun ohne weitere Umwege den Fragen zu nähern, für die Katja Bröding hierher gebeten worden war.
»Davon haben wir schon lange geträumt, auf dem Land zu leben. Wir wollten es einfach mal ausprobieren. Jakob und ich waren sowieso dreimal in der Woche in Idesheim auf dem Reiterhof.«
»Und es hatte nichts damit zu tun, dass Ihr Mann vielleicht mit dem Gedanken spielte, in diesem Wahlkreis bei den nächsten Landtagswahlen zu kandidieren.«
»Thomas hatte sich eigentlich, zumindest hat er das behauptet, ganz aus der Politik zurückgezogen.«
»Er soll in den letzten Monaten kaum eine größere Veranstaltung in der Südeifel versäumt haben.«
»Das hat er auch vorher in Trier nicht, bevor er alle seine politischen Ämter niedergelegt hat. Er war recht kommunikativ.«
»Und Sie?«
»Die Kommunalpolitik ist nicht unbedingt meine Welt.«
»Gab es Menschen, mit denen er besondere Schwierigkeiten hatte oder die umgekehrt ihn, ich will mal sagen, als Feind ansahen?«
»Das hat sein Job mit sich gebracht. Wer sich nur Freunde wünscht, sollte kein Anwalt werden.«
»Oder sich politisch engagieren«, ergänzte Gabi. »Sie sagen, Ihr Mann sei kommunikativ gewesen.«
Walde verfolgte den Fortgang des Gesprächs aus dem Nebenraum, wo Grabbe bereits vor einem großen Notizblock saß. Burkhard Deckers gebräuntes Gesicht erschien in der Tür. Walde legte einen Finger auf die Lippen, bevor er ihm stumm die Hand drückte.
Nebenan tippte Gabi mit dem Zeigefinger auf Holtzers Dossier. »Darin wird Ihr Mann häufig erwähnt. Er soll … wir haben den Wahrheitsgehalt noch nicht überprüfen können, privat …«
»Wenn Sie auf das hinaus wollen, was ich denke, müssen Sie mich nicht schonen.«
»Er soll Affären gehabt haben.«
»Wir haben eine offene Beziehung geführt, auch wenn das vielleicht nicht ganz ins familienpolitische Bild seiner Partei gepasst hat.«
»Sie auch?« Gabi sah wie Katja Bröding zuckte. »Hat Ihr Mann jemand Bestimmten erwähnt?«
Katja Bröding nahm eine gerade Haltung an. »Namen wurden bei uns zu Hause in diesem Zusammenhang nicht genannt. Solange unsere Ehe nicht in Gefahr geriet, war das in Ordnung.«
»Und die hat das ausgehalten.«
»Ich denke, wir hatten eine glückliche Ehe.« Sie atmete laut ein und aus. »Aber ich weiß nicht, was das mit Ihren Ermittlungen zu tun haben sollte.«
»Eifersucht kann ein starkes Motiv sein.« Gabi nahm ihren Becher in die Hand und stellte ihn gleich wieder hin. »Hier wird ein Sebastian Engels erwähnt. Er ist der Inhaber des Reiterhofes, den …«
»Basti ist ein Freund … auch von Jakob.«
»Wir haben eine ganze Sammlung von brisanten Informationen gefunden, die Ihr Mann beruflich und parteipolitisch genutzt haben könnte. Wussten Sie davon?«
»Von was sprechen Sie?«
»Von Material, für dessen Geheimhaltung die Betroffenen einiges zu leisten bereit gewesen wären, und von sonstigen Informationen, die dabei helfen konnten, Menschen gezielt zu manipulieren.«
»Damit hat sich mein Mann ausgekannt.«
»Auch in familiären Angelegenheiten?«
»Irgendwann ist es ihm schwergefallen, Berufliches von Privatem zu trennen. Mehr möchte … und kann ich dazu nicht sagen.«
Die Wärme spürte Silvana erst viel später. Sie hockte, die Füße auf dem Fahrersitz, Hals, Nacken und Hinterkopf unter das Dach gezwängt. Seitdem die Beifahrertür abgerissen war, brach die Strömung sich nun an der in Flussrichtung liegenden Fahrerseite. Das Wasser überspülte außen das Seitenfenster neben ihr und die Frontscheibe. Wie durch ein Aquarium sah sie die braunen Fluten, aus denen immer wieder Treibgut gegen die Scheibe schleuderte, kurz verharrte, als wolle es hineinsehen, und dann nach oben
Weitere Kostenlose Bücher