Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nola Nesbit
Vom Netzwerk:
er erst, als du dir in den Finger geschnitten hast. Immerhin war deine DNA nirgendwo registriert. Es war unerhört, dass du noch nie einen Arzt besucht oder eine Blutprobe abgegeben hattest. Allein diese Tatsache hat dich so lange geschützt. Wahrscheinlich hat er deinen Namen routinemäßig aus der Einwohnermeldedatenbank mit seinen Daten abgeglichen. Du warst vorher auf seinem Radar noch nie aufgetaucht. Schon das allein machte dich verdächtig.“
    „Was ist mit meinen Freunden? Was ist mit Pearl?“
    Levent schüttelte traurig den Kopf.
    „Und Cola?“
    Ruckartig sah Levent mich an. „Wir kamen zu spät.“
    „Was?!“
    „Er wurde erst vor Kurzem verwandelt. Jahrelang war er ihnen immer wieder entkommen. Er hatte seinen Aufenthaltsort so oft gewechselt, dass sie immer erst kamen, wenn er schon wieder weg war.“
    Ich starrte Levent an. Er sprach von Cola, seinen unzähligen Umzügen. Mit belegter Stimme fragte ich das Undenkbare: „Nur weil er in Sandy Hills sesshaft geworden ist, konnten sie ihn finden?“ Cola hatte es wegen uns getan, wegen Pearl und mir.
    Levent nickte. „Sobald er seine Führerscheindaten aktualisiert hatte, leuchtete seine menschliche Existenz rot in Ethans System auf.“
    Sie hatten ihn an diesem Abend entführt, um ihn zu verwandeln. Und ich hatte dabei tatenlos zugesehen. Das alles war ein Albtraum.
    Ich dachte an Alex. Sprach ihren Namen aus. Sah Levent fragend an.
    „Alex? Keine Ahnung, Nia. Wer ist das?“
    „Ich kenne sie noch nicht so lange. Wir ... wir waren uns schnell sehr nahe.“
    Levents grüne Augen durchleuchteten mich. Falten hatten sich auf seine Stirn geschlichen, als er fragte: „Wann hast du sie kennengelernt?“
    „Eine Woche nachdem ich Ethan getroffen hatte.“
    Levent drehte sein Gesicht weg, zögerte. „Shark hat viele Methoden, um seinen Opfern nahezukommen. Vielleicht hat er sie zu dir geschickt.“
    „Nein.“ Undenkbar. Ich schüttelte den Kopf. Aber ich spürte, dass Levent den Samen des Misstrauens gerade gewässert hatte. Es war eine Spirale der Entfremdung: Meine Freunde – nicht mehr menschlich und vielleicht sogar meine Feinde? Warum hatte ich das alles nicht klarer sehen können?
    „Was ist mit meinen Eltern?“
    Levent sah zu Boden.
    „Und mit meinem Bruder?“ Ich flüsterte nur noch.
    Levent sah mich fragend an. „Von deinem Bruder weiß ich nichts. Aber es ist unwahrscheinlich, dass er noch nicht ...“ Er ließ den Satz unbeendet.
    Ich holte tief Luft und merkte, dass mein Kopf sich seltsam leer anfühlte. „Aber du bist einer der letzten ...“, hatte Levent gesagt. Ich war einer der letzten Menschen. Irrsinn! Unmöglich. Ein schlechter Scherz. Vielleicht schlief ich und träumte. Vielleicht war ich tot und das war meine Strafe. Ich versuchte, meinen Blick wieder auf Levent zu fokussieren. Es gelang mir nur langsam.
    „Was heißt ‚einer der letzten Menschen‘? Bin ich die Letzte von dreien, oder gibt es noch ... was? … drei Millionen?“
    „Wir sprechen von einer Quote von eins zu fünftausend. Natürlich sieht es für die Menschen in stark bevölkerten, zentralen Regionen wie den Vereinigten Staaten schlechter aus als zum Beispiel in entlegenen Ecken wie El Salvador.“
    „Ein Mensch auf fünftausend, die von Wasserwesen bewohnt werden?“
    Levent nickte.
    „Scheiße!“
    Ich überschlug schnell im Kopf: acht Milliarden Menschen, jeder fünftausendste ein Mensch. Da warteten immerhin noch über anderthalb Millionen Opfer überall auf der Welt. Eineinhalb Millionen und ich. Genau eine Million sechshunderttausend und eins – die Zahl, die mich ab sofort verfolgen würde.
    „Wer seid ihr?“, fragte ich mit tonloser Stimme.
    Levent seufzte. „Wir waren eine aussterbende Rasse. Wir lebten seit Jahrtausenden zurückgezogen unter Wasser, unsichtbar in den Tiefen der Meere. Wir sind euch vom Körper her sehr ähnlich, eine Art evolutionärer Verwandter in einem anderen Element. Wir kommunizieren nicht wie ihr, aber in eurer Sprache hätten wir uns sicher auch als Menschen bezeichnet. Wir bewegten uns im Wasser, ernährten uns vom Wasser und lebten im Einklang mit den Kreaturen im Wasser.
    Dann kamen das Dioxin, die Übersäuerung, das Plastik, Verschmutzung und Erwärmung. Viele von uns erkrankten. Wir ahnten, dass die Tage für unseren Lebensraum gezählt waren. Die Ersten von uns, die sich an Land wagten, starben einen schnellen Tod. Wir lernten, dass die Menschen zu uns kommen mussten, damit wir durch ihr Blut

Weitere Kostenlose Bücher