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Aquila

Aquila

Titel: Aquila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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geschundenen Rücken an eine Holzkante gelehnt, die ihm Schmerzen verursachte.
    Sie nickte. »Na ja – ich glaube, es wird bald schwieriger werden, falls dich das beruhigt.« Sie ließ sich in den hohen Drehstuhl hinter dem Steuer fallen. »Ich habe keine Ahnung, wo wir sind, und muss mich mehr oder weniger auf mein Gefühl verlassen. Schau mich nicht so an.« Mehr hörte er nicht, denn der Motor überdröhnte alles in dem engen Raum. Wie ein geschrumpfter John Wayne deutete sie mit ihrer rechten Hand an, dass sie die Bucht verließen, und er nickte und drückte die kalte, schwere Waffe auf seine Knie.
    Das Boot vibrierte heftig, als es sich langsam von der Anlegestelle entfernte und in die Nebelwand eindrang. Neben seinen Füßen standen die beiden Benzinkanister. Er wusste weder, was für eine Waffe er in der Hand hielt, noch, wie man mit ihr umging, doch Polly schien völlig Herrin der Lage zu sein. Plötzlich zogen die Nebelschwaden auch durchs Cockpit.
    Er konnte nichts mehr erkennen und ging vor zur Frontscheibe.
    »Ich sehe nichts.«
    »Unheimlich, nicht?« Der geisterhafte Lichtschein vom Bootshaus, der diffus durch den Nebel drang, sah aus wie ein über dem Wasser schwebendes UFO.
    »Weißt du noch, wo die Felsen liegen – die Zähne?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Mehr oder weniger«, wiederholte er ungläubig.
    »Was soll ich sonst sagen? Ich glaube, ich weiß, wo sie liegen.«
    Eine weitere Minute lang rasten sie durch den Nebel. Polly 303
    versuchte, etwas zu erkennen, Chandler presste die Augen fest zu und betete. Genau in dem Augenblick, als er sie wieder öffnete, blickte er nach links und schrie: »Pass auf!«
    Die Nebelwand hatte sich vor dem Bug des geheimnisvollen Trailers geteilt, der drohend und riesenhaft auf sie zu glitt wie ein Racheengel. Er hörte Polly fluchen, sah, wie sie das Steuer herumriss, fühlte das kleine Boot vibrieren und ächzen, als es im Wasser krängte. Der Motor jaulte auf.
    Die Felsen! Wir krachen auf die Felsen …
    Sie durfte auf keinen Fall den Kurs halten, während der Trawler im wogenden Nebel auf sie zuflog, und schoss in eine andere Richtung davon.
    »Halte die Maschinenpistole bereit!«, schrie sie ihm zu.
    »Bereit? Wie hält man so ein Ding bereit?«
    Der Trawler glitt an ihnen vorbei, und er bildete sich ein, Bewegung an Deck erkannt zu haben. Wahrscheinlich hatten sie das Licht im Bootshaus gesehen, oder ihn selbst, als er im Scheinwerferlicht gestolpert und hingefallen war, oder die Angreifer im Haus hatten sie per Funk verständigt. Oder die elektronische Abhöranlage auf dem Spionageschiff hatte sie geortet.
    Als der Trawler links an ihnen vorüberglitt und wendete, schwenkte Polly Sekunden später wieder auf den alten Kurs ein.
    Chandler, dem es gelungen war, zum Heck vorzudringen, legte die Waffe auf der Messingreling an und beobachtete geduckt das andere Schiff, das erneut hinter ihnen aus dem Nebel auftauchte.
    Während es direkt auf sie zu hielt, flackerte Mündungsfeuer auf wie eine Streichholzflamme im Wind. Der Nebel dämpfte das Tod bringende Knattern des Maschinengewehrs, und er hörte und fühlte die Einschläge im Rumpf des Bootes und einen knappen Meter hinter sich in der Rückenlehne eines Drehstuhls.
    Er kam sich vor wie auf einem Schießstand – aber an beiden Enden gleichzeitig.
    Im Geiste sah er seine Washington-Büste in Zeitlupe auf dem 304
    Boden in eine Million Gips- und Staubteilchen zerspringen.
    Er zielte auf den Suchscheinwerfer, der durch den Nebel nach ihnen tastete, drückte den Abzug. Die Waffe wurde in seinen Händen lebendig, sie vibrierte und knatterte, als wolle sie sich aus seinem ungeübten Griff befreien. Der Scheinwerfer explodierte auf wundersame Weise. Als er sich umdrehte, machte ihm Polly das Zeichen mit den Daumen nach oben.
    Wieder bellte die Waffe auf dem Trawler, der Pollys Zickzackkurs folgte, mit dem sie die Sicherheit auf dem offenen Meer jenseits der Felsen suchte.
    Das kleine Boot musste noch einen Treffer in Kauf nehmen, bevor es außer Schussweite geriet. Bei jedem Kurswechsel, den Polly vollführte, rotierte der Drehstuhl mit der zersplitterten Rückenlehne hin und her, immer wieder. Sie mussten dicht vor den Hexenzähnen sein, die ihnen doch bei Tag so nahe erschienen waren. Aber wo waren sie, zum Kuckuck? Als sie Fahrt wegnahmen, um sie nicht zu rammen, tauchte der Trawler wieder aus dem Nebel auf und hielt direkt auf sie zu. Obwohl Chandler keine Ahnung hatte, wen er da beschoss, war er entschlossen,

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