Aqua
besitzt Sebastian Engels ein Bolzenschussgerät, das verschwunden ist.«
»Und er hat kein Alibi für die Nacht«, sagte Gabi. »Er ist nervös geworden, als die Sprache auf sein Verhältnis zu Katja Bröding kam.«
»Falls sie ein Verhältnis haben, hätte er zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen«, ergänzte Walde. »Er hätte den Ehemann seiner Geliebten aus dem Weg geräumt und Holtzer, sein politischer Widersacher, säße im Gefängnis.«
»Blieben noch Brödings andere politischen Gegner und diverse gehörnte Ehemänner. Er soll ein Schürzenjäger gewesen sein und mit mindestens einer Mandantin aus einem Scheidungsverfahren angebandelt haben.« Grabbe drückte mehrfach auf eine Taste an dem mobilen Schalter, den er in der Hand hielt. Auf dem Monitor tat sich nichts. »Scheidungssachen sind, wie es scheint, nur in Zusammenhang mit größeren Vermögen, Betriebskapital und dergleichen aufgetaucht. Ansonsten ging es um Wirtschaftsrecht. Er hat teils sehr renommierte Unternehmen vertreten. Ich hab’ noch was vorbereitet, aber der Rechner hat gerade ein Problem.«
»Können wir das morgen besprechen?«, fragte Gabi. »Ich muss weg.«
Wie Walde auf dem Weg zum Ausgang des Gebäudes über sein Handy erfuhr, hatte Doris zusammen mit den Kindern die Bahn nach Pfalzel zu Jo und Marie genommen. Mist, dachte Walde, und entsann sich beschämt, dass er Annika versprochen hatte, heute diese Tour gemeinsam zu unternehmen. Obwohl die Zugfahrt kaum zehn Minuten dauerte, hatte sie in den letzten Tagen immer wieder erwartungsvoll davon gesprochen. Nun wollte er wenigstens die Rückfahrt mit ihr machen und bot Doris an, sie könne mit dem Auto zurückfahren.
Als er in Pallien die Schläuche aus den Kellerfenstern der direkt an der Straße gelegenen Häuser quellen sah, schaltete Walde das Autoradio ein. Eine der Stationstasten war mit Tele Mosel belegt. Die Berichte vom Sport in der Region beschränkten sich auf Ereignisse in der Halle. Die meisten Freiluftpartien waren wegen der Unbespielbarkeit der Plätze abgesagt worden.
Beim Wetterbericht nahm die Stimme des Nachrichtensprechers einen sarkastischen Ton an, während er die triste Vorhersage wiederholte, die er bereits seit Tagen vorlesen musste. Es folgten die Verkehrsmeldungen als lange Aufzählung von Uferstraßen, die inzwischen entlang der Mosel und der größeren Nebenflüsse gesperrt waren.
Die Lichter eines Einkaufszentrums auf der anderen Flussseite spiegelten sich in dem Strom, der nur noch von der etwas höher gelegenen Bahnlinie neben der Straße überragt wurde. Nicht lange, dann war auch hier kein Durchkommen mehr.
Als er von der Überschreitung der Zehnmeter-Marke und dem damit einhergehenden Katastrophenalarm berichtete, nahm die Stimme des Nachrichtensprechers den Ton eines aufgeregten Sportberichterstatters bei der Liveübertragung eines spannenden Hochsprungwettbewerbs an.
Aber auch nüchtern betrachtet war abzusehen, dass der Fluss, sollte sich die Wetterlage nicht umgehend ändern, weiter steigen und das Hochwasser bedrohliche Dimensionen annehmen würde.
Hinter Biewer war die Umgehungsstraße, kurz bevor es abwärts zur Unterführung unter den Bahntrassen des Rangierbahnhofs ging, gesperrt. Ein Polizist in Windregenjacke und Kapuze über der Dienstmütze zeigte ihm mit der Kelle den Weg auf eine hier einmündende Straße. Beim Abbiegen sah Walde das Wasser in der Unterführung stehen. Auch eine weitere Unterführung, die er wenig später nehmen wollte, war wegen Überflutung gesperrt. Erst an der nächsten Abzweigung konnte er nach Pfalzel abbiegen.
Die kleine Mathilda hatte sich von der Aufregung ihrer großen Schwester anstecken lassen und keinen Mittagsschlaf gehalten. Als Walde sie zur Begrüßung auf den Arm nahm, legte sie gleich den Kopf an seine Schulter und kraulte mit einer Hand seine Haare, während der Daumen der anderen Hand in ihren Mund wanderte.
Jo fand er in seinem Arbeitszimmer über eine Karte gebeugt. Sie war über die vielen Stapel mit Büchern und Unterlagen gebreitet, die die gesamte Fläche des großen Tisches einnahmen.
»1784 müsste die Scholasterei gerade so davongekommen sein.«
Walde trat neben seinen Freund und schaute auf den Stadtplan von Trier, auf dem Jo mit schwarzem Textmarker Gebiete eingegrenzt hatte. »Im Gegensatz zur Innenstadt, wo das Wasser auf dem Pferdemarkt gestanden haben soll.« Er zeigte auf die entsprechende Stelle im Plan.
»Und was war mit der Franz-Ludwig-Straße?«
»Die
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