Aqualove
zu lange, sonst wirst du eifersüchtig werden.“
„Das wäre gut möglich!“ Levent lachte laut.
Sex
Ich war gern allein. Die letzten Jahre meines Lebens hatte ich mein Singledasein gepflegt und mich mit allen Aspekten des Alleinseins angefreundet. Natürlich verband mich ein inniger Kontakt mit Pearl und Cola, aber der beschränkte sich auf Treffen und Unternehmungen in unserer spärlichen Freizeit. Mein körperlicher Kontakt zu Alex war die große Überraschung der letzten Jahre gewesen.
Alleinsein bedeutete Unabhängigkeit und Freiheit, Ruhe und gelegentlich auch Einsamkeit. Bis auf Letzteres sprachen alle Argumente für ein beziehungsfreies Leben. Keiner sagte mir, was ich im Kühlschrank haben sollte, beriet mich ungewollt in Modefragen, bestimmte über das Streamingprogramm oder drängte mir eine verlässliche, ungesunde Art von Verhütung auf. Keiner durchkreuzte meine Urlaubspläne oder verlangte ein Vetorecht, wenn ich zu viel Geld für Bücher oder Musik ausgab. Die gelegentlichen dunklen Abende, an denen ich mich gern an jemanden angelehnt hätte, die wenigen Nächte im Club, die ich gern knutschend vor einer pulsierenden Box verbracht hätte, nahmen sich gering aus im Vergleich zu den unzähligen Vorteilen meines Singledaseins.
Vor drei Wochen noch war der Name Ethan Waterman ein Name von vielen gewesen, die mir wenig sagten und nichts bedeuteten. Seitdem er sich in mein Leben hineingedrängt hatte, gab es kaum noch etwas anderes, an das ich dachte. Wie eine Naturgewalt war er aufgetaucht und seitdem nicht mehr verschwunden.
„Woran denkst du?“, fragte Ethan. Wir saßen im Haupthaus.
„Ob du eher ein Tornado oder eine Sintflut bist.“
„Ohne die vernichtende Qualität des Vergleichs zu bewerten, eine klare Sache: Letzteres. Wasser ist mein Element.“
Da hatte er wohl recht. Mittlerweile war es auch meines geworden. Seit Ethan in Costa Rica aufgetaucht war, befand ich mich in einem Zustand dauerhafter Erregung. Unser Kuss am Fluss hatte dafür gesorgt, dass sich ein permanentes Feuchtbiotop zwischen meinen Schenkeln angesiedelt hatte. Wäre die Deutung nicht offensichtlich gewesen, ich hätte zum ersten Mal freiwillig einen Arzt konsultiert. Ständig fragte ich mich, ob andere meine sexuelle Erregung bemerkten. Ich war zu verliebt, um mich zu schämen. Vor Ethan genierte ich mich einigermaßen, aber das Warten auf die Begegnung mit ihm steigerte meine Lust nur noch. Die Blicke, die gelegentlichen Berührungen – stille Zeugen unerfüllter Erwartung.
Innerlich musste ich lachen, weil mein Bruder mich im Kindesalter als frigide bezeichnet hatte. Ich hatte seine Beleidigung damals als Schimpfwort eingestuft, obwohl ich keine Ahnung hatte, was frigide überhaupt bedeutete. Wahrscheinlich hatte er seine Überlegenheit mittels Adjektiven aus seinem Sexualkundebuch ausspielen wollen. Wenn ich mich in den Jahren danach wieder einmal nicht auf eine Beziehung einlassen wollte, hatte ich mich immer gefragt, ob er doch recht gehabt hatte: War ich gefühlskalt?
Ethan hatte das auf jeden Fall geändert.
„Die anderen schlafen“, sagte er gerade.
„Und jetzt?“
„Jetzt schleichen wir leise nach oben.“ Hörte ich da aufgeregte Vorfreude aus seiner Stimme heraus?
Ethan ergriff meine Hand, beugte sich über den Tisch, an dem wir gesessen hatten, und küsste mich drängend auf den Mund. Wie auf ein geheimes Kommando standen wir auf und strebten zur Treppe. Ich musste mir ein nervöses Kichern verkneifen, als wir wie Teenager auf den Dachboden schlichen, die knarzenden Stellen der Stufen vermeidend.
Oben angekommen, drehte sich Ethan zu mir um.
„Ich bin verrückt nach dir. Ich habe es heute kaum noch ausgehalten.“
Rückwärts gehend legte er mir seine Hände auf die Hüften.
„Dass ich Opfer meiner Körperflüssigkeiten bin, ist wohl auch ein offenes Geheimnis“, flüsterte ich.
„Das kann man wohl sagen“, erwiderte er frech. Dann stellte er leise und ruhig fest: „Ich fange an.“
Er trat einen Schritt zurück und knöpfte langsam sein schwarzes Hemd auf. Ich erwischte mich bei einem peinlichen, leisen Seufzer und starrte gebannt auf die Enthüllung seiner perfekt modellierten, haarlosen Brust. Ich zwang mich, nicht sofort zu ihm hinzugehen, sondern seiner Entkleidung aufmerksam zuzusehen. Im Vergleich zu allen Weihnachtsfesten und Kindergeburtstagen meines Lebens konnte ich mich nicht erinnern, irgendetwas vorher in meinem Leben mit größerer Spannung erwartet zu haben. Sein
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