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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nola Nesbit
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ich ’ne Ausnahme machen.“ Was hatte ich da gerade gesagt? O Gott. Ich war verwirrt, vielleicht auch geisteskrank. Wir lächelten uns an.
    „Ich verlier langsam den Überblick, wer hier eigentlich mit wem ein Interview macht.“
    „Stimmt.“ Sie hatte recht. „Ich rede also einfach weiter mit mir selbst und gebe es dann als
    deinen O-Ton aus, wenn’s recht ist.“
    „Okay. Klingt gut für mich. Verrückt, aber okay.“
    Sie steckte ihren Kaugummi wieder in den Mund, lächelte kurz und schaute gelangweilt an die Decke. Das war’s dann wohl. Ich schaltete das Gerät aus und notierte ihr die Nummer meines Mobs auf einem Zettel. Alex starrte ihn an wie ein Relikt aus dem alten Mesopotamien. Beim Rüberschieben merkte ich, wie die Kopfschmerzen ihren Feldzug in meiner linken Schläfe begonnen hatten, und beschloss, mir bald einen neuen Job zuzulegen.

Nähe
    Der Zug hatte ewig gebraucht. Mit zwanzig Minuten Verspätung waren wir endlich in Sandy Hills angekommen. Hochgeschwindigkeit, nur ausgebremst. Müde und entnervt entlud der Waggon mich und eine Ladung gleich gesinnter Mitreisender auf den Bahnsteig. Es war noch hell, aber die Luft war kühl und kündigte die nahende Nacht an. Ich zog den Reißverschluss meiner Lederjacke zu und überprüfte gedanklich, was ich vor dem Nach-Hause-Gehen noch zu tun hatte. Wasser kaufen. Mist! Schwer und teuer. Brot und Erdnussbutter, Zahnpasta. Die Liste würde noch länger werden. Im Fluss der Pendler stapfte ich missmutig die Treppen zur Unterführung hinunter. Grauer Beton, bunt getaggt. Mein Mob vibrierte ungeduldig in meiner
    Tasche.
    „Petit, hallo!“
    „Hi, ich bin’s.“
    Ich kramte in meiner Erinnerung. Die Stimme kam mir bekannt vor.
    „Scheiße. Du erkennst mich nicht mal. Alex.“
    „Ah. Hi, Alex.“
    Wir schwiegen einen Augenblick. Ich stellte mir vor, wie sie gerade wieder ein paar Kaugummiblasen zwischen ihrer reizenden Zahnlücke zerplatzen ließ.
    „Was machst du gerade?“, fragte sie.
    „Nach Hause gehen und vorher noch einkaufen.“
    „Spannend.“
    „Hm. “
    „Sehen wir uns gleich noch? Ich könnte dir tragen helfen.“
    „Alex. Ich bin nicht mehr in Chicago.“
    „Wenn du noch in den Staaten bist, komme ich hin.“
    „Sandy Hills.“
    „Nicht so toll, aber ich könnte in neunzig Minuten da sein.“
    Wenn sie von Chicago aus kam, musste sie fahren wie der Teufel. Ich dachte nach.
    „Okay. Am Ortsende ist ein großer Supermarkt. Wir treffen uns am Eingang.“
    „Super. Bis gleich.“
    Ich schaute auf die Uhr und freute mich. Ihre Stimme war sexy, angeraut wie feines Schmirgelpapier. Ich fühlte mich schon etwas besser. Ich ließ mir Zeit auf dem Weg zum Supermarkt. Nachdem ich gemütlich durch die Gänge geschlendert war, dauerte es nur knapp fünfzehn Minuten, bis ich meine Sachen am Kassenautomaten gescannt hatte und im Neonlicht hinter drei Kunden darauf wartete, bezahlen zu können. Den Kleinkram packte ich in meine Tasche, für die Flaschen war kein Platz mehr.
    War ich tatsächlich aufgeregt? Die Schiebetüren zum Ausgang öffneten sich. Da stand sie schon: lässig an eine lange Reihe ineinandergeschobener Einkaufswagen gelehnt, den obligatorischen Kaugummi im Mund, beide Hände in den Hosentaschen. Jeans, Stiefel, graue Kapuzenjacke, rotes T-Shirt, diesmal mit der Aufschrift „I hate my life“. Mit der Andeutung eines Lächelns kam sie auf mich zu.
    „Gib mal, Kleine.“
    Damit nahm sie mir die zwei Flaschen ab. „Kleine“ fand ich reichlich seltsam, wenn man bedachte, dass sie nur einen halben Kopf größer war als ich.
    „Danke.“
    Ich lief ihr wie ein Hündchen bis zu ihrem Wagen hinterher, den sie im absoluten Halteverbot abgestellt hatte.
    „Was ist das für einer?“, fragte ich sie, als sie meine Sachen auf dem Rücksitz verstaute.
    „Du hast echt keine Ahnung von Autos, oder?“
    „Nein.“
    „Das ist ein Saab.“
    Na und? Die cremefarbenen Ledersitze waren bequem. Ein goldenes Auto passte irgendwie zu Alex. Wahrscheinlich schraubte sie auch selbst an dem Wagen rum. Konnte Zündkerzen von Kolben, Keilriemen von Vergaserdichtungen unterscheiden.
    „Wohin?“ Fragend schaute sie mich an.
    „Die Main runter und ganz am Ende rechts rein. Ich sag dir dann Bescheid.“
    Der Motor startete mit einem leisen Schnurren. Alex wendete mit ihrem Arm auf meinem Sitz rückwärts aus dem Halteverbot. Ihre Hand roch gut nach Seife und Vanille. Da war noch ein Hauch Cumin, exotisch, ausgefallen, aber nur leicht und

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