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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nola Nesbit
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konnte. Es war die erste Nacht, die ich in der Gewissheit verbracht hatte, dass ich seit Jahren einsam gewesen war und es voraussichtlich für den Rest meines kurzen Lebens bleiben würde.

Springen
    Der neue Tag sah so perfekt aus. Dennoch hatte sich mit einem Schlag alles in meiner Welt verändert. Ich versuchte, über eine Wand von erdrückenden Gedanken, nagenden Zweifeln und erstickenden Gefühlen hinweg meine neue Umwelt wahrzunehmen. Ich ging zum Flussufer und merkte, dass Carlos und Cem noch schliefen. Die Luft war sauber und leicht erwärmt, dass sie sich fast gegenständlich auf meiner Haut anfühlte. Levent hatte ich unten im Haus nicht gesehen. Ich fühlte mich verspannt und ließ meine Schultern langsam mit nach oben gewandtem Kopf kreisen. Dann legte ich mich bäuchlings auf den Steg und tauchte meine Hände ins grüne Wasser, um mein verheultes Gesicht zu waschen. Sauberes Wasser – es war wie ein Wunder. Plötzlich tauchte Levent neben mir aus dem Fluss auf. Ein paar Spritzer trafen mich, und ich fuhr erschrocken hoch. Zwei nasse Rastalocken hingen ihm im Gesicht. Er zeigte sein unwiderstehliches Lachen, sodass seine weißen Zähne wie in einer Werbung für Zahnpasta leuchteten. „Lust auf Frühstück?“, fragte er ausgelassen.
    Ein Blick in mein Gesicht ließ ihn ahnen, dass ich weniger fröhlich gestimmt war. Plötzlich ernst, stemmte er sich auf den Steg. Er zog mich hoch und umarmte mich unerwartet heftig. Ich ließ meine Arme an der Seite hängen, aber ich wies ihn nicht zurück. Das Gesicht an seiner nassen Schulter vergraben, fing ich hemmungslos an zu schluchzen. Salzwasser auf Süßwasser. Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der er meinen Kopf und Rücken gestreichelt hatte, hielt er mich von sich weg, wischte mir die Tränen mit seinen rauen, großen Händen aus dem Gesicht und nahm mich an der Hand. Widerstandslos ging ich mit. Carlos und Cem lagen mittlerweile wach in ihren Hängematten und hatten uns zugesehen. Es war mir egal. Ihre mitleidigen Blicke prallten an mir ab.
    Ich saß am Tisch und hörte den frühen Geräuschen des Regenwaldes teilnahmslos zu, während Levent uns Eier zum Frühstück briet. Auf einer heißen Platte wärmte er Tortillas auf. „Kein Kühlschrank, keine Butter.“ Er zuckte entschuldigend mit den Schultern. Es fiel mir schwer, die Bissen überhaupt hinunterzuschlucken. Der heiße Schwarztee belebte mich etwas. „Was möchtest du heute machen?“, fragte Levent.
    „Nicht sterben“, antwortete ich bitter.
    „Ich mag deinen trockenen Humor.“
    „Ich bin nicht witzig. Ich bin entweder irre oder realistisch.“
    „Schwierige Wahl ...“, sagte er neckend. „Wenn du einverstanden bist, machen wir einen Ausflug den Fluss hinauf. Es ist herrlich dort.“
    „Ich mag kein Wasser“, beharrte ich störrisch.
    „Ich habe da andere Sachen gehört. Mit dem Tauchen scheinst du dich ja angefreundet zu haben.“
    Waren alle Wassermenschen mit hellseherischen Fähigkeiten begabt? Es war frustrierend.
    „Levent. Woher weißt du so viele Dinge über mich?“
    „Du hast doch Venus kennengelernt?“
    Venus, die blonde Supermaus. Ich schnappte nach Luft. Venus war seine Informantin! Ethan würde kochen, wenn er das erfuhr.
    „Woher kennst du Venus?“
    „Wir sind beide schon ziemlich lange Menschen. Genauer gesagt, gehörten wir zu den Ersten, bei denen die Verwandlung gelang. Am Anfang waren wir eine kleine Minderheit. Fast jeder kannte jeden. Heute ist das anders. Venus begann wie ich schnell an der Richtigkeit unseres Tuns zu zweifeln. Wir hatten mal was miteinander und haben uns gegenseitig getröstet. Im Laufe der Zeit haben wir uns entschieden, zusammen etwas an den Menschen wiedergutzumachen. Du darfst nicht vergessen, dass unser Volk Ethan in weiten Teilen vorbehaltlos unterstützt. Venus hat sich über Jahre Ethans Vertrauen erschlichen. Ich und die, die ich schütze, profitieren davon.“
    Ich fing an, mich zu hassen: „Lass es! Bitte!“ – ich erinnerte mich an Venus’ Lippenstift-Botschaft. Auch Pearl und Cola, alle hatten im Rahmen ihrer Möglichkeiten versucht, mir zu helfen.
    „Levent. Ich kapiere es nicht. Alle haben mich gewarnt: meine Freunde, Venus, einfach alle. Aber keiner hat gesagt: Wir wollen deinen Körper, du blöde Nuss! Warum die Heimlichtuerei? Warum hat keiner offen mit mir gesprochen?“
    Levent schien zu überlegen.
    „Das ist nicht einfach zu erklären. Zunächst konnte keiner wissen, ob du noch ein Mensch bist. Deine Freunde

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