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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nola Nesbit
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gesammelt hatte. Ich erspähte auf den dunklen Balken sowie auf dem Fußboden keine verdächtigen Insekten. Entweder sie hatten sich hier gut getarnt oder die gesamte Population hatte sich in den Gästehäusern eingemietet.
    „Ich schlafe hier“, stellte ich fest. Ich versuchte so viel Festigkeit in meine Stimme zu legen, wie mir angesichts der anderen Option möglich war.
    „Und wo schlafe ich dann?“, fragte Levent grinsend zurück.
    Ich zuckte mit den Schultern.
    „Okay. Einverstanden.“
    Levent hätte mich in diesem Moment um jeden Gefallen der Welt bitten können, so dankbar war ich für diese unkomplizierte Lösung. Mein Seufzer der Erleichterung musste ihm nicht entgangen sein.
    „Wie wäre es mit einem Bad, oder möchtest du erst etwas trinken oder essen?“
    Es war fast herzzerreißend, dass endlich wieder jemand nach dem fragte, was ich wollte. Ich begann, Levent mit größerer Milde zu betrachten.
    „Baden wäre hervorragend, solange ich das Wasser nicht mit einer Hundertschaft Krabben teilen muss.“
    „Keine Sorge. Die Krabben bevorzugen das Ufer. Wir alle waschen uns vorn im Fluss. Das Wasser ist sauber und klar. Eine Rarität. Wir halten uns aus diesem Grund mit Seife zurück. Außer ein paar Fischen dürftest du keine Gesellschaft haben. Am Steg ist das Wasser nicht tief, sodass du stehen kannst. Vorn liegen ein paar frische Kleider und Seife für dich. Ich habe versucht, auf deine Vorliebe für Blau Rücksicht zu nehmen.“
    „Was ist das hier? Die Truman-Show?“, murmelte ich verzweifelt. Mittlerweile kannte jeder mich, meine Gewohnheiten, mein Leben – nur ich kannte nichts und niemanden.
    Wir verließen die Treppe und durchquerten den Raum. Als meine Hand auf dem Stapel von Kleidern lag, die Levent mir übergab, zeigte er auf den Ring, den ich immer noch am rechten Mittelfinger trug.
    „Du trägst Sharks Ring“, stellte er nüchtern fest.
    „Weißt du was?“, fauchte ich ihn entnervt an. „Nimm das blöde Ding!“ Und damit fing ich an, mir den Ring vom Finger zu drehen. Durch die Feuchtigkeit und Hitze mussten meine Finger jedoch angeschwollen sein. Der Ring würde nicht ohne Gewaltanwendung vom Finger zu ziehen sein. Frustriert gab ich auf. Levent sah mich entgeistert an. Ich riss ihm die Kleider aus der Hand und stapfte geräuschvoll die Planken zum Fluss hinunter. Ich war verschwitzt, schmutzig, müde, ausgehungert, wütend und gefühlte eine Million Kilometer von allem entfernt, was mir etwas bedeutete. Und trotzdem hatte ich das Gefühl, dass meine Probleme jetzt erst anfangen würden.

Erklärungsversuche
    Mir fielen schon fast die Augen zu. Ich hatte meine Füße an die Tischkante gestemmt und die Knie angezogen. Auf einem der alten Stühle wippte ich ab und an nach hinten. Es bewegte sich kein Lüftchen, aber die feuchte Hitze des Tages hatte sich in eine angenehme abendliche Kühle verwandelt. Das einzig warme Licht im Holzhaus verbreitete eine kleine Gaslampe, die auf dem großen Tisch stand. Um uns herum war es stockfinster. Das Zuwenig an Licht wurde durch ein Mehr an Geräuschen ausgeglichen. Der Wald um uns herum schien erst jetzt richtig zum Leben zu erwachen. Vögel, Insekten, kleine Säugetiere – ich war froh, nicht alle Schreie, nicht jedes Kratzen und Surren einem Tier zuordnen zu können. Ignoranz war in diesem Fall besser als Wissen. Zum ersten Mal seit drei Tagen fühlte ich mich sauber und satt. Zusammen hatten wir Tortillas mit schwarzen Bohnen gegessen. Es war köstlich gewesen. Den letzten Schluck aus meiner Cola-Flasche hatte ich gerade getrunken. Wir saßen schon seit einiger Zeit schweigend da. Heute musste Mittwoch sein. Ob ich schon vermisst wurde? Hatte man meine Tasche gefunden, oder hatte Ethan sie verschwinden lassen? Ob jemand nach mir suchte? Mit Beklemmung dachte ich an Pearl und Cola. Wenn mein Verschwinden bemerkt würde, würden sie sich Sorgen machen. Ich musste versuchen, sie irgendwie zu benachrichtigen. Das Schieben von Stuhlbeinen schreckte mich aus meinen Gedanken auf. „Nacht!“ Cem und Carlos hatten sich erhoben. „Wir schlafen vorne im Pavillon“, teilten sie mir mit. Jetzt verstand ich, warum die Hängematten dort hingen. Ich war mehr und mehr überzeugt, mich für die richtige Übernachtungsmöglichkeit entschieden zu haben.
    Levent saß rechts von mir mit Blick auf den Fluss. „Willst du auch schlafen gehen, oder sollen wir noch reden?“
    Ich gähnte. „Wider bessere Vernunft entscheide ich mich fürs Reden“, gab ich

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