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Aqua

Aqua

Titel: Aqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martini
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überschwemmten Straße mit gedrosseltem Motor kaum schneller als das Fließwasser trieben. Links wirkte der Steilhang wie eine mit Stacheln bewehrte Wand, rechts ragten die teils kahlen, teils mit Kätzchen bedeckten Äste der überschwemmten Weiden aus dem Wasser. Die Weidenkätzchen gehörten zu den ersten Blüten im Jahr. Und mit Blüten kannte er sich als Imker aus.
    »Stopp … da war … da war was!« Claudias Stimme ließ Hansen wieder voll konzentriert werden.
    »Wo?«
    »Da!« Claudia zeigte hinter sich. »Keine Ahnung, vielleicht war es nur Treibgut.«
    Was ihm da am Rande seines Sichtfelds auffiel, hielt Hansen zuerst für eine Ausbuchtung am Stamm oder eine größere Plastiktüte, vielleicht auch für eine weitere Jacke, wie sich vorhin schon eine an einem Stamm verfangen hatte. Er ließ das Boot um den Baum kreisen. Dabei wurde die Gestalt erkennbar, ein schmaler Oberkörper, die Arme um den Stamm geschlungen, den Kopf auf eine Schulter gesunken. Durch die bis ans Wasser reichende Baumkrone war es schwierig, einen Zugang zu finden. Die vier mussten mühsam von Hand das Geäst brechen und zur Seite biegen, damit das Boot näher an den Stamm fahren konnte. Es dauerte unendlich lange. Jeden Moment erwartete Hansen, dass das Häuflein Elend in die Fluten gleiten würde. Dann hätte es kaum mehr eine Chance auf Rettung gegeben.
    Endlich war der Bug bis zu der Gestalt vorgedrungen. Pascal übernahm das Ruder, während Hansen in geduckter Haltung nach vorne eilte. Als er seine Hand auf die Schulter der Frau legte, wirkte diese weich und kalt, obwohl seine Hände ebenfalls sehr kalt sein mussten.
    »Alles wird gut, wir sind da. Ich sage dir, wenn du loslassen kannst.« Er war sich nicht sicher, ob er zu einer Toten sprach, deren Arme sich über das Sterben hinaus am Stamm verkrampft hatten. Er wollte die Frau umarmen, indem er die Hände zwischen Stamm und Körper zu schieben versuchte, aber das Boot trieb zur Seite. Er musste loslassen und hielt sich im letzten Moment, bevor er ins Wasser stürzte, noch an der Reling fest.
    »Ich bin sofort wieder da!«, schrie er. »Halt durch! Halt durch!«
    Bis sie das Boot in die ursprüngliche Position an den Stamm zurückmanövriert hatten, verging viel mehr Zeit, als es Hansen lieb war. Diesmal hielten die vier das Boot in Position, indem alle die Äste ringsum umklammerten.
    Kaum hatte Hansen die Arme um die Frau geschlungen, glitt sie vom Stamm. Er ging unter dem Gewicht in die Hocke und fiel hinterrücks gegen die Kante einer Sitzbank. Der Schmerz im Rücken nahm ihm den Atem. »Ruft über Funk Hilfe.«, keuchte er.
    Claudia deckte ihre Jacke über das Opfer, legte ihr eine Hand an die Wange und redete beruhigend auf sie ein. Hansen war auf dem Boden liegen geblieben. Er wagte es nicht, sich zu bewegen. Die anderen versuchten, mit dem Boot und Pascal am Außenborder aus dem Geäst zu kommen.
    »Ich bin stolz auf euch, Männer … damit bist auch du gemeint …« Er schaute Claudia an. Statt eines Lächelns gelang ihm nur, die Zähne zusammenzubeißen. Der Schmerz in seinem Rücken war zu heftig.
    Hansen bekam nicht mehr mit, wie seine Mannschaft es schaffte, das Boot aus dem Dickicht zu manövrieren und stromaufwärts an der Stelle anzulanden, an der die Einsatzfahrzeuge noch standen. Er musste eine Zeitlang weggetreten sein, hatte sogar geträumt, dass er durch die Luft schwebte und ein Mädchen einzuholen versuchte, das vor ihm immer weiter in die Höhe stieg. Und dann setzte der Hubschrauber auf dem Landeturm des Krankenhauses auf. Er wurde auf einer Liege in den Fahrstuhl geschoben … und es ging abwärts.
    »Basti, ich bin’s.« Auch wenn Sebastian Engels ihre Stimme nicht erkannt hätte, wäre es ihm sofort klar gewesen, wer da am Apparat war. Es gab nur einen Menschen auf der Welt, der ihn Basti nannte. Für alle anderen war er der Sepp.
    »Hallo Katja.« Er war mit dem Telefon in die Küche des Reiterstübchens gegangen, wo sich das schmutzige Geschirr stapelte.
    »Kannst du sprechen?«
    »Es ist schon Jahre her, dass mich der Sultan abgeworfen und es mir die Sprache verschlagen hat«, flachste er, bevor er sich bestürzt besann, dass er noch in der Stimmung war, die gerade im Reitercafé geherrscht hatte. »Entschuldige, tut mir leid. Ja, ich bin allein.«
    »Ich komme gerade aus dem Polizeipräsidium in Trier.«
    »Soll ich dich abholen?«
    »Nein, Jakob ist mitgekommen. Er wartet im Auto.« Er hörte sie schwer atmen. Heute früh war er kurz bei ihr

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